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KOSOVO Antikriegsseite


Aufruf zu humanitaerer Hilfe fuer die Opfer der NATO - Bombenangriffe

von Horst Bethge

Vom 23. - 28. 5. 99 war ich mit KollegInnen der GEW, der IG Medien, der IG Metall und aus dem Chemiebereich in Novi Sad, Belgrad, Kragujevac, Nis und Aleksinac. (Obwohl geplant, verzichteten wir wegen des Dauerbombardements und des Buergerkrieges direkt in den Kosovo zu fahren). Wir haben Betriebe aller Art, Schulen, Hochschulen, Krankenhaeuser, Arbeiterwohngebiete, TV - Stationen und die Gedenkstaette in Kragujevac besucht und unzaehlige Gespraeche mit der Bevoelkerung, mit KollegInnen aus den Betrieben und Einrichtungen, LehrerInnen, Professoren, JournalistInnen, SchuelerInnen und Mittelstaendlern fuehren koennen. Wir sind mit GewerkschaftskollegInnen aus den Betrieben und Einzelgewerkschaften sowie des serbischen Gewerkschaftsbundes von der Abteilungs-, Betriebs-, Orts-, Provinz- und Bundesebene zusammengetroffen, darunter auch mit Vertretern mehrerer "unabhaengiger Gewerkschaften". Wir haben ausfuehrliche Gespraeche mit Vertretern der demokratischen Opposition aus Menschenrechts- und Friedensgruppen, aus intellektuellen Zirkeln und der Neuen Gruenen Partei gehabt.

Alle haben uebereinstimmend gesagt: Vergesst uns nicht! Warum behandeln uns alle wie Aussaetzige, nur weil wir in Serbien leben! Erzaehlt, was Ihr hier gesehen und gehoert habt! Das Bombardement muss sofort aufhoeren, je eher, desto besser! Vertraut uns doch, dass wir unsere eigenen Angelegenheiten schon regeln koennen! Ihr sagt, der NATO - Angriff gilt Milosovic, aber getroffenen Opfer sind wir!

Davon konnten wir uns selbst ueberzeugen:

  • Es fehlt an Medikamenten, auch als Folge des Embargos.
  • Krankenhaeuser werden, auch z. T. mehrfach, punktgenau getroffen.
  • Seit dem 24. 3. findet Schulunterricht und Hochschulbetrieb nicht mehr statt. Niemand kann verantworten, dass sich 3o Kinder und Jugendliche in einem Raum aufhalten, denn die Missiles oder Splitterbomben koennen jederzeit an jedem Ort einschlagen.
  • Bei z. T. tagelangem Luftalarm hocken alle Kinder in improvisierten Luftschutzkellern.
  • Schulen und Hochschulen sind oft auch mehrfach bombardiert worden.
  • Da alle grossen Fabriken, auch der Nahrungs- und Zigarettenindustrie und die Fabrik fuer orthopaedische Hilfsmittel und die groesste Pumpenfabrik des Balkans, zerstoert wurden, haben Hunderttausende ihre Arbeit verloren. Alleine in Kragujevac (Autowerk "Zastava" mit 38 000 Beschaeftigten in der Stadt mit 200 000 Einwohnern).
  • Ein auf diese Weise arbeitslos gewordener erhaelt DM 10.- mtl. Arbeitslosenunterstuetzung pro Familie. Staatliche Grossbetriebe, wie z. B. Zastava, legen aus betrieblichen Sozialkassen mtl. DM 25.- pro Beschaeftigten dazu.
  • Viele Lehrwerkstaetten sind zerbombt. So endete bei Zastava die Ausbildung von 1200 Lehrlingen abrupt.
  • Da systematisch E- und Wasserwerke sowie Pumpstationen zerbombt werden, fallen stunden- oder tageweise und zunehmend ganz Strom und Wasser aus. Werden Leitungen geflickt, reicht es nicht bis ins 8. oder 16. Stockwerk.
  • Immer mehr zivile Opfer liegen in Krankenhaeusern, darunter auch solche mit Verstrahlungen aus abgereichertem Uran und aus unbekannten Qellen.
  • In Pancevo (Chemie- und Mineraloel - Komplex) sind 80 0er Blutspenden wegen toxischer Belastungen nicht brauchbar.
  • Ganze Fabrikareale und Wohngebiete sind wegen Kassetten - Splitterbomben- Blindgaengern nicht betretbar. Das soll zunehmed gerade auch fuer das Kosovo gelten.
  • Rentner erhielten jetzt ihre Januarrente, LehrerInnen und ProfessorInnen jetzt ihr Februar - Gehalt. In Deutschland erworbene Renten ehemaliger Gastarbeiter werden nicht nach Jugoslawien ueberwiesen.

Die NATO und mit ihr die Bundesregierung fuehren einen Terrorkrieg gegen die Bevoelkerung Jugoslawiens, unterschiedslos gegen Oppositionelle und Regierungstreue, gegen Serben, Albaner, Ungarn, Roma und Sinti, gegen alle der 26 dort lebenden Ethnien. Schon jetzt werden die angerichteten Schaeden fuer groesser gehalten als alle Zerstoerungen im 2. Weltkrieg in Jugoslawien.

Das alles geschieht heute, bei Tag und bei Nacht. Das technokratische Wort "Kollateralschaden" verharmlost, verfaelscht, suggeriert einen sauberen Krieg, den es aber nicht gibt. Nur: Serbische Opfer kommen in den Massenmedien kaum vor, und wenn, dann als "Kollateralschaden".

Da zum dritten Mal in diesem Jahrhundert eine deutsche Regierung an Angriffen gegen Serbien beteiligt ist, sollten wir ein deutliches Zeichen setzen, dass das nicht in unserem Namen geschieht!

Da die serbischen KollegInnen nicht verstehen, warum wir sie scheinbar vergessen haben, sollten wir mit ihnen sichtbare Solidaritaet ueben und humanitaere Hilfe leisten. Humanitaet ist nicht teilbar. Natuerlich benoetigen auch die Fluechtlinge und Vertriebenen aus dem Kosovo, die in albanischen oder mazedonischen Lagern leben, diese Hilfe - die Bombenopfer in Serbien aber auch! Dazu rufe ich nachdruecklich auf!

Horst Bethge

Wir haben ein gemeinsames Spendenkonto eingerichtet: "Kragujevac!" (Josef Bergmann), Hamburger Sparkasse, Kto. Nr. 12 30 499 335 BLZ 200 505 50 (ein Konto im Auftrag der IG Medien in Hamburg)

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