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KOSOVO Antikriegsseite


Anti-Rassismus-AG
Diskussionsaufruf anläßlich des Krieges gegen Jugoslawien
 
Der Tod ist ein Meister aus Deutschland

Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen war nach dem 2. Weltkrieg Mainstream in der BRD-Bevölkerung, getragen auch von den konservativen Parteien, die jedoch schon bald mit der Wiederbewaffnung beginnen sollten. Während des sog. Kalten Krieges wurde den Siegermächten, einhergehend mit dem Beitritt zur NATO, das Recht auf eigene Waffen abgetrotzt. Die BRD durfte mit der Bundeswehr wieder eine eigene Armee aufbauen, deren Wurzeln in der Deutschen Wehrmacht nicht verleugnet werden konnten. Da die Nachkriegs-BRD jedoch fest im demokratischen, d.h. kapitalistischen Lager eingebettet war, war es durchaus erwünscht, daß der Frontstaat zum sozialistischen Lager sich bewaffnet.

Einzig der direkte Zugriff auf Atomwaffen wurde der BRD nicht zugestanden. Der erste Atomminister der BRD, Franz Josef Strauß, hat es jedoch erreicht, daß die sog. zivile Nutzung der Atomenergie großzügig ausgebaut werden konnte. Damit war die Formalität des direkten Zugriffs auf Atomwaffen nicht gegeben, die Option und das Know-How zum Bombenbau war jedoch installiert. Spätestens mit dem Zusammenbruch des sozialistischen Lagers und der Deutschen Wiedervereinigung, war die Zeit der Zurückhaltung jedoch vorüber. Die BRD hat ihre Großmachtphantasien wieder aus den Schubladen der Geschichte hervorgeholt und unterstützt ihre wirtschaftliche Vormachtstellung innerhalb Europas nunmehr auch mit militärischen Mitteln.

Angesichts der historischen Bedeutung der gegenwärtigen Etappe des BRD-Imperialismus, halten wir es für dringend geboten, die politischen Dimensionen des Krieges der NATO gegen Jugoslawien herauszuarbeiten und daran eine umfassende inhaltliche und praktische Perspektive zu entwickeln.

Die folgenden Thesen sollen ein Beitrag in diese Richtung sein:  

1. Neue Weltordnung

Der Krieg gegen Jugoslawien ist die zwangsläufige Fortführung der westlich-kapitalistischen Vorgehensweise zur weltweiten Durchsetzung ihres Wirtschaftssystems und die unverhohlene Drohung an alle Länder der Welt, doch bitte den richtigen Weg einzuschlagen.

Mit der Neufassung der NATO-Doktrin vom April diesen Jahres hat sich der westkap. Block die entsprechende politische Handlungsvollmacht selbst erteilt und im Fall Jugoslawiens dann auch umgesetzt: Die westlichen Industriemetropolen drohen der übrigen Welt militärische Zerstörung und deren Unterwerfung an, sollte sie sich den politischen Vorstellungen der Kernländer nicht freiwillig unterordnen, bzw. die wirtschaftlichen Eingriffe von Weltbank und IWF nicht zum gewünschten Erfolg führen.

Der jeweils vorgeschobene Grund für einen Militäreinsatz ist mehr oder weniger beliebig, je nach dem ob die Interessen Rußlands oder Chinas tangiert werden, kann mit oder ohne UN-Zustimmung zum militärischen Schlag ausgeholt werden. In Jugoslawien ist Rußland sehr stark betroffen, also mußte von dem bisherigen Modell des Angriffes unter UN-Mandat halt verzichtet werden, die Menschenrechte im Allgemeinen mußten für den militärischen Angriff als Begründung herhalten um der eigenen Bevölkerung die Dringlichkeit des Eingreifens zu begründen.

Dieses Vorgehen führt exemplarisch die Ernsthaftigkeit und Tiefe dieser globalen Diktatur vor. Die Würde des Menschen, seine Entwicklung in wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Belangen unterliegen nun ganz offen der Definitionsmacht und der Ausgestaltung kapitalistischen Verbrauchs und direkter Machtausübung über Länder mit anderen/eigenen Interessen.  

2. US-Amerikanische Interessen

Davon ausgehend, daß die USA kein Interesse an einem gleichwertigen wirtschaftlichen und militärischen Konkurrenten Europa hat, zeichnet sich dieses neue Weltgefüge als eine instabile Ordnung aus. Wenn die USA ihre hegemoniale Position behaupten will, braucht sie sowohl weiterhin ihre militärische Vormachtstellung auch in Europa, als auch die Dominanz auf diplomatischem Parkett. Solange die USA es schafft, Rußland zu brüskieren, kann sie die Spaltung Europas erhalten und einen Aufbau einer größeren Weltmacht, wie es ein vereinigtes Europa unter Einbeziehung Rußlands und der GUS-Staaten darstellen könnte, verhindern.

Unsere These ist, daß genau aus diesem Grunde der Kampf um Jugoslawien mit eben der festgestellten Härte seitens der USA geführt wird, z.B. durch die Forcierung der Option Bodenkrieg, des Angriffes auf die chinesische Botschaft oder die Anklage Milosevics als Kriegsverbrecher.

Die NATO ist also einerseits ein Zweckbündnis imperialistischer Mächte, die sich die Welt generell zum Untertan machen wollen. Andererseits werden im Zuge innerimperialistischer Konkurrenz die Widersprüche bei der Aufteilung der Welt zunehmen und künftig aus Kriegspartnern erbitterte Kontrahenten werden. Wenn die von der BRD gestartete Initiative des Ausbaues der Westeuropäischen Union (WEU) als europäischer NATOPfeiler in der von Schröder, Scharping und Fischer geforderten Qualität umgesetzt werden kann, bedeutet das nicht nur eine gigantische Aufrüstung, sondern real auch ein Stück Entmachtung der USA. Wie sich dieser Strategie deutscher Großmachtpolitik von linker Seite entgegengestellt werden kann, ist die große Frage, denn das nicht ausgesprochene Bündis der UnterstützerInnen dieser Anti-USA-Politik reicht von weit Links bis ganz Rechts und wie z.B. die Walser-Debatte gezeigt hat, haben unter solchen Vorzeichen vermutlich auch ehemals links-Intellektuelle keine Probleme mehr mit einer starken BRD.  

3. Geographische Interessen

Der Kampf um Jugoslawien ist seit langem ein verstecktes Machtspiel zwischen BRD und USA um die Hegemonie im Südosteuropa-Raum.

Nach dem Zusammenbruch von RGW / Warschauer Pakt betrieb die BRD zielstrebig die Zerschlagung der Bundesrepublik Jugoslawien und die Destabilisierung der Anrainerstaaten, während sich die USA zuerst aus eigenen geostrategischen Interessen um das genaue Gegenteil bemühten. Vor allem die Anerkennung und Aufrüstung Kroatiens zur Regionalmacht durch die BRD ließ ethnische Konflikte so stark eskalieren, daß die politische Option der USA zunichte gemacht wurde. Um einen deutschen Durchmarsch auf dem Balkan zu verhindern, griffen die USA in Bosnien-Herzegowina nachträglich militärisch ein und setzten sich in dem von Ihnen mitinitiierten Krieg gegen Jugoslawien als militärisch-politische Entscheidungsmacht in der Region somit unmißverständlich an die Spitze. Die von der BRD angeschobenen europäischen Friedensinitiativen sind nicht Ausdruck humanitärer šberlegungen, sondern der Versuch, die militärische Dominanz der USA in der Kriegführung durch die letzten Endes entscheidende ökonomisch-politische Dominanz der EU in der Wiederaufbauphase des Balkans auszuhebeln (geschätzte Kosten: mehrere hundert Milliarden DM). Wer letzten Endes Gewinner dieses innerimperialistischen Konfliktes sein wird, bleibt abzuwarten. Die Verlierer stehen jedoch schon fest. Nicht nur in diesem Zusammenhang ist es unser eindringlicher Wunsch an albanische KosovarInnen und SerbInnen, trotz und wegen des zugefügten Leids gemeinsam (!) mit uns gegen die Verursacher vorzugehen.  

4. [Schöne Aussichten...]

Die Dynamiken der beabsichtigten generellen Unterwerfung der Welt, sowie der zunehmenden innerimperialistischen Auseinandersetzungen, werden auch die Gesellschaft der BRD erfassen. Der staatlich betriebene Rassismus, die Repression gegen KurdInnen im Zusammenhang mit der "Festnahme A. ™calans, sowie die Funktionalisierung moralischer Kategorien wie Menschenrechte im Falle Jugoslawien, sind nur Vorboten eines extrem aggressiven und repressiven Gesellschaftssystems. Auch versteht es sich von selbst, daß der vor Jahren begonnene Umbau des Sozialund Wirtschaftsmodells der BRD weiter fortgesetzt werden muß, um die nötigen Ressourcen für die Expansion des deutschen Imperialismus freizusetzen.

[Papier zur Vorbereitung einer Konferenz am 24.6.1999 in Braunschweig]

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