Mao AW Band IV

Mao Werke


Mao Tse-tung: 

ERKLÄRUNG DES VORSITZENDEN DES ZENTRALKOMITEES DER KOMMUNISTISCHEN PARTEI CHINAS, MAO TSE-TUNG, ZUR GEGENWÄRTIGEN LAGE

(14. Januar 1946)


Diese Version aus: Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band IV, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1969, S. 335-340


Zweieinhalb Jahre sind verstrichen, seitdem die reaktionäre Nankinger Kuomintang-Regierung im Juli 1946 mit Hilfe der USA-Imperialisten wider den Willen des Volkes das Waffenstillstandsabkommen und die Beschlüsse der Politischen Konsultativkonferenz zerriß und den das ganze Land umfassenden konterrevolutionären Bürgerkrieg entfesselte. In diesen zweieinhalb Jahren des Krieges hat die reaktionäre Nankinger Kuomintang-Regierung gegen den Willen des Volkes eine Pseudo-Nationalversammlung einberufen, eine Pseudoverfassung proklamiert, einen Pseudopräsidenten gewählt und eine Pseudoverordnung über die "Mobilisierung zur Niederwerfung der Rebellion" erlassen; sie hat die souveränen Rechte des Staates en gros an die USA-Regierung verkauft und von dieser Anleihen in Höhe von Tausenden Millionen Dollar empfangen; sie hat die See- und Luftstreitkräfte der USA-Regierung eingeladen, das Territorium, die Hoheitsgewässer und den Luftraum Chinas zu besetzen; sie hat eine große Menge landesverräterischer Verträge mit der USA-Regierung unterzeichnet und die Teilnahme einer militärischen Beratergruppe der USA am chinesischen Bürgerkrieg akzeptiert; sie hat von der USA-Regierung riesige Mengen von Flugzeugen, Panzern, schwerer und leichter Artillerie, Maschinengewehren, Gewehren, Granaten, Patronen und anderem Kriegsmaterial erhalten, um damit das chinesische Volk abzuschlachten. Auf Grund dieser reaktionären und landesverräterischen grundlegenden Innen- und Außenpolitik hat die reaktionäre Nankinger Kuomintang-Regierung ihren Millionenarmeen befohlen, barbarische Angriffe gegen die befreiten Gebiete des chinesischen Volkes und gegen die Chinesische Volksbefreiungsarmee zu lancieren. Alle befreiten Gebiete des Volkes in Ostchina, in der Zentralebene, in Nordchina, im Nordwesten und Nordosten wurden ohne Ausnahme von den Kuomintang-Truppen verwüstet. Bedeutende Städte in den befreiten Gebieten wie Yenan, Dschangdjiakou, Huaiyin, Hodsö, Daming, Linyi, Yäntai, Tschengdö, Siping, Tschangtschun, Kirin und Andung wurden für einige Zeit von diesen Banditenhorden besetzt. Wo immer sie hinkamen, verübten sie Massenmorde und Vergewaltigungen, legten die Dörfer in Schutt und Asche, plünderten Hab und Gut der Einwohner, schreckten vor keiner Untat zurück. In den unter ihrer Herrschaft stehenden Gebieten saugt die reaktionäre Nankinger Kuomintang-Regierung den breiten Volksmassen - den Arbeitern, Bauern, Soldaten, Intellektuellen und Kaufleuten - das Mark aus den Knochen, indem sie Getreideabgaben, Steuern und Zwangsarbeit erpreßt, um ihr Unternehmen "Niederwerfung der Rebellion und Ausrottung der Banditen" in Gang zu halten. Die reaktionäre Nankinger Kuomintang-Regierung beraubt das Volk aller seiner Freiheitsrechte; sie unterdrückt alle demokratischen Parteien und Gruppen sowie alle Massenorganisationen, so daß sie ihren gesetzlichen Status verlieren; sie unterdrückt die gerechte Bewegung der studierenden Jugend gegen Bürgerkrieg, Hunger und Verfolgung, gegen die Einmischung der USA in die inneren Angelegenheiten Chinas und gegen die Aufpäppelung der aggressiven Kräfte Japans durch die USA; sie überschwemmt das Land mit Geldscheinen der Pseudo-Nationalwährung und mit Pseudo-Goldyüannoten, so daß das wirtschaftliche Leben des Volkes zerrüttet und die breiten Massen ruiniert werden; und mit verschiedenen Mitteln der Ausplünderung konzentriert sie den größten Teil des Reichtums des Landes in den Händen der bürokratischkapitalistischen Gruppierung, an deren Spitze die vier großen Familien Tschiang Kai-schek, Sung Dsi-wen, Kung Hsiang-hsi und Tschen Li-fu stehen. Kurzum, die reaktionäre Nankinger Kuomintang-Regierung hat das ganze Volk in fürchterliches Elend gestürzt, indem sie einen Bürgerkrieg führt, der auf ihrer reaktionären und landesverräterischen grundlegenden Innen- und Außenpolitik beruht; sie kann der vollen Verantwortung dafür auf keinen Fall entgehen. Im Gegensatz zur Kuomintang hat die Kommunistische Partei Chinas nach der japanischen Kapitulation alles in ihren Kräften Stehende getan, um die Kuomintang-Regierung zur Verhinderung bzw. Einstellung des Bürgerkriegs und zur Verwirklichung des inneren Friedens zu nötigen. Gestützt auf diese Politik kämpfte die Kommunistische Partei Chinas unentwegt und setzte mit der Unterstützung des ganzen Volkes zunächst die Unterzeichnung der Übersicht über die Besprechungen zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei Chinas im Oktober 1945 durch. Im Januar 1946 unterzeichnete die Kommunistische Partei mit der Kuomintang ein Waffenstillstandsabkommen, und in Zusammenarbeit mit den demokratischen Parteien und Gruppen zwang sie auf der Politischen Konsultativkonferenz die Kuomintang, die gemeinsamen Beschlüsse anzunehmen. Von da an strebt die Kommunistische Partei Chinas zusammen mit den demokratischen Parteien und Gruppen sowie Massenorganisationen danach, die getroffenen Vereinbarungen und die Beschlüsse aufrechtzuerhalten. Aber leider respektierte die reaktionäre Kuomintang-Regierung keine einzige dieser Aktionen, die auf die Wahrung des inneren Friedens und der demokratischen Rechte des Volkes abzielten. Im Gegenteil, sie wurden als Zeichen der Schwäche betrachtet und schienen keiner Beachtung würdig. Die reaktionäre Kuomintang-Regierung bildete sich ein, daß sich das Volk einschüchtern ließe, daß das Waffenstillstandsabkommen und die Beschlüsse der Politischen Konsultativkonferenz nach Belieben zerrissen werden könnten, daß die Volksbefreiungsarmee keinem einzigen Schlag widerstehen würde, während ihre eigenen, mehrere Millionen Mann zählenden Truppen ungehindert das Land überrennen dürften, und daß die Unterstützung der USA-Regierung unerschöpflich wäre. Darum hatte die reaktionäre Kuomintang-Regierung die Frechheit, dem Willen des ganzen Volkes entgegenzutreten und den konterrevolutionären Krieg zu entfesseln. Unter diesen Umständen hatte die Kommunistische Partei Chinas keine andere Wahl, als sich entschieden gegen die reaktionäre Politik der Kuomintang-Regierung zu erheben und für die Verteidigung der Unabhängigkeit des Landes und die Wahrung der demokratischen Rechte des Volkes zu kämpfen. Seit Juli 1946 leistete die heldenhafte Volksbefreiungsarmee unter der Führung der Kommunistischen Partei Chinas den Angriffen der 4.300000 Mann zählenden Truppen der reaktionären Kuomintang-Regierung Widerstand und ging dann ihrerseits zur Gegenoffensive über. Dadurch wurde das ganze verlorengegangene Territorium der befreiten Gebiete zurückerobert und eine Reihe großer Städte wie Schidjiadschuang, Loyang, Tsinan, Dschengdschou, Kaifeng, Schenyang, Hsüdschou und Tangschan befreit. Die Chinesische Volksbefreiungsarmee hat unvergleichliche Schwierigkeiten überwunden, hat sich gestählt und vergrößert und mit einer gewaltigen Menge von Waffen ausgerüstet, die der Kuomintang-Regierung von der USA-Regierung geschenkt worden waren. In zweieinhalb Jahren hat sie die hauptsächlichen Streitkräfte der reaktionären Kuomintang-Regierung und alle ihre Elitedivisionen vernichtet. Heute ist die Volksbefreiungsarmee - sei es zahlenmäßig, sei es hinsichtlich ihrer Moral, sei es in bezug auf ihre Ausrüstung - den verbliebenen militärischen Kräften der reaktionären Kuomintang-Regierung überlegen. Jetzt erst kann das chinesische Volk endlich aufatmen. Die gegenwärtige Lage ist ganz klar: Die Volksbefreiungsarmee braucht den Resten der Kuomintang-Truppen nur noch einige weitere wuchtige Schläge zu versetzen, und die ganze Maschinerie des reaktionären Kuomintang-Regimes wird aus allen Fugen gehen und sich in ein Nichts auflösen. Die reaktionäre Kuomintang-Regierung, die eine Politik des Bürgerkriegs verfolgte, erntet jetzt, was sie gesät hat; die Masse ihrer Anhänger ist in Aufruhr, sogar ihre engsten Getreuen lassen sie im Stich, und sie kann sich nicht mehr behaupten. Um unter diesen Umständen die übriggebliebenen Kräfte der Kuomintang-Regierung zu bewahren, eine Atempause zu gewinnen und dann einen neuen Anlauf zu nehmen und die revolutionären Kräfte zu vernichten, machte Chinas Kriegsverbrecher Nr. 1, Häuptling der Kuomintang-Bande und Pseudopräsident der Nankinger Regierung, Tschiang Kai-schek, am 1. Januar dieses Jahres seinen Vorschlag, in welchem er sich bereit erklärte, in Friedensverhandlungen mit der Kommunistischen Partei Chinas einzutreten: Die Kommunistische Partei Chinas hält diesen Vorschlag für heuchlerisch. Denn Tschiang Kai-schek hat als Verhandlungsgrundlage solche Bedingungen vorgeschlagen wie die Beibehaltung der Pseudoverfassung und der Pseudo-Rechtsordnung und die Erhaltung der reaktionären Streitkräfte, Bedingungen, die für das ganze Volk unannehmbar sind. Das sind Bedingungen für die Fortsetzung des Krieges, nicht für den Frieden. In den vergangenen zehn Tagen hat das ganze Volk seinen Willen klar manifestiert. Es sehnt sich nach einem baldigen Frieden, aber es billigt nicht den sogenannten Frieden der Kriegsverbrecher, es billigt nicht ihre reaktionären Bedingungen. Auf Grund dieses Volkswillens erklärt die Kommunistische Partei Chinas: Obwohl die Chinesische Volksbefreiungsarmee übergenug Kräfte besitzt und übergenug Gründe hat, die restlichen Streitkräfte der reaktionären Kuomintang-Regierung in einer nicht zu langen Zeitspanne vollständig zu vernichten - sie ist ihrer Sache völlig sicher -, ist die Kommunistische Partei Chinas nichtsdestoweniger bereit zu Friedensverhandlungen mit der reaktionären Nankinger Kuomintang-Regierung oder mit jeder örtlichen Behörde und militärischen Gruppierung der Kuomintang, um den Krieg schnell zu beenden, einen wahren Frieden zustande zu bringen und die Leiden des Volkes zu vermindern, und das auf der Grundlage folgender Bedingungen:

1. Bestrafung der Kriegsverbrecher;
2. Aufhebung der Pseudoverfassung;
3. Abschaffung der Pseudorechtsordnung;
4. Reorganisation aller reaktionären Truppen nach demokratischen Grundsätzen;
5. Beschlagnahme des bürokratischen Kapitals;
6. Reform des Bodenbesitzsystems;
7. Aufhebung der landesverräterischen Verträge;
8. Einberufung einer politischen Konsultativkonferenz unter Ausschluß reaktionärer Elemente und Bildung einer demokratischen Koalitionsregierung, die alle Machtbefugnisse der reaktionären Nankinger Kuomintang-Regierung und ihrer untergeordneten Behörden auf allen Ebenen übernimmt.l

Die Kommunistische Partei Chinas ist der Meinung, daß die obigen Bedingungen den gemeinsamen Willen des ganzen Volkes widerspiegeln und daß nur ein Frieden, der auf diesen Bedingungen beruht, ein wahrer, demokratischer Frieden genannt werden kann. Wenn die Leute in der reaktionären Nankinger Kuomintang-Regierung einen wahren, demokratischen Frieden haben möchten und nicht einen heuchlerischen, reaktionären Frieden, müssen sie ihre reaktionären Bedingungen aufgeben und die acht Bedingungen der Kommunistischen Partei Chinas als Grundlage für Friedensverhandlungen zwischen den beiden Seiten annehmen. Sonst wird sich ihr angeblicher Frieden als reiner Betrug erweisen. Wir hoffen, daß sich das ganze Volk und alle demokratischen Parteien und Gruppen sowie alle Massenorganisationen erheben und für einen wahren, demokratischen Frieden, gegen einen heuchlerischen, reaktionären Frieden kämpfen werden. Auch die patriotisch gesinnten Persönlichkeiten im System der Nankinger Kuomintang-Regierung sollten diesen Friedensvorschlag unterstützen. Achtung, Genossen Kommandeure und Kämpfer der Chinesischen Volksbefreiungsarmee! Ihr dürft in euren Kampfanstrengungen nicht im geringsten nachlassen, bevor die reaktionäre Nankinger Kuomintang-Regierung einen wahren, demokratischen Frieden angenommen hat und ihn auch durchführt. Alle '' Reaktionäre, die sich getrauen, Widerstand zu leisten, müssen entschlossen, gründlich, restlos und vollständig vernichtet werden.

ANMERKUNGEN

1. Die von Genossen Mao Tse-tung in dieser Erklärung aufgestellten acht Friedensbedingungen wurden später zur Grundlage der Friedensverhandlungen, die im April 1946 zwischen der Delegation der Kommunistischen Partei Chinas und der Delegation der Kuomintang-Regierung, mit Dschang Dschi-dschung an der Spitze, stattfanden. In dem Abkommen über den inneren Frieden, das während der Verhandlungen entworfen worden war, wurden die acht Friedensbedingungen weitet konkretisiert. Über Einzelheiten siehe "Armeebefehl für den Vormarsch im ganzen Land", Anmerkung 1, vorliegender Band, S. 414 ff.

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