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KOSOVO Antikriegsseite


Der Kosovo-Krieg als Ouvertüre künftiger Auseinandersetzungen

Wochenkommentar der Gruppe "Der revolutionäre Funke" vom 12.6.99

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.Obwohl noch niemand genau sagen kann, wie der künftige "autonome" Status der jugoslawischen Provinz Kosovo genau aussehen soll, obwohl bereits jetzt unter den europäischen Staaten der Streit darüber ausgebrochen ist, wer und in welchem Umfang den Wiederaufbau sowohl im Kosovo als auch in Serbien finanzieren soll, feiert die "internationale Staatengemeinschaft" das Einlenken Jugoslawiens und die Entsendung einer vom UN-Sicherheitsrat mandatierten "Friedenstruppe" als vollen Erfolg. Zwar hat man die offiziellen Kriegsziele nicht erreicht, - die Vertreibung der kosovarischen Bevölkerung wurde durch die NATO-Luftangriffe geradezu forciert und die Möglichkeit weiterer kriegerischer Konflikte, etwa in der Voivodina, dem Sandschak oder auch in Montenegro ist keineswegs gebannt - aber sowohl die USA als auch die Europäische Union haben dem Rest der Welt mit dem Kosovo-Krieg deutlich gemacht, wer künftig mit welchen Mitteln jede beliebige Gegend der Welt zu seinem Einflußgebiet machen wird. Mit der Verhandlungslösung am Ende des Konflikts haben die Europäer darüberhinaus demonstriert, daß sie bei der Befriedung unwilliger Regionen durchaus nicht auf die Kooperation mit Amerika angewiesen sind, sondern sich die nötige Anerkennung auch eigenständig zu verschaffen wissen.

Nachdem im März mit dem Beitritt Polens, der Tschechischen Republik und Ungarns die vor allem von den Amerikanern langersehnte Osterweiterung der NATO gelungen war, bildete der Kosovo Krieg gewissermaßen das Rahmenprogramm für den NATO-Gipfel Ende April und auch zu den Beratungen des EU-Gipfels in Köln, auf dem über eine gemeinsame Europäische Außen-und Sicherheitspolitik beraten und die Schaffung eines eigenen Europäischen Verteidigungsbündnisses beschlossen wurde. Der Zyniker würde das als praktische Argmantationshilfe bezeichnen.

Rußland steht am vorläufigen Ende dieses Krieges als gedemütigter Riese da. Die einstige Weltmacht hat für ein paar lumpige IWF-Kredite, derer sie aufgrund ihrer desolaten wirtschaftlichen Situation dringend bedurfte, den Balkan, der historisch zum panslawischen Kerngebiet gehörte, beinahe aufgegeben. Verzweifelt un dunter Einsatz aller militärischen Finesse ringt Rußland darum, wenigstens eine eigene Besatzungszone im Kosovo zu erhalten, um dort nicht völlig einflußlos zu werden. Seine wirtschaftliche Schwäche und politische Ohnmacht sind offenkundig geworden. Dieses an Rohstoffen reiche Land das jedoch weder über die politische noch über die wirtschaftliche Infrastruktur, ja nicht einmal über ein funktionierendes Steuersystem verfügt, um mit den führenden Industrienationen ernsthaft zu konkurrieren, ist in seinem ganzen Bestand abhängig vom Wohlwollen westlicher Kreditgeber. Aber Rußland ist eine Atommacht, deshalb und weil es den Weg an die kaukasischen und kasachischen Rohstoffquellen ebnen kann, wird Rußland auch in Zukunft der Zankapfel unter den neuen imperialistischen Hauptmächten Europa und Amerika bleiben.

Auch China wurde durch wirtschaftlichen Druck zum Stillhalten im Sicherheitsrat bewogen. Der Verzicht auf ein Votum gegen die Friedenstruppe wird ihm sicher mit der Aufnahme in die Welthandelsorganisation gedankt werden. Ein handfestes ökonomisches Argument zwingt auch die härtesten Ideologen in die Knie. Jedes kapitalistsiche Land, auch China, wird dort kooperieren, wo es sich den größten wirtschaftlichen Vorteil verspricht. Diesmal fand der sich eben nicht bei Rußland.

Der Kosovo-Krieg reiht sich ein in den kontinuierlichen Beginn einer neuen Ära der Weltpolitk: nicht etwa die der "universellen Menschenrechte", wie uns die Ideologen des Kapitals gerne glauben machen wollen, sondern eine neue Ära imperialistischer Kriege, die dazu dienen, die Machtverhältnisse auf diesem Globus für die Zeit nach der fast fünfzigjährigen Blockkonfrontation neu zu bestimmen. Während der Krieg gegen den Irak, der übrigens noch nicht beendet ist, die Generalprobe für die neue Rolle der USA als Weltpolizist war, hat sich diesmal auch Europa fit gemacht, um sein eigenes Spiel auf dem Weltparkett zu spielen. Wie haltbar dabei die Europäische Einheit ist, wird sich erst noch zeigen.

Mit jedem dieser Kriege tritt die Notwendigkeit der weltweiten Überwindung des kapitalistischen Systems als der alles dominierenden Wirtschaftsform deutlicher hervor. Die globale Konkurrenz der Staaten und Staatenbünde, der Unternehmen und Multinationalen Konzerne kann in jedem Augenblick ihre ganze zerstörerische Kraft entfalten. Welcher Mitbewerber mit welchem anderen koaliert ist dabei völlig offen und jedenfalls nicht irgendeinem moralischen Interesse geschuldet. Sie bestimmen die Sieger unter sich und verheizen uns dabei. In einem halben Jahr wird kein Mensch mehr von den armen Kosovo-Flüchtlingen sprechen. Bundesinnenminister Schily hat bereits angekündigt, daß sie ab dem Frühjahr 2000 in ihr Heimatland "zurückgeführt" sprich ausgewiesen und abgeschoben werden, wie vor zwei Jahren die Kriegsflüchtlinge aus Bosnien.

Nicht einmal in dem angeblich so rückständigen Afrika werden heute noch Kriege aus der Eitelkeit der Häuptlinge heraus geführt - regelmäßig haben große Konzerne ihre Hand im Spiel und "Bürgerkriege" brechen regelmäßig gerade in den rohstoffreichen Ecken des Kontinents aus.

Während uns die politischen Repräsentanten immer wieder erklären, daß ihre Weltordnung auf eine Art zivilsierten Großen Runden Tisch hinausläuft, an dem alle Staaten oder doch die maßgeblichen, miteinander über die Regulierung bzw. Deregulierung der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse sprechen, wo quasi alle miteinander dikutieren könnten, wird in Gremien wie der WHO oder den Treffen der G8 permanent Vorkrieg abgehalten. Der aktuelle Handelskrieg zwischen der EU und den USA ist dafür nur ein Beispiel. Dabei geht es um Marktpreise und Monopolstellungen und die Auseinadersetzungen werden mit allen Mitteln geführt. Daß es auch dabei früher oder später zu offenen kriegerischen Handlungen kommt, kann von niemandem ausgeschlossen werden.

Wer den Krieg bekämpfen will, muß das Wirtschaftssystem bekämpfen das ihn immer wieder hervorbringt. Dazu wird der individuelle Widerstand nicht ausreichen: sich nicht beteiligen, Kriegsdienst verweigern, sabotieren. Um nicht nur das eigene Gewissen zu befriedigen, sondern den Kapitalismus zu treffen, braucht man große Kanonen. Bescheidenheit ist hier fehl am Platze - der Feind ist weltweit organisiert und beweist uns jeden Tag, daß er den Ernstfall zum Regelfall machen kann, um sein System der Konkurrenz und des Profits zu retten. Die einzigen, die dem etwas entgegenzusetzen haben, sind die Proletarier aller Länder, sind diejenigen, die Fabriken bauen und die die Waffen herstellen, mit denen diese Fabriken später zerstört werden. Sie tun das nicht freiwillig, sondern um ihre Existenz als Lohnarbeiter zu sichern, die sie nur aufgeben können, indem sie das kapitalistische System gemeinsam zum Einsturz bringen. Ihre historischen Organisationen wurden durch den Faschismus, den Stalinismus und die Segnungen des Sozialstaates zerschlagen. Ihr Nationlismus und das grundloses Vertrauen in ihre Regierungen verhindern bislang, daß sie sich über die Ländergrenzen hinweg organisieren. Wir sind sicher, daß sie wie wir früher oder später erkennen, daß es zwischen zwischen imperialistischem Frieden und imperialistischem Krieg nichts zu wählen gibt.

"In Erwägung, daß Ihr uns dann eben
mit Gewehren und Kanonen droht,
haben wir beschlossen nunmehr schlechtes Leben
mehr zu fürchten als den Tod."(E.Mühsam)

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