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KOSOVO Antikriegsseite


Lora München UKW 92,4
Kriegstaugliche Benutzung von "Information" und Flüchtlingen
http://home.link-m.de/lora/gegenstp/index.htm

1.

Die Nato sie bekennt sich dazu, daß Information bzw. Desinformation Mittel der Kriegführung sind. Es wird auch gar kein Hehl daraus gemacht, daß sein militärischer Pressestab darauf achtet, nur sorgsam gefilterte Nachrichten herauszugeben, und darauf, daß das Publikum nur Gutes von der Nato denkt. Beim Feind, der dasselbe macht, ist das natürlich "Kriegspropaganda" - auf die wir nicht hereinfallen dürfen. Als neuestes hat sich die Nato die Drohung ausgedacht, serbische Fernsehstationen zu zerbomben, wenn sie nicht drei Stunden täglich unsere Propaganda, pardon, Berichterstattung ausstrahlen. Sie geht also davon aus, daß Völker manipuliert werden können. Und gegen die serbische Manipulation muß sie eine Gegenmanipulation erzwingen. Man stelle sich vor, die Serben wollten dasselbe hierzulande probieren...

Woher kommt eigentlich das Grundvertrauen, daß unsere "Informationspolitik" in Ordnung geht, der Feind aber immer lügt? Erstens, weil das mit der Manipulation gar nicht stimmt. Ein guter Staatsbürger hält von Natur aus zu seiner eigenen Seite und vertraut deren "Informationspolitik", er ist sozusagen leichtgläubig aus innerer Überzeugung heraus; und aus demselben Grund mißtraut er um so heftiger allem, was der Feind sagt. Insofern ist die Idee von der Gegenmanipulation in Serbien eine blöde Idee: Weder in Serbien noch hier kann man Nationalisten ausgerechnet mit der Propaganda der Gegenseite umdrehen. Zweitens, weil dem Staatsbürger dabei eine sogenannte "Kritische Öffentlichkeit" zur Seite steht, die im Gegensatz zu dem von mir Behaupteten von sich behauptet, sie sei überhaupt nicht von vornherein parteiisch. Sie würde nämlich nicht auf die "Informationspolitik" der Obrigkeit hereinfallen und sie genauestens auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen. Allerdings sind die Verlautbarungen der Nato dann das wichtigste Medienereignis und dürfen allemal den ersten Platz beanspruchen - mit kritischen Anmerkungen, versteht sich -, wohingegen die serbische Propaganda keine Chance hat. Das liegt daran, daß die "kritische Öffentlichkeit" die Maßstäbe ihrer Obrigkeit, deren Beurteilungskriterien, so grundsätzlich teilt - und der wichtigste Maßstab, den die Öffentlichkeit nie verletzt, nach dem sozusagen Kritik erst anfangen darf, heißt nun mal "Hie Freund - da Feind", noch platter "Guter Staat - Böser Staat".

In dem Vertrag, der in Rambouillet den Vertretern Jugoslawiens zur Unterschrift vorgelegt wurde, steht nicht, daß es die Hoheit über den Kosovo verliert. Nein, darin steht, daß es überhaupt jede Hoheit verliert. Ziemlich ausführliche Paragraphen legen fest, daß ganz Jugoslawien sich komplett der Nato-Oberhoheit unterstellen muß. Das war die Aufforderung zur bedingungslosen Kapitulation - ohne Krieg. Oder: Das war die Ankündigung, daß es ohne Unterschrift auf jeden Fall Krieg gibt. 1 1/2 Monate später ist es ein Abgeordneter von der SPD, der zum ersten Mal auf genau diesen Vertragsinhalt hinweist. Wo war unsere objektive, wahrheitssuchende kritische Öffentlichkeit? Leute, die sonst mit ihrer Kunst des Recherchierens prahlen, behaupten, diese Information wäre im Internet "versteckt" gewesen. Die Wahrheit ist: Weil sie sich mit ihrer Obrigkeit einig waren, daß Milosevic auf jeden Fall als "Vertragsverweigerer" angeprangert werden muß, wollten sie gar nicht wissen, was in dem Vertrag steht.

Das ist ein Fall von interessiertem Verschweigen im Dienste unserer höheren Werte. Dem liegt die systemimmanente Herzensübereinstimmung von Öffentlichkeit und Obrigkeit zugrunde. Darauf wirft eine auch Selbstkritik des Nato-Pressestabs ein Schlaglicht. Er bedauert: Die Exekution mehrerer Albaner-Führer, darunter Rugova - große Meldung - hat sich als Falschmeldung herausgestellt - kleine Meldung. Das war aber nur eine "Panne", es muß noch eine gebeichtet werden:

"...und es gab noch Irrtümer und Fehleinschätzungen: So wurden die Luftangriffe in den ersten Tagen mit der Sorge vor einer `humanitären Katastrophe' begründet. Als das Flüchtlingselend immer größer wurde, kam jedoch der Eindruck auf, die Massenflucht sei erst eben durch diese Luftangriffe ausgelöst worden."

Der Nato-Pressestab zieht also nicht die Lüge von der "humanitären Katastrophe", die die Nato zum Handeln zwinge aus dem Verkehr, sondern erklärt die Widersprüche, die sich da auf ein bißchen aufgetan haben, aus seiner mangelhaften "Informationspolitik". Er muß sich selbst bezichtigen, einen "professionellen Fehler" begangen zu haben: Das Timing hat nicht gestimmt, die Begründung ist falsch verkauft worden - der "Eindruck", die Nato hätte die "humanitäre Katastrophe" erst bewirkt, hätte beim Publikum nicht aufkommen dürfen. Die kritischen Medienvertreter nehmen die Entschuldigung an - Schwamm drüber.

2.

Serbien betrachtet die Kosovo-Albaner und deren UCK als Feind und behandelt sie entsprechend. Dazu gehört, die Leute einmal aus dem Land hinaus-, dann aber auch wieder zurückzutreiben; sie sind Opfer und Material der Kriegführung. So etwas kann man sehr wohl "menschenverachtende Politik" nennen.

An der Südgrenze Jugoslawiens entstehen riesige Flüchtlingslager. Die erste Auskunft unserer Politiker lautet: Wir wollen, daß die Leute dort bleiben. Dafür gibt es dann "humanitäre Hilfe". Für diese Hilfe erklärt sich dann auch die Nato zuständig und schickt 10.000 "Hilfssoldaten". Unsere aufgeklärte Öffentlichkeit weiß sofort: Für die "Hilfe" braucht es so viele nicht, das sind die künftigen Kampftruppen, richtige Bastionen werden aufgebaut. Kritik kommt keine auf, sondern nur die Frage: Wann ist es denn soweit?

Die Nato macht also eine 2.Front auf, die aus "Hilfe" und "Kampf" zugleich besteht. Daraus kann man lernen:

- Die Flüchtlinge sind einerseits ein Vorwand, um Truppen zu stationieren. Die "Informationspolitik" der Nato zielt schon fast augenzwinkernd darauf ab, das Publikum an deren Umwandlung in Kampftruppen zu gewöhnen. Kein Journalist kritisiert das oder nennt es gar "Manipulation".

- Den Flüchtlingen ist andererseits eine Funktion zugedacht. Sie sollen - Elend hin oder her - dort unten bleiben, weil man sie eines Tages wieder in den Kosovo zurückverfrachten will. Sie sind - so steht es im Wörterbuch des Staatsmann, das man im Regal gewöhnlicher Menschen nicht finden wird - als Staatsgründungsvolk vorgesehen, und zwar für einen Staat, wie wir ihn gegen Serbien mit Hilfe unserer Kampftruppen durchsetzen wollen. Dafür, sozusagen zum Auffüllen des Staats, müssen diese Leute dort unten festgesetzt werden.

Wer jetzt einen Brutalitätsvergleich mit den serbischen Vertreibungen macht, der kann die zwar entsetzlicher finden, kommt aber in der Erklärung nicht weiter - weil das Staatshandeln eben nicht moralischen, sondern seinen eigenen Maßstäben gehorcht. Auch für die Nato sind diese Vertriebenen ein Material, funktional in die Kriegführung eingebaut. Natürlich sagt sie dazu, daß sie es gut mit ihnen meint, sie versieht ihr Handeln also mit einem moralischen Beweggrund, weil sich das einfach so gehört. Dem Rupert Neudeck von der Organisation "Cap Anamur" ist daran etwas aufgefallen. Er sagt: "Die Gejagten kommen mir vor wie die Spekulationsmasse der Politik". Da könnte er stoppen und sich fragen, woher sein Eindruck kommt; er könnte sogar von "menschenverachtender Politik" sprechen. Statt dessen macht er weiter und appelliert an eben diese Politik: "Dabei haben sie Entsetzliches hinter sich. Sie verdienen ein Willkommen." Ganz fest glaubt er also weiterhin daran, daß das der eigentliche gute Zweck der Politik sei, den er leider jetzt gerade vermißt. Auf diese Art kann man sich ewig von seiner Herrschaft enttäuschen lassen, sie sogar an moralischen Maßstäben blamieren - verstehen, was sie da treibt, wird man so nicht.