Mao Werke


Mao Tse-tung:

ANSPRACHE AN DIE REDAKTIONSMITGLIEDER DER ZEITUNG DJIN SUI JIBAO

(2. April 1948)

Wir dürfen uns nicht damit begnügen, unsere Politik den führenden Funktionären und den Kadern bekanntzumachen; auch die breiten Massen müssen sie kennen. Im allgemeinen sollten die Fragen, die unsere Politik betreffen, in den Zeitungen oder Zeitschriften der Partei propagandistisch dargelegt werden. Wir führen jetzt gerade eine Reform des Bodenbesitzsystems durch. Alle politischen Richtlinien über die Bodenreform sollten in der Presse und in den Radiosendungen ihren Niederschlag finden, damit die breiten Massen sie kennenlernen. Wenn die Volksmassen die Wahrheit kennen, wenn sie ein gemeinsames Ziel haben, dann werden sie einmütig an die Arbeit gehen. Das ist so wie in einer Schlacht: Nicht nur die Offiziere, sondern auch die Soldaten müssen eines Sinnes sein, wenn man die Schlacht gewinnen will. Nach der Konsolidierung und Ausbildung der Truppen von Nordschensi und nach ihrer öffentlichen Klageführung hob sich das politische Bewußtsein der Kämpfer, begriffen sie, wofür sie sich schlagen und wie sie sich zu schlagen haben; ein jeder von ihnen krempelte sich gleichsam die Ärmel auf und legte einen so hohen Kampfgeist an den Tag, daß sie, als sie in den Kampf traten, den Sieg erfochten. Wenn die Massen einmütig sind, kann jede Sache leicht durchgeführt werden. Ein Grundprinzip des Marxismus-Leninismus besagt, daß man die Massen veranlassen muß, ihre Interessen zu erkennen, sich zusammenzuschließen und für die eigenen Interessen zu kämpfen. Die Rolle und die Macht der Presse bestehen in der Fähigkeit, den Massen das Programm und die Linie der Partei, ihren politischen Kurs und ihre politischen Richtlinien, die Aufgaben und Methoden der Arbeit auf die schnellste Weise und so umfassend wie nur irgendmöglich nahezubringen.

In manchen Orten gibt es in unserer Leitung Leute, die der Meinung sind, es genüge, daß die führenden Funktionäre allein die Politik der Partei kennen, die Massen brauchten sie nicht zu kennen. Das ist einer der wesentlichen Gründe dafür, daß wir manchmal unsere Arbeit nicht gut verrichten können. Seit mehr als zwei Jahrzehnten leistet unsere Partei täglich Massenarbeit, und seit einem guten Dutzend Jahren spricht sie täglich von der Massenlinie. Wir vertreten von jeher den Standpunkt, daß sich die Revolution auf die Volksmassen stützen muß, daß jedermann dabei Hand anlegen soll, und wir treten stets dagegen auf, daß man sich lediglich auf einige wenige Leute stützt, die herumkommandieren. Jedoch in der Tätigkeit mancher Genossen hat sich die Massenlinie noch immer nicht durchsetzen können; diese Genossen verlassen sich immer noch auf eine kleine Anzahl von Personen und verrichten die Arbeit in stiller Abgeschiedenheit. Einer der Gründe dafür liegt darin, daß sie, was immer sie auch unternehmen, nie gewillt sind, den von ihnen geführten Menschen die Dinge klar auseinanderzusetzen, es nicht verstehen, die Initiative und Schöpferkraft der unter ihrer Führung Tätigen zur Entfaltung zu bringen. Subjektiv haben auch sie den Wunsch, daß jedermann zur Stelle ist und mit Hand anlegt, doch lassen sie die anderen nicht wissen, was zu tun ist und wie es getan werden soll. Wie soll man dann erwarten, daß die Leute in Bewegung kommen, und wie kann dann die Arbeit erfolgreich geleistet werden? Das Grundlegende bei der Lösung dieser Frage besteht natürlich darin, daß man die ideologische Erziehung zur Massenlinie durchführt. Zugleich muß man aber auch die Genossen in den zahlreichen konkreten Arbeitsmethoden unterweisen. Eine dieser Methoden besteht darin, in vollem Maße von der Presse Gebrauch zu machen. Die Zeitungen gut gestalten, so daß sie für den Leser interessant und anregend sind, in ihren Spalten den politischen Kurs und die politischen Richtlinien der Partei richtig propagieren, die Verbindung zwischen der Partei und den Massen durch die Zeitungen stärken - das ist eine nicht zu unterschätzende Aufgabe von großer prinzipieller Bedeutung für die Parteiarbeit.

Ihr Genossen seid Presseleute. Eure Arbeit besteht darin, die Massen zu erziehen, sie ihre eigenen Interessen und Aufgaben erkennen zu lassen und sie mit dem politischen Kurs und den politischen Richtlinien der Partei bekanntzumachen. Die Pressearbeit will wie jede andere Arbeit gewissenhaft ausgeführt sein; nur dann werden die Zeitungen gut gemacht, nur dann haben sie Lebenskraft. Auch unsere Zeitungen müssen sich in ihrer Arbeit auf alle und jeden, auf die Gesamtheit der Volksmassen, auf die ganze Partei stützen, sie dürfen nicht bloß von einer kleinen Zahl von Leuten gemacht werden, die sich hinter Polstertüren verschanzen. In unseren Zeitungen ist täglich von der Massenlinie die Rede, aber bei der Arbeit in den Zeitungsbetrieben selbst wird die Massenlinie oft nicht durchgeführt. Wenn sich beispielsweise in den Zeitungen häufig Druckfehler finden, so darum, weil man sich die Eliminierung von Druckfehlern nicht ernsthaft zur Aufgabe stellt. Wendet man aber die Methode der Massenlinie an, dann versammelt man, sobald Druckfehler vorgekommen sind, alle Mitarbeiter des Zeitungsbetriebs, spricht über nichts anderes als eben über diese Angelegenheit, erklärt, wie es sich mit den Fehlern verhält, erklärt ihre Ursachen, die Methoden zu ihrer Beseitigung und fordert alle auf, diesen Dingen ein ernstes Augenmerk zuzuwenden. Ist man drei- oder fünfmal auf diese Weise vorgegangen, werden solche Fehler bestimmt abgestellt sein. Wie für kleine Dinge, so gilt dies auch für große.

Es gut verstehen, die Politik der Partei in die Aktion der Massen umzusetzen und zu bewirken, daß jede unserer Bewegungen und jeder unserer Kämpfe nicht nur von den leitenden Funktionären, sondern auch von den breiten Massen begriffen und gemeistert wird - das ist eine marxistisch-leninistische Führungskunst. Und hier liegt auch die Wasserscheide, wo es sich zeigt, ob wir in unserer Arbeit Fehler machen oder nicht. Wenn das Bewußtsein der Massen noch nicht geweckt ist und wir dennoch einen Angriff unternehmen, dann ist das Abenteurertum. Wenn wir die Massen stur zu etwas veranlassen, das sie selbst nicht zu tun wünschen, so wird das Ergebnis unweigerlich eine Niederlage sein. Wenn die Massen vorwärtsmarschieren wollen, wir aber nicht weitergehen, dann ist das Rechtsopportunismus. Die opportunistischen Fehler Tschen Du-hsius bestanden gerade darin, daß er hinter dem Bewußtseinsgrad der Massen zurückgeblieben war, sie nicht vorwärts führen konnte, ja sich ihrem Vormarsch entgegenstellte. Viele Genossen verstehen diese Fragen noch nicht. Unsere Zeitungen müssen sich mit diesen Fragen gründlich auseinandersetzen, damit sie jedermann klar werden.

Damit die Zeitungsleute die Massen erziehen können, müssen sie zunächst bei den Massen in die Lehre gehen. Ihr Genossen seid alle Intellektuelle. Die Intellektuellen verstehen oft die Dinge nicht, in Dingen der Praxis haben sie oft keine oder nur sehr wenig Lebenserfahrung. Wenn ihr die im Jahre 1933 herausgegebene Broschüre "Wie man die Klassen im Dorf unterscheidet" lest, versteht ihr nicht viel davon; erzählt man aber über ihren Inhalt einem Bauern, dann hat er gleich alles begriffen, denn in diesem Punkt ist er euch überlegen. In zwei Distrikten des Kreises Guohsiän haben über 180 Bauern fünf Tage hindurch eine Konferenz abgehalten, auf der eine ganze Menge von Fragen im Zusammenhang mit der Bodenaufteilung gelöst wurden. Hätte euer Redaktionskollegium diese Fragen zu diskutieren gehabt, so wäre es, fürchte ich, in zwei Wochen damit nicht zu Rande gekommen. Der Grund dafür ist ganz einfach der, daß diese Fragen euch nicht verständlich sind. Will man Verständnislosigkeit in Verständnis umwandeln, muß man etwas tun, etwas sehen, und das heißt eben lernen. Die Mitarbeiter der Zeitungen sollten turnusweise hinausgehen, um eine Zeitlang an der Massenarbeit teilzunehmen, eine gewisse Zeit hindurch bei der Bodenreform mitzuarbeiten; das ist sehr notwendig. In der Zeit, wo man nicht zur Teilnahme an der Massenarbeit hinausgeht, soll man, was die Massenbewegung betrifft, sich viel umhören und viel einschlägiges Material lesen, wobei man sich Zeit zu nehmen hat und keine Mühe scheuen darf, das so gewonnene Material zu studieren. Unsere Losung bei der Truppenausbildung lautet: "Die Offiziere lehren die Soldaten, die Soldaten lehren die Offiziere, ein Soldat lehrt den anderen." Die Soldaten haben reiche praktische Kampferfahrungen. Die Offiziere sollen von den Soldaten lernen, und wenn sie sich deren Erfahrungen zu eigen gemacht haben, werden sie ihr Können steigern. Auch die Genossen, die an den Zeitungen arbeiten, müssen ständig einschlägiges Material studieren, das von unten nach oben geliefert wird; sie müssen allmählich ihr praktisches Wissen bereichern, damit sie Menschen mit Erfahrung werden. Nur auf diese Weise kann eure Arbeit gut ausgeführt werden, könnt ihr eurer Aufgabe, die Massen zu erziehen, gerecht werden.

Die Djin-Sui Jibao machte nach der Konferenz der Sekretäre der Bezirksparteikomitees vom Juni vorigen Jahres beträchtliche Fortschritte. Sie war inhaltsreich, spitz und keck in der Sprache, es war frischer Morgenwind darin ; sie spiegelte den großartigen Kampf der Massen wider, war das Sprachrohr der Massen. Ich mochte sie gern lesen. Jedoch seit Januar dieses Jahres, als wir die "linke" Abweichung zu korrigieren begannen, scheint eure Zeitung den Mut etwas sinken gelassen zu haben; sie ist nicht eindeutig genug in ihrer Ausdrucksweise, läßt es an Forschheit mangeln, ist auch ärmer an Material geworden, spricht die Leser wenig an. Jetzt seid ihr gerade dabei, eure Arbeit zu überprüfen und eure Erfahrungen zu verallgemeinern; das ist gut so. Wenn ihr eure Erfahrungen im Kampf gegen rechte und "linke" Abweichungen zusammenfaßt und somit einen klaren Kopf bekommt, werdet ihr eure Arbeit verbessern können.

Der Kampf, den die Djin-Sui Jibao seit Juni vorigen Jahres gegen die rechten Abweichungen führt, ist durchaus richtig. Ihr habt in diesem Kampf eine beachtliche Gewissenhaftigkeit an den Tag gelegt und die Realität der Massenbewegung voll und ganz widergespiegelt. Zu den Ansichten und Materialien, die ihr für falsch haltet, gebt ihr euren Kommentar in der Form redaktioneller Vorbemerkungen. Eure Kommentare enthalten in letzter Zeit auch Mängel, doch sie sind von einem lobenswerten Geist der Gewissenhaftigkeit getragen. Eure Mängel bestehen hauptsächlich darin, daß ihr den Bogen überspannt. Wenn man den Bogen überspannt, kann die Sehne reißen. In alten Zeiten pflegte man zu sagen: "Die Könige Wen und Wu befolgten den Grundsatz, abwechselnd zu spannen und zu entspannen."1 Jetzt solltet ihr einmal "entspannen", und den Genossen wird es im Kopf klarer sein. Ihr habt in eurer Arbeit Erfolge gehabt, aber auch Mängel, hauptsächlich "linke" Abweichungen. Wenn ihr jetzt eine Gesamtbilanz vornehmt und die "linken" Abweichungen korrigiert, werdet ihr noch größere Erfolge erringen.

Wenn wir dabei sind, Abweichungen zu korrigieren, dann finden sich Leute, die in der geleisteten Arbeit gar keine Erfolge sehen wollen, die alles für verfehlt halten. Das ist nicht richtig. Diese Leute nehmen nicht wahr, daß unter der Führung der Partei so eine riesige Anzahl Bauern Boden erhalten haben, daß der Feudalismus gestürzt wurde, daß man die Parteiorganisationen konsolidierte, daß sich der Arbeitsstil der Funktionäre gebessert hat und daß wir jetzt die "linken" Abweichungen korrigiert und dadurch die Kader und die Massen erzogen haben. Sind denn das nicht große Errungenschaften? Wir müssen zu unserer Arbeit, zum Werk der Volksmassen eine analytische Einstellung haben, dürfen nicht alles negieren. Wenn es in der Vergangenheit zu "linken" Abweichungen gekommen ist, so darum, weil man über keine Erfahrungen verfügte. Hat man keine Erfahrungen, dann sind Fehler schwerlich zu vermeiden. Um von Unerfahrenheit zu Erfahrenheit zu gelangen, muß man einen Prozeß durchmachen. Der Kampf, der in der kurzen Zeit, die seit Juni vorigen Jahres verstrichen ist, gegen rechte und "linke" Abweichungen geführt wurde, hat es jedermann ermöglicht zu verstehen, worum es bei einem solchen Kampf gegen die rechten und gegen die "linken" Abweichungen geht. Hätte es diesen Prozeß nicht gegeben, wäre es unmöglich gewesen, daß alle das verstehen.

Ich bin davon überzeugt, daß eure Zeitung, nachdem ihr eure Arbeit geprüft, eure Erfahrungen zusammengefaßt habt, noch besser gemacht wird. Ihr sollt die Vorzüge, die eure Zeitung früher ausgezeichnet haben, bewahren: ihre Schärfe und Forschheit, ihre Eindeutigkeit ebenso wie die Gewissenhaftigkeit, mit der sie gemacht wird. Wir müssen an der Wahrheit festhalten, und die Wahrheit verlangt Klarheit. Wir Kommunisten haben es immer für eine Schande gehalten, unsere Ansichten zu verhehlen. Die Zeitungen und die gesamte propagandistische Arbeit unserer Partei müssen lebendig, klar und scharf sein, dürfen niemals zu einem vagen Gestammel werden. Das ist der kämpferische Stil, der uns, dem revolutionären Proletariat, eigen sein muß. Wenn wir das Volk erziehen wollen, damit es die Wahrheit erkennt, wenn wir es mobilisieren wollen, damit es für seine Befreiung kämpft, dann brauchen wir eben diesen kämpferischen Stil. Wenn man mit einem stumpfen Messer Fleisch schneidet, kann man einen halben Tag damit zubringen, ohne daß ein Tropfen Blut herauskommt.

ANMERKUNGEN

1. Siehe "Vermischte Aufzeichnungen, Zweiter Teil" im Li Dji (Buch der Riten).

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