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KOSOVO Antikriegsseite


Bund für Soziale Verteidigung*

Hintergründe zur Eskalation des Kosovo-Konfliktes: Die militärische Intervention hätte vermieden werden können
Eine Erklärung des Bundes für Soziale Verteidigung

Diese Pressemitteilung wurde zu einem Zeitpunkt geschrieben, als die NATO beschlossen hatte, Jugoslawien zu bombardieren, dieser Beschluss aber noch nicht in die Tat umgesetzt wurde. Auch wenn wir immer noch hoffen, daß die Angriffe in letzter Sekunde doch ausgesetzt werden, scheint dies doch unwahrscheinlich. Das Abkommen Mitte Oktober 1998 zwischen Jugoslawien und der OSZE, mit dem die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen serbischen Polizeieinheiten und jugoslawischem Militär auf der einen Seite und der kosovo-albanischen Befreiungsarmee "UCK" auf der anderen beendet werden sollten, war von kurzer Dauer. Die volle Zahl an zivilen Beobachtern wurde nie erreicht; jetzt (Mitte März) ist die OSZE abgezogen und hat der NATO das Feld geräumt. Im Rückblick scheint es, daß keine der beiden Konfliktparteien im Herbst 1998 wirklich bereit war, Frieden zu schließen:

* Zwar kehrte das jugoslawische Militär vorübergehend in seine Kasernen zurück und ein Großteil der serbischen Sonderpolizei wurde aus dem Kosovo abgezogen, doch dafür rückten vielerorts Kämpfer der UCK ein und übernahmen Checkpoints usw. Gemäßigte Vertreter der Kosovo-Albaner wurden in mehreren Fällen von der UCK entführt und werden in sog. Gefängnissen festgehalten. Auch bewaffnete Zusammenstöße mit der Polizei kamen weiter vor, bis dann kurz vor Weihnachten die Kämpfe wieder aufflammten. Ziel der UCK war eindeutig: Angriffe der NATO zu erzwingen und auf diese Weise eine Loslösung des Kosovo von Serbien/ der Republik Jugoslawien zu erzwingen.

* Unter dem Schatten der Drohung einer NATO-Intervention kurz vor Beginn der Verhandlungen in Rambouillet in der zweiten Januarhälfte begann das jugoslawische Militär mit erneuten Angriffen. In den letzten Wochen sah es immer mehr so aus, als ob es versuche, militärische Fakten zu schaffen und den Teil des Kosovo, an dem Serbien vorrangig interessiert ist, völlig unter seine Kontrolle zu bringen. Die Vermutung liegt nahe, daß dies unter der Maßgabe eines alten Teilungsplanes geschah, den der Altpräsident und nationale Dichter Cosic schon vor etlichen Jahren formulierte.

* Die Verhandlungen über eine politische Zwischenlösung des Konfliktes, die gleichzeitig mit der Stationierung der OSZE-Beobachter aufgenommen worden waren, kamen nicht voran; es wurden immer neue Vertragsentwürfe produziert, die entweder von der jugoslawischen oder der kosovo-albanischen Seite abgelehnt wurden.

Worum geht es in dem Konflikt?

Das offizielle Ziel der kosovo-albanischen Bewegung, die seit dem Verlust des Autonomie-status 1989 praktisch die Unterstützung der gesamten nicht-serbischen Bevölkerung im Kosovo erfährt, ist die Unabhängigkeit des Kosovo als eigener Staat. Mit der UCK hat in den letzten Monaten aber die ursprünglich kleine Minderheitenposition, die einen Anschluß an Albanien fordert ("Großalbanien") an Gewicht gewonnen.

Die serbische Gegenposition lautet, daß der Kosovo als historisches Zentrum Serbiens unveränderlich ein Teil Serbiens bleiben muß. Dabei wird auch auf den Schutz der verbliebenen rund 10% Serbinnen und Serben im Kosovo und auf die serbisch-orthodoxen Klöster verwiesen. Der Konflikt im Kosovo hat eine lange Geschichte, die auch beinahe genüßlich von beiden Seiten immer wieder rezitiert wird. Es ist eine Geschichte von Gewalt, Vertreibung und Repression, wobei die Kosovo-Albaner wohl diejenigen sind, die zumindest seit dem Polizeiregime unter Rankovic in den 50er Jahren mehr Unrecht erlitten haben. In jüngerer Zeit wurde dann die Art der Konfliktaustragung erst recht selbst zum Haupt-Konfliktinhalt (Diskriminierung und Verfolgung der Kosovarer durch die serbische Polizei und Regime; jetzt die Anschläge der UCK vor allem auf serbi-sche Polizeistationen und auf "Kollaborateure" einerseits und die mit brutalster Gewalt ausgeführten Offensiven von serbischer Seite andererseits. Ergebnis: über 200.000 Menschen auf der Flucht und eine unbekannte Zahl an Todes-opfern. Mit einem lang anhaltenden, gewaltfreien Widerstand versuchten die Kosovarer von 1989/90 bis 1998, der serbischen Gleichschaltung zu entge-hen und ihr Ziel der Unabhängigkeit des Kosovo durchzusetzen. Dieser Widerstand, der sich auf die Schaffung paralleler Institutionen (Bildungssystem, Gesundheitswesen, politische Strukturen) konzentrierte und dabei allerdings Formen aktiverer Gewaltlosigkeit vernachlässigte, wurde von praktisch der gesamten Bevölkerung mitgetragen. Trotz seines letztendlichen Mißerfolges (zumindest soweit man dies heute sagen kann), ist er ein beeindruckendes Beispiel dafür, über welch langen Zeitraum eine gewaltlose Strategie aufrechterhalten werden kann. Doch leider gelang es ihm nicht, das Ziel zu erreichen, den Konflikt einer Lösung zuzuführen; die einzige Hoffnung lag aus Sicht des Kosovo immer auf einer Internationalisierung und einer internationalen Intervention, die Freiheit und Unabhängigkeit bringen sollten. Bei der Entstehung und Eskalation des Konfliktes haben verschiedene Faktoren eine wichtige Rolle gespielt: die strategische Lage des Kosovo mit seinen Grenzen zu Makedonien, Bulgarien und Albanien; das wachsende ökonomische Gefälle zwischen dem Kosovo und den anderen jugoslawischen Republiken; die problembehafteten außenpolitischen Beziehungen zwischen dem sozialistisch-blockfreien Jugoslawien und dem chinaorientierten Albanien ; die Struktur Jugoslawiens selbst mit seinen national definierten Republiken, die nahelegte, alles national zu legitimieren und zu denken; und nicht zuletzt die lange konfliktreiche Geschichte und gegenseitige Ängste und Mißtrauen zwischen den Kosovo-Albanern und den Serben. Nach dem Tode Titos begann ein Kampf um die Macht in Jugoslawien, der zum Großwerden mehrerer mit nationalistischen Argumenten operierender Politiker führte. Aus dieser Sicht handelt es bei den Konflikten im südslawischen Raum im Kern nicht um ethnische Konflikte sondern um das Machtstreben und den Machterhalt politischer Cliquen und Persönlichkeiten wie Milosevic (und Tudjman etc.).

Die Rolle der internationalen Gemeinschaft: Zwischen Dummheit und Kalkül

Die Rolle der sog "internationalen Gemeinschaft", womit zumeist erstens die USA, dann Westeuropa und schließlich auch die internationalen Organisationen wie UNO und OSZE gemeint sind, war im ge-samten Verlauf der Konflikte im Raum des ehemaligen Jugoslawiens seit 1991 eine höchst unglückliche. Man erinnere sich nur an

- das Ignorieren der Entwicklungen in den jugoslawischen Republiken und an die Ermutigung Belgrads bis zum Sommer 1991, ein Auseinanderbrechen zu verhindern;

- im Herbst und Winter 1991 dann genauso die einseitige Förderung der separatistischen Republiken und deren vor-schnelle Anerkennung, was unmittelbar zum Krieg in Bosnien-Herzegowina führte;

- das widersprüchliche und zögerliche Verhalten während des Krieges in Bosnien;

- an Srebrenica als Opferung des Schutzzonenkonzepts für zivile Flüchtlinge,

- die Hinnahme der gewaltsamen Rückeroberung der Krajina durch Kroatien 1995;

- die Zwangsrückführung bosnischer Flüchtlinge ohne Rücksicht mögliche konflikt-eskalierende Wirkungen und die Hinnahme einer faktischen Spaltung Bosnien-Herzegowinas in zwei Staaten.

Hieraus lernten die Kosovo-Albaner eine verhängnisvolle Lektion: Nur wenn es zu Krieg und humanitären Katastro-phen kommt, dann kann man auf die Unterstützung der "internationalen Gemeinschaft" (sprich: UN oder NATO) bei der Durchsetzung des Zieles der nationalen Unabhängigkeit rechnen. Der gewaltfreie Widerstand indessen wurde von der Internationalen Staatenwelt nicht verstanden. Er ist als eigenständige Kategorie der Konfliktaustragung bei Politikern weitgehend unbekannt.

Sie kennen nur formal-demokratische Willensäußerungen auf der einen und Gewalt auf der anderen Seite. Wäre er ernstgenommen worden, wären vielleicht die optimistischen Annahmen erschüttert worden, daß 'im Kosovo ja noch alles friedlich sei', was zu einer systematischeren Einbeziehung des Kosovo-Konfliktes in die internationalen diplomatischen Bemühungen geführt haben könnte. (Zum Beispiel hätte der Kosovo-Kon-flikt in den Vertrag von Dayton einbezogen werden können.) Im Bezug auf den Kosovo-Konflikt spielte die internationale Gemeinschaft eine ähnlich unglückliche Rolle wie bei den vorhergehenden Kriegen im ehemaligen Jugoslawien. Bis Dayton blieb der im Kosovo vorherrschende Eindruck, daß man eine eventuelle Unabhängigkeit des Kosovo stützen werde, öffentlich unwidersprochen. Dies, obwohl alle westlichen Staaten die Position vertraten - dies konnte man z.B. von VertreterInnen beliebiger Botschaften in Belgrad hören -, daß eine Unabhängigkeit des Kosovo nicht in Frage käme, weil dies eine Destabilisierung bis hin zum Krieg in den anderen Ländern und Republiken mit albanischem Bevölkerungs-anteil führen würde (vorrangig betroffen sind Makedonien und Montenegro). Hätte man von Anfang an diese Position gegenüber der kosovarer Führung deutlich gemacht, hätte dies vielleicht Einfluß auf ihre Strategie gehabt. (Vielleicht fürchtete man aber auch genau das, nämlich ein Umschlagen in gewaltsamen Widerstand in dem Moment, wo deutlich wurde, daß der Kosovo keine politische Unterstützung erfahren werde.) Der Kosovo-Konflikt wurde von den NATO-Staaten genutzt, um die NATO als internationales militärisches Instrument zur Durchsetzung ihrer Interessen weiter zu entwickeln. Dies begann bereits im zweiten Golfkrieg 1991 und später in Bosnien seit 1995. Derzeit arbeitet die NATO an einem neuen Grundsatzpapier, das im April 1999 verabschiedet werden soll und in dem - unter Berufung auf weltweite Sicherheitsgefährdungen durch weitreichende Waffensysteme - festgehalten werden soll, daß die NATO in Zukunft kein "out-of-area" mehr kennt, sondern bei Notwendigkeit weltweit operieren dürfen soll, sofern nötig, auch ohne Mandat des UN-Sicherheitsrates. Hier kam der Kosovo-Konflikt in diesem Herbst gerade recht, um die angebliche Notwendigkeit "humanitärer" militärischer Interventionen und die angebliche Handlungsunfähigkeit des UN-Sicherheitsrates im öffentlichen Bewußtsein zu verankern. (Allerdings hätte die NATO wohl gerne darauf verzichtet, ihren Worten auch Taten folgen zu lassen. Wäre man wirklich an einem Einsatz interessiert gewesen, dann hätte es im Laufe des letzten Jahres mehrfach dazu Gelegenheit und Rechtfertigung gegeben.)

Praktisch als Nebenprodukt kann jetzt - und wird auch schon - ein Versagen der zivilen OSZE-Mission festgestellt werden und der scheinbare Beweis angetreten, daß doch nur Gewalt hilft.

Kritik an der NATO-Intervention

1. Im Kosovokonflikt engagierte Organisationen wie z.B. der Bund für Soziale Verteidigung haben viele Jahre versucht, das Problem des Kosovo ins Gespräch zu bringen, den gewaltfreien Wi-derstand bekannt zu machen und vor einer Eskalation zu warnen. Mit dem Balkan Peace Team (zum Beispiel) versucht ein Bündnis von elf internatio-nalen Friedensorganisationen, einen praktischen Beitrag zu Dialog und Konfliktbearbeitung in der Region zu leisten. Die Warnungen, die diese Organisationen und andere KennerInnen der Lage im Kosovo aussprachen, blieben weitgehend ungehört, wie dies auch zuvor für Bosnien und andere Konfliktregionen geschah.

2. Wie in Bosnien und zuvor in Kroatien und im Irak gilt: Viele Chancen, eine friedliche Lösung herbeizuführen, wurden verpaßt. Und als der Karren dann in den Dreck gefahren war, wurde die Friedensbewegung höhnisch gefragt, welche anderen Möglichkeiten als einen Militärschlag sie denn sehe. So nicht!

3. Die Bombardierungen der NATO sollen zum Ziel haben, Milosevic an den Verhandlungstisch "zurückzubomben". Damit wird genau das riskiert, was man die ganzen Jahre zu vermeiden suchte, nämlich eine Ausweitung des Konfliktes auf die Nachbarregionen. Wäre es nicht weniger riskant gewesen, wenn man spätestens im letzten Jahr eine Anerkennung des Kosovo bzw. seine Rauslösung aus Jugoslawien in Betracht gezogen hätte und gleichzeitig alles dafür getan hätte, daß das befürchtete Übergreifen auf Makedonien und Montenegro ausbliebe?

4. Was geschieht, wenn die jugoslawische Regierung dem militärischen Druck nicht nachgibt? Wie soll durch Bombardierungen verhindert werden, daß die Offensive der jugoslawischen Armee im Kosovo fortgesetzt wird? Wenn man die militärische Logik akzeptieren wollte, müßte dann nicht die Forderung heißen, Bodentruppen zu entsenden?

5. Schon jetzt, wo die Angriffe noch nicht begonnen haben (Mittwoch-Morgen), befinden sich etliche Tausend Ko-sovo-Albaner auf der Flucht vor den NATO-Angriffen. Makedonien hat seine Grenzen geschlossen. Die humanitäre Katastrophe, die durch die Bombardierungen abgewendet werden sollte, scheint sich jetzt erst recht anzubahnen.

6. Gleichzeitig erhöht die jugoslawische Regierung den Druck auf die Opposition im eigenen Land. Dienstag wurde der letzte unabhängige Radiosender Belgrads, Radio B 92 geschlossen und der Chefredakteur festgenommen. Es steht zu fürchten, daß auch andere oppositionelle Organisationen und Personen Opfer der Repression werden könnten; eine Repression, die unmittelbar durch die Drohung der NATO mit einem Militärschlag ausgelöst wurde.

7. Die Angriffe sind völkerrechtswidrig, weil sie nicht von einem Beschluß des UN-Sicherheitsrates abgedeckt sind.

8. Einmal wieder ist der Westen leichtfertig bereit, sich über Russlands Widerspruch hinwegzusetzen. Jetzt hat die russische Regierung angekündigt, Jugoslawien mit Waffenlieferungen zu unterstützen. Dies ist der beste Weg, den Ost-West-Konflikt neu zu beleben!

9. Militärische Angriffe sind selbst eine der gravierendsten Menschenrechtsverletzungen, die vorstellbar sind. Sie sollten nicht länger als legitim hingenommen werden. Es ist blanker Hohn, wenn NATO-Generalsekretär Solana vor der Presse erklärt, daß die NATO-Angriffe sich nicht gegen die serbische Bevölkerung richteten. Wie im Irak und bei dem Blitzangriff auf den Sudan im Sommer 1998 wird man wohl hinterher erfahren, wie viele zivile Opfer die Angriffe wirklich gekostet haben werden.

Alternativen

Die Frage, wie die derzeitige Gewalt im Kosovo ohne NATO-Angriffe gestoppt werden könnte, ist trotz des Hinweises darauf, daß es zu dieser Gewalt bei einer rechtzeitigen und klugen Verhandlungspolitik garnicht gekommen wäre, natürlich nicht ganz unberechtigt. Sie ist jedoch nur schwer zu beantworten, zumal zu wenig darüber bekannt ist, was sich in Rambouillet tatsächlich abgespielt hat. Wieweit war das Bestehen der Vermittler auf einer NATO-geführten Friedenstruppe selbst Hauptstolperstein für eine Einigung? Hätte eine UN-Friedenstruppe oder eine OSZE-Mission mehr Chancen gehabt, von beiden Seiten akzeptiert zu werden? Es hat verschiedene Vorschläge gegeben, wie der mögliche endgültige Status des Kosovo aussehen könne. Von diesen ergebnisorientierten Szenarien, die alle einen möglichen endgültigen Status im Auge haben, lassen sich andere Vorschläge unterscheiden, die eher prozeßorientiert sind und Zwischenlösungen vorschlagen auf dem Weg zu einer endgültigen Einigung über einen Status des Kosovo. Dazu gehörten die

- Wiederherstellung der bürgerlichen Rechte und Verbesserung der Wirtschaftslage und der Infrastruktur (z.B. auch Gesundheitsversorgung) als ersten Schritt zur Deeskalation. Dahinter steht die Annahme, daß bei einer Verbesserung der Lebensumstände die Bereitschaft, Kompromisse bei der Suche nach einem Status für den Kosovo einzugehen, größer sein dürfte. - Schaffung einer institutionellen Dauerkonferenz, die die Aufgabe hätte, den Rahmen für eine gemeinsame Ent-wicklung der Region zu erarbeiten, die dann in einer Balkan-Föderation münden und durch einen "Balkan-Marshall-Plan" möglich gemacht werden sollte.

- Schaffung eines "Albanischen Rates". Dieser Vorschlag des ehemaligen deutschen Botschafters in Belgrad, Horst Grabert, beeinhaltet die Schaffung eines internationalen Rates, dem die Republik Jugoslawien, Albanien, Makedo-nien sowie Vertreter der Albaner im Kosovo, in Makedonien und in Montene-gro angehören würden. (Ein ähnlicher Rat wurde in Nordirland gerade eingerichtet.)

- Errichtung eines Internationalen Protektorates. Dieser Vorschlag kommt von dem norwegischen Friedensfor-schungsinstut TFF (Transnational Foundation for Peace and Future Research, Direktor Jan Oberg) und wurde auch von Präsident Rugova immer wieder vorgebracht. Das TFF hatte vorgeschlagen, daß die UN für drei Jahre die Kontrolle übernehmen solle, während gleichzeitig Verhandlungen über den zukünftigen Status stattfinden.)

- Aberkennung der serbisch-jugoslawischen Souveränität über den Kosovo (was nicht gleich einer Anerkennung des Kosovo ist) als Schritt, das serbische Vorgehen im Kosovo zu stoppen und den Weg für eine politische Lösung frei-zumachen. (Vorschlag der War Resisters' International vom September 1998).

Was außerdem getan werden sollte

Neben der langen Liste, die - mit voller Berechtigung - bei jedem derartigen Konflikt wiederholt wird und die u.a. den Stopp von Rüstungsproduktion und -exporten, Unterstützung von Deserteuren und Kriegsdienstverweigerern, Unterstützung unabhängiger Medien und von Versöhnungsarbeit umfaßt, gibt es noch einige spezifische Punkte in diesem Konflikt:. Es handelt sich bei ihnen um Vorschläge an die Politik, sie enthalten aber auch viele Elemente, die Friedens- und Menschenrechtsorganisationen selbst in Angriff nehmen können. Dabei kann an Öffentlichkeitsarbeit gedacht werden, an die Aufnahme von Gesprächen mit Albanerinnen und Albanern hier in Deutschland, an die (z.B. finanzielle) Unterstützung von Gruppen und Organisationen in Serbien und im Kosovo und natürlich an die ständige Mahnung an unsere PolitikerInnen (z.B. die Bundestagsabgeordneten aus der eigenen Gemeinde), im Sinne dieser Vorschläge aktiv zu werden.

1. Bleiberecht für kosovo-albanische Flüchtlinge als Element humanitärer Hilfe Der Hinweis auf mögliche Gefährdung ausgewiesener und zurückgeschobener Flüchtlinge aus dem Kosvo ist berechtigt; eine konkrete Gefährdung in Form von Festnahme, Verhör und Miß-handlung durch die serbische Polizei ist gegeben. Daneben scheint uns aber ein zweiter Gesichts-punkt bedenkenswert: Viele Familien im Kosovo hän-gen finanziell von dem Geld ab, das ihnen oftmals ein einziges im Ausland arbeitendes Familienmitglied (gewöhnlich jüngere Männer) regelmäßig schickt. Deshalb würde ein (vielleicht befristetes) Bleiberecht für alle Kosovo-Albaner, die bislang keine gesicherte Aufenthaltserlaubnis besitzen, ein aktiver und ein (da die betreffen-den Personen ja Arbeit haben) praktisch kostenfreier Beitrag zur humanitären Hilfe für die Bevölkerung im Kosovo darstellen.

2. Unterstützung derjenigen Kräfte im Kosovo, die offen für eine politische Lösung sind. Eine solche Unterstützung könnte z.B. in einem Dialog über unsere Wahrnehmung der internationalen Interessen und Konstellationen bestehen und in der Unterstützung der weiterhin bestehenden Elemente des gewaltfreien Widerstandes (Bildungswesen, Gesundheitswesen), solange keine politische Lösung die Normalisierung des Alltags ermöglicht.

3. Einbeziehung der Serben im Kosovo in Bemühungen um eine politische Lösung. Nachdem lange Zeit die lokalen Serbinnen und Serben eher Manövriermasse für Belgrad als eigenständige politische Kraft waren, zeichnen sich jetzt eine verstärkte politische Organisation und Willensbildung ab. Diese Grup-pen sollten unbedingt in den Dialog mit einbezogen werden.

4. Richten der Aufmerksamkeit auf die politischen Entwicklungen in Serbien, besonders auf die seit der Drohung mit einem NATO-Angriff massiv gestiegene Unterdrückung der Opposition (oppositioneller Medien; Hochschulen; Drohungen gegen Friedens- und MenschenrechtsaktivistInnen).

Serbien hält immer noch einen Schlüssel zur Lösung des Konfliktes in der Hand. Die Stärkung einer demokratischen Opposition könnte daher mittelfristig der beste Weg sein, zu einer Entspannung der Konflikte in der Region zu kommen.

5. Öffentlichkeit und politischen Druck dafür schaffen, daß jetzt - nicht erst, wenn der Konflikt dort zur Gewalt eskaliert ist - die Situation in Montenegro und in Makedonien in den Mittelpunkt von Aufmerksamkeit gestellt wird. Dies stellte eine Antwort auf die - reale - Gefahr der Konfliktaus-weitung auf diese Regionen dar, die wie oben dargelegt in unseren Augen unabhängig davon besteht, ob dem Kosovo Souveränität zuerkennt wird oder nicht. Es ist in der Zivilen Konfliktbearbeitung längst ein "alter Hut", daß Prävention leichter als Intervention in gewalt-same Konflikte ist. Dennoch fehlt es hier einmal wieder an "early action".

24. März 1999, 10.00 Uhr

Ansprechpartnerin beim Bund für Soziale Verteidigung in Sachen Kosovo:

Christine Schweitzer

Hausanschrift Telefon Fax Bankverbindung Ringstr. 9a - 32427 Minden 0571/29456 0571/23019 Sparkasse Minden - Lübbecke

BLZ 49050101 - Kto. 89420814 Postanschrift Internet E-Mail-Anschrift Postfach 2110 - 32378 Minden http://www.dfg-vk.de/bsv BSV@bionic.zerberus.de

*) Trägerorganisationen im Bund für soziale Verteidigung: Aktionsgemeinschaft Friedenswoche e.V., Bildungs- und Begegnungsstätte für gewaltfreie Aktion - Kurve Wustrow, Bündnis 90/Die Grünen, Bündnis 90/Die Grünen Kreisverband Minden-Lübbecke, Deutsche Friedens-Ge-sellschaft/Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen, Evangelische Arbeits-gemeinschaft zur Betreuung der KDV in der Bundesrepublik Deutschland, Frauennetzwerk für Frieden, Friedensausschuß der Religiösen Gesellschaft der Freunde (Quäker), Internationaler Versöhnungsbund Deutscher Zweig, JUSOS Bundesverband, Landesarbeitsgemein- schaft der Christinnen und Christen bei Bündnis 90/Die Grünen NRW, Bündnis 90/Die Grünen Niedersachsen, Netzwerk Friedenssteuer, OHNE RÜSTUNG LEBEN, Pädagoginnen und Päda-gogen für den Frieden, Pax Christi, Gruppe für eine Schweiz ohne Armee, SJD - Die Falken Bez. Braunschweig, Werkstatt für gewaltfreie Aktion, Baden

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