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KOSOVO Antikriegsseite

George Pumphrey, Bonn, 29.3.99
Mitarbeiter im Pressebüro
der PDS im Bundestag

Hände weg von Jugoslawien!

Die Westeuropäer waren schon immer sehr überzeugt von ihrem "Recht" andere Völker ihrem Willen zu unterwerfen. Früher wurde das mit dem Christentum gerechtfertigt. Wenn die Spanier z.B. ein neues Land "entdeckten", lasen sie den Menschen, die dort lebten, Texte wie diesen vor:

"Ich flehe Euch an, die Kirche als Eure Mutter und - im Namen des Papstes - den König als den Herrn Eures Landes anzunehmen und seinen Anordnungen zu folgen. Wenn Ihr es nicht
tut, dann sage ich Euch: mit Gottes Hilfe und mit Gewalt werde ich gegen Euren Willen bei Euch eindringen. Ich werde Krieg führen überall und mit allen Mitteln. Ich werde Euch dem Joch der Kirche und des Königs unterwerfen und Ihr werdet ihnen gehorchen. ... Für den Tod und die Verwundungen, die Ihr von nun an erleiden müßt, seid Ihr selbst verantwortlich und nicht der König oder die Gentlemen, die mich begleiten."

Heute heißt es nicht mehr Kirche und König sondern "westliche Werte" und "Freier Markt".

Wie in den Zeiten der Conquistadores ist dem Krieg gegen ein militärisch schwächeres Volk ein Ultimatum vorausgegangen. Ein Ultimatum, von dem der Absender im voraus wußte, daß es unannehmbar ist für ein Volk, daß seine Würde und Souveränität nicht aufzugeben bereit ist.

Am 13. Oktober letzten Jahres wurde zwischen dem US-Sonderbotschafter Richard Holbrooke und dem jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic ein Abkommen über die Autonomie des Kosovo besiegelt. Dieses Abkommen sah den Rückzug serbischer Sicherheitskräfte vor, Verhandlungen und Überwachung durch die OSZE. Die serbische Seite reduzierte im Kosovo ihre Truppenstärke auf das vereinbarte Niveau. Die UCK - die von diesem Abkommen nicht betroffen war - verstärkte ihre Provokationen und Angriffe gegen die verbliebenen serbischen Sicherheitskräfte und gewann an Boden.

Der Bruch dieses Abkommens kam als Folge dessen, was als "Racak Massaker" Mitte Januar durch die Presse ging. Was tatsächlich in der Umgebung von Racak stattfand, ist noch unklar. Sicher ist, daß ein Fernsehteam von AP am besagten Tag dabei war und die Kämpfe zwischen den serbischen Sicherheitskräften und der UCK filmte. Diese Journalisten hatten nichts von einem Massaker in dem Dorf gesehen noch gehört solange die serbischen Sicherheitskräfte anwesend waren. Ebenso wie Vertreter der OSZE, die keine auffälligen Vorkommnisse meldeten. Sicher ist, daß OSZE-Vertreter von einer "Inszenierung des Massakers durch die albanische Seite" ausgingen und eine Ablösung des Leiters der OSZE-Beobachtermission William Walker forderten, der ohne Überprüfung beim ersten Anblick der Toten von einem Massaker durch die Serben sprach, eine Version, die fortan von den meisten Medien kolportiert wurde. Sicher ist, daß die Herausgabe des Berichts der Pathologen bis zu einem politisch
günstigeren Zeitpunkt verzögert wurde. Und sicher ist, daß auf die finnische Pathologin Helena Ranta enormer Druck ausgeübt wurde. Sie mußte - der Berliner Zeitung zufolge - "immer wieder Anweisungen aus der großen Politik entgegennehmen, vor allem seitens der deutschen Regierung." Und sie hatte versprochen, bei der Beantwortung von Fragen "die Anweisungen des deutschen Botschafters zu befolgen". Sicher ist auch, daß der Befund der Pathologen ge-
heim bleiben soll. Das deutsche Auswärtige Amt, das den Befund entgegennahm, erlaubte lediglich, daß aus der 21 Kilogramm schweren Expertise des finnischen Teams eine Interpretation auf 5 Seiten zusammengefaßt und veröffentlicht wurde. Auffällig war, daß die Medien, nachdem sie die Serben wieder mal als Bestien der öffentlichkeit präsentiert hatten, weitestgehend schwiegen, als es an die Aufklärung ging. Und auch dies sollte zu bedenken geben: Einen Tag vor dem sogenannten Massaker von Racak, warnte Madeleine Albright ihre "Crisis Management" Kollegen, daß das Abkommen zwischen Holbrooke und Milosevic "umittelbar vor dem Bruch steht". (NYT 19.1.99)

Die USA und ihre NATO-Partner nahmen - wie vorauszusehen war - das sog. Massaker zum Anlaß, um Jugoslawien mit Krieg zu drohen. Sie stellten der Jugoslawischen Regierung ein Ultimatum: entweder sie unterschrieb ein von der Kontaktgruppe erarbeitetes Dokument oder
Jugoslawien werde bombardiert. Die "Verhandlungen" die dazu dann in Rambouillet stattfanden waren keine. Die Kontaktgruppe, zu der bekanntlich Rußland gehörte, wurde de facto ausgeschaltet und die USA diktierten.

Zur jugoslawischen Delegation in Rambouillet gehörten neben den Regierungsvertretern auch Vertreter 7 verschiedener im Kosovo lebender Nationalitäten: Serben, Montenegriner, Albaner, Muslime, Türken, Roma und Ägypter. Die jugoslawische Delegation unterschrieb gleich zu Beginn der "Verhandlungen" in Rambouillet das politische Abkommen (principles) wie es von der Kontaktgruppe erarbeitet und vorgelegt worden war und forderte die Vertreter der UCK auf, ebenso zu unterschreiben. Diese weigerten sich jedoch. Das war von den USA nicht vorgesehen, denn sie wollten das Scheitern der Verhandlungen den Jugoslawen anlasten.

Die US-Delegation in Rambouillet erweiterte das Dokument der Kontaktgruppe so, daß es die militärische Besetzung Jugoslawiens durch NATO-Truppen vorsah. Dieser Teil war nie in der Kontaktgruppe diskutiert worden. Von dem erweiterterten Teil bekam die jugoslawische Delegation jeweils nur die Teile vorgelegt, die sie eventuell annehmbar finden konnten. Erst am vorletzten Tag der "Verhandlungen" erhielten sie den gesamten Text, der offensichtlich den Wünschen der Kosovo-Albaner entsprach. Für die jugoslawische Seite war er unannehmbar, es hätte die Aufgabe der staatlichen Souveränität Jugoslawiens bedeutet.

Die USA stellten dann in Paris das endgültige Ultimatum: entweder Jugoslawien unterschreibt das erweiterte Dokument - oder die NATO bombardiert.

Belgrad sollte einer militärischen Besetzung durch 28,000 NATO Truppen zustimmen. Während sich serbische Sicherheitskräfte fast vollständig aus dem Kosovo zurückziehen sollten, sollte die UCK lediglich erklären, sich ein bißchen zu entwaffnen. Wider jedes
Völkerrecht sollte Kosovo als Protektorat durch die NATO kontrolliert werden. Die UNO sollte keine Rolle spielen, außer daß der Sicherheitsrat "eingeladen" wurde, in einer Resolution dieses Abkommen zu begrüßen.

Das Abkommen sieht außerdem vor, die "freie Marktwirtschaft" einzuführen. Es erlaubt weitgehende politische Einflußnahme von Bürgern des Kosovo auf die Politik der Bundesrepublik Jugoslawien, aber verbietet jede Beeinflussung der Angelegenheiten des Kosovo durch die jugoslawische Regierung. Dem Leiter der OSZE/EU Implemention Mission sollten quasi diktatorische Möglichkeiten eingeräumt werden, denn er könnte - wo und wann es ihm wichtig erscheint - Anordnungen verfügen. Er könnte also, wie in Bosnien, gewählte oder ernannte Beamte nach seinem Gutdünken absetzen.

Das, was von der jugoslawischen Delegation in Paris verlangt wurde, war nichts anderes als die Einwilligung in die bedingungslose Kapitulation.

Die Medien berichteten natürlich von der Weigerung der jugoslawischen Regierung dieses Abkommen zu unterschreiben aber unterließen es, der Öffentlichkeit die Gründe der jugoslawischen Regierung darzustellen. Die Menschen, die auf die Massenmedien angewiesen
sind, konnten nicht verstehen, was in Rambouillet und Paris abgelaufen war, konnten nicht erkennen, daß es sich hier nicht um Verhandlungen, schon gar nicht um Friedensverhandlungen drehte, sondern um ein Diktat. Bezeichnend für die heutigen gleichge-
schalteten Medien ist auch, daß sie es nicht für nötig hielten zu berichten, daß die jugoslawische Seite sich in Rambouillet darüber beschwerte, daß sie nicht direkt mit der Delegation der Kosovo-Albaner verhandeln konnte. Im Gegenteil, die Berichterstattung er-
weckte den Eindruck, als weigerten sich die Serben mit den Albanern zu sprechen. Als dann nach einigen Tagen doch noch direkte Gespräche zwischen Serben und Albanern zustandekamen, verkaufte Madeleine Albright dies als ihren persönlichen Erfolg.

Was jetzt auf dem Balkan geschieht, gibt uns einen Vorgeschmack auf das, was Globalisierung für schwächere Nationen, für viele Völker tatsächlich bedeutet. Es geht hier um eine "Neue Weltordnung", eine Rekolonialisierung mit modernerem Vokabular.

Das Hauptinstrument für die Durchsetzung dieser Weltordnung soll die NATO werden. Deren Abkürzung steht seit dem Angriff auf Jugoslawien für nichts anderes als Nord Atlantische Terror Organisation.

Zu ihrem 50. Jahrestag im April wird die NATO ihre Charta ändern. Nicht mehr territoriale Grenzen der Mitgliedstaaten sollen verteidigt werden, sondern ihre weltweiten "Sicherheitsinteressen". Zum Schutz der "Menschenrechte" natürlich, besonders des Menschenrechts auf freie Marktwirtschaft, des freien Zugangs zu Märkten und Rohstoffen und des Rechts auf ungehinderte gobale Operationen der US-amerikanischen und westeuropäischen Großunternehmen.

Es geht auf dem Balkan weder um Menschenrechte, noch um "humanitäre Katastrophen". Es geht um die Globalisierung des NATO-Einsatzgebietes und die Abschaltung der UNO als Konfliktregelungsforum. Jugoslawien ist das letzte Land Europas außerhalb der Grenzen der ehemaligen Sowjetunion, das sich dem Diktat der transnationalen Konzerne und der NATO widersetzt. Es muß mit allen Mitteln in die Knie gezwungen werden.

Als die NATO nach dem Zerfall der Warschauer Vertragsstaaten eine Rechtfertigunng für die eigene Fortexistenz suchte, gab sie vor, sich dem "Kampf gegen den Terrorismus" zu widmen. Aber auch heute benutzt sie Terroristen, diesmal die Terroristen der UCK, um ihre
strategischen Ziele durchzusetzen.

UCK und NATO verfolgen zwar unterschiedliche Ziele, die einen ein Großalbanien, die anderen die Globalisierung der NATO, aber beide benötigen dazu die Zerschlagung und die Besetzung Restjugoslawiens. Die UCK braucht die NATO, weil sie militärisch nicht in der Lage ist, die Regierung Jugoslawiens zu besiegen. Die UCK benötigt Massaker und Flüchtlinge, um die NATO herbeizurufen. Die NATO bombt Jugoslawien, aber das genügt der UCK nicht. Sie will NATO-Bodentruppen. Die NATO zögert und die UCK liefert den gleichgeschalteten Medien inflationäre Zahlen von Flüchtlingen und Massakern. Und mit diesen bombardieren die Medien die Öffentlichkeit der NATO-Staaten in die Akzeptierung einer Ausweitung des Krieges. - Und übrigens: wenn man dem deutschen Kriegsminister Scharping in den letzten Tagen zuhört, hat man das Gefühl, er ist der Sprecher der UCK. Er wiederholt nicht nur jede Propaganda der UCK sondern er benutzt bewußte Falschdarstellungen. So machte er in einer Talkshow gestern abend aus der bisher gehandelten und bis heute nicht bewiesenen Zahl von 8 Tausend in Srebrenica massakrierten Muslimen, gleich 30.000. Kriegsminister Scharping schreckt nicht
mal mehr vom Sprachgebrauch des deutschen Faschismus zurück, wenn er von der "serbischen Fratze" spricht. Ein Propagandaministerium ist heute gar nicht mehr nötig. Die Kriegspropaganda wird kostensparend vom Kriegsminister selbst übernommen.

Das Leiden der Bevölkerung des Kosovo ist für die Kriegstreiber der NATO und der UCK doch nur noch nützlicher Vorwand.

Ich hatte in meiner politischen Laufbahn mit vielen Befreiungsbewegungen aus der ganzen Welt zu tun, keine hat sich mit Drogengeldern finanziert. Im Gegenteil, alle haben gegen die Zerstörung der Jugend ihrer Länder durch Heroin gekämpft.

Was für eine "Befreiungsbewegung" aber ist die UCK, die ihren Kampf mit Heroinschmuggel finanziert? Dies wissen alle westlichen Geheimdienste und die Medien berichten davon. Die UCK wird nicht nur durch die albanische Mafia sondern auch durch westliche Geheimdienste, allen voran durch BND, MAD und CIA aufgerüstet, ausgebildet und finanziert. Das ist alles in Veröffentlichungen nachzulesen. Am Wochenende meldeteten schweizer Zeitungen, daß die UCK besonders in den letzten Monaten deutsche Waffen erhielt.

Das erstaunliche ist nur: Keinen der Menchenrechtskreuzzügler aus den westlichen Staaten scheint dies zu stören. Ehemalige Linke befinden sich heute auf der gleichen Wellenlänge wie Drogenmafia, BND und CIA. Oder sind sie wirklich so naiv?

Die Unterstützung der UCK - auch durch viele ansonsten linksdenkende Menschen - errinnert mich sehr an die Unterstützung der Mudjahedin in Afghanistan Anfang der 80iger Jahre. Wer genauer hinschaute konnte auch damals schon wissen, wie die Mudjahedin - einmal an die Macht gekommen - handeln werden. Die Mudjahedin wurden z.T. von den gleichen Geheimdiensten unterstützt wie heute die UCK. Damals war der afghanische Drogenhandel der bedeutendste weltweit, heute ist es der albanische. Teile der Grünen und Linken unterstützten die Mudjahedin nur, weil sie gegen die UdSSR kämpfte. Über diese Unterstützung wird heute peinlichst geschwiegen.

Nichts aus der Geschichte lernend unterstützen zum Teil die gleichen Menschenrechtler heute die UCK, nur weil sie gegen die Serben kämpfen. Sollte es diesen Menschenrechtlern aber nicht zu Bedenken geben, daß sie auf der gleichen Seite stehen mit jenen, die zum dritten Mal in diesem Jahrhundert den serbischen Erbfeind bombardieren?

Die Stärke der Linken in den westlichen Ländern war einmal, daß sie skeptisch hinterfragte, was von den Massenmedien verbreitet wurde, und was den Regierungen als Rechtfertigung zur Durchsetzung ihrer Interessen diente. Heute spielen sich die quasi-totalitär gleichgeschalteten Medien ungehindert zu Meinungsrichtern auf und führen den totalen Medienkrieg, nach Goebbelschem Grundsatz, daß eine Lüge desto glaubwürdiger wird, je öfter man sie erzählt.

Nach dem Motto: Macht besteht darin, Realität zu definieren und sie durch Handeln in die gewünschte Richtung zu bewegen" haben die Meister der veröffentlichten Meinung es verstanden, unser ehemals progressives Vokabular für ihre Zwecke zu vereinnahmen.

Progressive Begriffe von gestern wie "Selbstbestimmungsrecht" - als es um Antikolonialismus ging - werden heute in ihrer Auswirkung ins Gegenteil gewandelt, um neue Apartheid-Situationen ungeniert zu rechtfertigen.

Ähnlich mit dem Begriff "Menschenrecht": früher geltend als Kampfbegriff gegen Kolonialismus, Apartheid, Sklaverei und Ausbeutung, für die Anerkennung als Mensch (im Gegensatz zum "Untermenschen") als gleichwertiges Subjekt in der politischen und gesellschaftlichen Entwicklung der Welt, wird er heute selektiv für eine Bevölkerungsgruppe reklamiert und einer anderen faktisch abgesprochen, indem sie als sprach- und rechtloses Objekt des Weltgeschehens vom elitären "Klub der Menschheit" ausgegrenzt bzw. ferngehalten wird.

Ein Großteil der Linken hat zugelassen, daß Menschrechte von den Imperialisten und ihren Medien definiert werden und als Knüppel gegen andere Völker, je nach Interessenslage benützt werden. Mit dem Krieg der NATO gegen Jugoslawien wird es höchste Zeit, daß all jene, denen es wirklich um Frieden und Gerechtigkeit geht, sich nicht länger von Politikern und Medien, von den Interessensvertern der NATO und des Freien Marktes, Menschenrechte buchstabieren las-
sen!

Ein wesentlicher Aspekt der Außenpolitik der BRD für den Balkan ist ethnisch begründet. Diese "völkische" Herangehensweise setzt voraus, daß Völker verschiedener Ethnien nicht in Frieden (weiter) leben können. Das Motto "ein Volk, eine Führung, ein Boden" scheint sich wieder durchzusetzen. Aber völkisch will man es heute natürlich nicht mehr nennen, man nennt es "ethnisch" damit es besser zur Waffe "Menschenrechtspolitik" paßt. Diese völkische Poli-
tik führt nicht nur auf dem Balkan zu einer Katastrophe. Was wäre wenn sie sich in den anderen Vielvölkerstaaten durchsetzen würde wie Frankreich, Großbritannien, Spanien und Italien? Dies ist Apartheidpolitik auf Europäisch.

Das völkische Denkmuster führt unweigerlich in die Aufteilung in "gutes" und "böses" Volk, in ein Volk mit "Menschen"rechten und eines ohne, wie die "internationale Gemeinschaft" bereits mit Bosnien vorgeführt hat und heute mit dem Kosovo tut. Die Designierung eines bösen Volkes und die einseitige Parteinahme von außen mußte den Krieg anheizen und ging soweit, daß allein die Reklamierung der Rechtengleichheit für alle Beteiligte als "pro-serbisch" diffamiert wird.

Meine Heimatstadt Washington DC, die Hauptstadt der USA ist zu 80% schwarz. Wenn die 80% beschließen, sie wollen nicht mehr den "weißen" USA angehören, sondern sich mit Afrika verbünden? Oder große Teile des Südwestens der USA, die mehrheitlich Chicano sind,
möchten sich Mexiko zuschlagen, oder Miami Cuba?

Oder gar: Was wäre, wenn die Deutschen in den Grenzregionen Polens ihre Sezession und Anschluß an Deutschland proklamierten?

"Ethnisch" alles nachvollziehbar oder zu rechtfertigen? Oder anders gefragt: wann und wo sollen wir völkische Politik gutheißen oder "ethnische" Lösungen unterstützen, wo und wann nicht? Oder muß linke Politik nicht eine ganz andere Ebene beschreiten? Die Ost-West-Konfrontation wurde durch "ethnischen Konflikt" ersetzt und im internationalen Denken als maßgebliche politische Kategorie inzwischen etabliert. Wie oft werden derartige Konflikte jedoch vorgeschoben und bewußt geschürt um ganz andere Machtinteressen zu
kaschieren und zu verfolgen?

Das Erschreckende dabei ist doch, daß auch für einen Großteil der Linken der Balkan nur noch in "Ethnien" existiert und grundlegende Widersprüche, die für jede Gesellschaft gelten, keinerlei Bedeutung auf dem Balkan mehr haben sollen: z.B. Widersprüche innerhalb der "Volksgruppen" selbst zwischen Friedensbewegten und Kriegstreibern, zwischen den Kompromiß Suchenden und jenen, die jeden Kompromiß von vorneherein ausschließen, zwischen Arm und Reich, Links und Rechts....

Gerade Linke in Deutschland hätten jeden Grund skeptisch gegenüber völkischen, "ethnischen" Erklärungen, Denkmustern und "Lösungen" zu sein. Nach all den leidvollen Erfahrungen dieses Jahrunderts muß die Linke offensiv Internationalismus und Völkerverständigung am Ende des Jahrhunderts fordern und auf die Tagesordnung des
kommenden Jahrhunderts setzen. Deshalb müssen wir uns massiv diesem Krieg gegen Jugoslawien widersetzen.

Das Anwenden zweierlei Maßstäbe für sich selbst und für schwächere Nationen wird heute in den stärkeren und starken Nationen - weitgehend kritiklos hingenommen. Während die USA, Deutschland, Großbritannien und Frankreich u.a. serbische Polizeiaktionen gegen
Terroranschläge albanischer Sezessionisten verurteilen, kommt keiner auf die Idee Großbritannien nach seinen Armeeaktionen gegen die Nordiren oder französische Polizeiaktionen gegen terroristische korsische Seperatisten, oder den spanischen Natosekretär
Solana nach Spaniens dreckigem Krieg als Antwort auf terroristische Anschläge im Baskenland zu fragen.

Keine dieser Staaten duldet eine Gewaltanwendung gegen ihren jeweiligen Staatsapparat ohne massiv dagegen vorzugehen - und daß die BRD diesbezüglich nicht gerade zimperlich ist, braucht nicht ausgeführt zu werden. Unter Berufung auf nebulöse "Menschenrechte," die weder für alle noch überall reklamiert werden, werden vorhandene völkerrechtliche Verträge und internationale Normen außer Kraft gesetzt und ein Gesetz-des-Dschungels gegen schwächere Länder eingeführt.

Und daß es der deutschen Regierung und der NATO schon gar nicht um Menschenrechte oder um die "Abwendung einer humanitären Katastrophe" geht, zeigt sich doch an ihrer Behandlung der Türkei und die dortige Situation der kurdischen Bevölkerung.

Daß die serbische Regierung ihren Teil Schuld trägt, daß der Konflikt eskalierte, ist - denke ich - unumstritten. Aber die Regierung hat nicht in einem luftleeren Raum gehandelt. Was wäre denn die Antwort jeder anderen Regierung gegenüber jeder anderen sezessionistichen Bewegung die Gewalt anwendet? Dies entschuldigt in keiner Weise Menschenrechts- verletzungen, die auf beiden Seiten verübt werden.

Solange die Bundesrepublik noch als Folge des deutschen Faschismus eingebunden war in die Nachkriegsordnung, wie waren sich deutsche Politiker doch einig gewesen, daß nie wieder Krieg von deutschem Boden ausgehen darf! Der deutsche Kanzler betonte aus Anlaß der
Einverleibung der DDR: "Wir sind uns bewußt daß die Unverletzlichkeit der Grenzen und die Achtung der territorialen Integrität und Souveränität aller Staaten in Europa eine grundlegende Bedingung für den Frieden ist."

Ein sozialdemokratischer Kanzler hätte es damals nicht anders formuliert. Was aber hat sich denn geändert, daß dies nicht mehr gelten soll? Es ist schon bemerkenswert, daß gerade eine sozialdemokratische Regierung mit grüner Hilfe dem Weltgendarm USA hinterherhechelt und dieses schmutzigste aller Geschäfte erledigt: den Aggressionskrieg gegen einen souveränen Staat.

Noch vor wenigen Jahren hatten sie alle erklärt, von links bis rechts, daß allein schon aus historischen Gründen eine deutsche Beteiligung an Militäraktionen gegen Jugoslawien niemals in Frage käme. Als Folge der deutschen faschistischen Aggression, hatte Jugoslawien 1,7 Millionen Tote zu beklagen.

Daß die Sozialdemokraten jedesmal vor Aufrüstung und Krieg versagten ist bekannt. Wo ist es aber geblieben das Geschichtsbewußtsein der Grünen, allen voran des Grünen Außenministers? Wo ist er geblieben der Antikriegskonsens der Grünen Oppositionsjahre?

Es lohnt sich daran zu erinnern, was ein Joschka Fischer noch im Dezember 94 von sich gab. Als es damals um den Bürgerkrieg in Bosnien ging meinte er: (Ich zitiere)

"Das ist mein Problem .. wenn ich sehe, wie die Bundesregierung den Bundestag an der Nase, an der humanitären Nase, in den Bosnienkrieg führen will." "Ich finde es nur falsch, die Moral im Kurzschluß mit Fragen von Krieg und Frieden zu verbinden, ohne das Moment des nationalen Interesses zu berücksichtigen. .... Für die Zukunft sehe ich die erhebliche Gefahr, daß die Bundesregierung, Koalition und Generalität nach den Gesetzen der Salamitaktik Anlässe suchen oder Anlässe schaffen werden, um die Barrieren abzuräumen, die es gegenüber den militärischen Optionen der Außenpolitik des vereinten Deutschland noch gibt. Als Vehikel dienten dabei die Menschenrechts- und die Humanitätsfrage."

Wir sind in Deutschland nicht gerade gesegnet mit einer pazifistischen Tradition ... Jenseits aller Taktik lautet für mich die entscheidenden Frage einer grünen Außen- und Sicherheitspo-
litik: wie kann eine pazifistische und antinationalistische Partei eine Politik zur Verteidigung bedrohter Menschen und ihrer Rechte entwickeln, ohne dabei ihre gewaltfreien Grundsätze
aufzugeben?"

Nun, die Barriere gegenüber den militärischen Optionen der Außenpolitik existiert für den Außenminister Joseph Fischer nicht mehr. Und entscheidende Fragen zu einer Grünen Außen- und Sicherheitspolitik muß sich der Herr, als Mitglied eines deutschen Kriegskabinetts nicht mehr stellen. Erklärte er doch letzte Woche: "Ich mache keine grüne Außenpolitik. Ich bin der Außenminister der Bundesrepublik Deutschland und mache deutsche Außenpolitik." (Stern,
24.3.99).

Sollen wir daraus schließen, daß, nachdem die Nachkriegsordnung überwunden ist, deutsche Außenpolitik Militäraggressionen und Kriege wie selbstverständlich miteinschließt?

Dieser Außenminister sollte abdanken.

Die Friedensbewegung muß wachsen. Sie hat in den 80iger Jahren gezeigt, wie mächtig sie werden kann. Damals war ihre große Stärke die massive Aufklärungskampagne, die sie in allen gesellschaftlichen Bereichen geleistet hat. Sie zwang die Medien objektiver zu berichten. Das müssen wir wieder erreichen. Wir dürfen nicht länger zulassen, daß die Medienbericht- erstattung es sich zur Maxime macht,"das zu fressende Lebewesen muß böse sein", wie Theodor Adorno es ausdrückte.

In den 80iger Jahren ging es darum, nukleare Aufrüstung zu verhindern. Heute ist unser Kampf noch dringender: seit einer Woche wird ein souveränes Land bombardierd. Wir müssen so stark werden, daß die NATO-Regierungen keinerlei Unterstützung bei den Völkern finden. Die Kriegspolitiker und ihre Medientruppenteile müssen isoliert werden.

Hands off Yugoslavia!

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