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KOSOVO Antikriegsseite


Dichtung und Wahrheit zum grünen Kriegs-Dilemma

von Daniel Kreutz, MdL B90/Die Grünen

Das natotreue Führungspersonal der Bündnisgrünen inszeniert die Auseinandersetzung um den deutsch-gestützten Krieg gegen die Bundesrepubilk Jugoslawien als "Wertekonflikt". Hier stehe Menschenrechts- gegen Friedenspolitik, sagt man und trägt sorgenfaltig "innere Zerrissenheit" zur Schau, wenn man sich "in der konkreten Situation" zum Krieg der Nato als angeblicher Fortsetzung grüner Menschenrechtspolitik mit anderen Mitteln bekennt.

Intellektuell ist diese Inszenierung unerträglich. Vielleicht weniger für jene Spezies grüner "Karrieros", denen Politik egal ist, solange man damit etwas werden kann, und die die Nato womöglich wirklich für eine ideelle statt materielle "Wertegemeinschaft" halten. Auf jeden Fall aber für kritische Geister, die wissen, daß sich in allen Kriegen die tatsächlichen Motive hinter einer Legitimationspropaganda verschanz(t)en, die sich auf "allerhöchste Werte" beruft, auch wenn gerade diese vom selben Krieg zuerst gefressen werden. Gibt es eine fundamentalere staatliche Negation der Menschenrechte als den Krieg? Können nicht Menschenrechte nur gegen, aber nicht durch Staaten errungen werden, weil sie staatliche Gewalt begrenzen?

Es versteht sich, daß den Olivgrünen zur Darlegung von Sinn und Perspektive der täglich eskalierenden Bombardements nicht mehr einfällt als Nato-Sprecher Shea: Nichts. Aber das macht nichts. Die Überzeugungskraft des Arguments wird ersetzt durch die Durchsetzungskraft der Kleiderordnung. Der Mechanismus hat sich schon oft bewährt; in NRW zuletzt beim Garzweiler-Streit. Wer mag schon Recht haben wollen gegen die große Mehrheit des eigenen Führungspersonals, des grünen Segments der "regierungsfähig Verantwortung tragenden" politischen Klasse?

Joseph Fischer und manche seiner Epigonen - schon immer gut für Tacheles von parteirechts - lassen derweil keinen Zweifel daran, worum es ihnen tatsächlich geht: um "die Koalition". Gerade erst drangekommen, gerade erst mit Hombach das epochale Reformwerk der Modernisierung von Graf Lambsdorff angefangen - das kann doch wegen eines "chirurgischen" Kriegs (ärztliche Kunstfehler kommen halt vor) gegen eine serbischen Dutzenddespoten nicht auf's Spiel gesetzt werden!

Der wahre grüne Wertekonflikt, der bei manchen tatsächlich ein Gefühl "innerer Zerrissenheit" weckt, ist der zwischen dem Rest an politischer Identität und Regierungsbeteiligung. Den entschiedenen grünen KriegsgegnerInnen geht es dagegen um Frieden und Menschenrechte als Existenzfragen, denen koalitionspolitische Erwägungen im Zweifel nicht über-, sondern nachzuordnen wären.

Daraus ergibt sich für den Sonderparteitag am 13. Mai ein Dilemma: zwischen einer Position, die unter'm Strich wortreicher Erklärungen die kriegführende Bundesregierung weitermachen läßt und einer, die ihr ernsthaft den Ausstieg aus der Nato-Kriegslogik abverlangt, ist ein Kompromiß nicht denkbar. Stützt der Parteitag den Regierungskurs, sind "Kollateralschäden" am linken Flügel unvermeidlich. Sie werden qualitativ noch schwerer wiegen als quantitativ und das Kräfteverhältnis weiter nach rechts und die grüne Linke diesseits von Trittin/Müller vor die Wahl zwischen individueller Resignation und kollektivem Ausweg schieben.

Quelle: ANTIFASCHISTISCHE NACHRICHTEN 10/99 15.5.1999

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