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KOSOVO Antikriegsseite


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dokumentiert

Kriegs-Erklärungen
Diskussionsveranstaltung des IZ3W (Informationszentrum 3. Welt)

  • Jutta Ditfurth (Ökolinx)
  • Hans-Rüdiger Minow (freier Autor)
  • Klaus Theweleit (Schriftsteller)
  • Wolfram Wette (Militärhistoriker)

    stellten Thesen über die Hintergründe des NATO-Krieges zur Diskussion gestern, Montag, 19.4., 20 Uhr, Vorderhaus (Fabrik), Freiburg

[Transkript vom Tonband; heute zunächst Klaus Theweleit, der in einer kurzen Vorrede darauf hinwies, daß Gegenstand seines Vortrages ein Artikel sei, den er für konkret geschrieben habe. Am Ende der Diskussion wurde darauf hingewiesen, daß zudem sämtliche Vorträge in der in zwei Wochen erscheinenden Ausgabe der Blätter des IZ3W abgedruckt werden. Dies nur als Hinweis, wie eventuelle Transkriptionsfehler und -lücken sich stopfen lassen. Ich habe mir die Mühe des Abtippens auch deshalb gemacht, weil zwei Wochen eine lange Zeit sind, bitte aber bei einer kommerziellen Verwertung ausdrücklich darum, die Rechte der Autoren zu respektieren. Anfragen bzgl. sendefähigen Mitschnitten z.B. für die freien Radios sind bitte an das IZ3W oder an Radio Dreyeckland zu richten. Diskussion-In gesetzt auf /CL/FRIEDEN/DISKUSSION. M.D.]

"Ja, natürlich hätte es sein können - theoretisch, wunschgemäß - Mr. Milosevic hätte das Handtuch geworfen nach drei Tagen. Die grüne Friedensstifterwelt wäre glänzend bestätigt worden, die aliierte Westwelt hätte das glatte drei zu null der Humankonföderation mit deutschen Flügelstürmern über Jugoslawien enthusiastisch bejubelt, die Friedenskommissare wären einmarschiert, Frau Beer, der gequälte Engel hätte wieder schlafen können und auch ich wäre mit weichgeklopfter Birne übergetreten in den Günter-Grass-Fischer-Chor der "Leicht-fällt-es-mir- nicht-aber-nötig-war-es"-Sänger, der Troubadoure der Marktneuheit 'humanes Bomben'. Die Verfallsdaten von Reden zu Kriegen sind äußerst kurz. Was weiß ich wo das Rad stehen wird bei Erscheinen dieses Artikels, dennoch gebe ich folgende Antworten ohne Vorbehalt.

Auf die Frage: warum sind bei Beginn der NATO-Bombardierung "Serbiens" Ende März 99 soviele Alt-68er und Ex-Pazifisten für Krieg? fällt mir als erstes ein: das ist möglicherweise ihre Art, sich endlich erwachsen zu fühlen.

Als zweite Antwort: für Krieg war ein Teil von 68 immer, wenn ein gerechter Krieg zur Hand war - Vietnam, Angola, Startbahn West, Black Panthers, RAF, Kuba und so weiter. Immer wenn die Underdogs der Welt, die sogenannten Verdammten dieser Erde uns nicht so allein ließen mit unserer ultratiefen Deutsch-Pein der Nazibewältigung und stellvertretend und uns Mut machend zu- und zurückschlugen gegen die geballten Imperialismen der Welt. Zum Komplex 'Wachsen' ist kurz zu sagen: der Zustand eines gesellschaftlichen Erwachsenseins ist unserer Generation nie zugestanden worden. Generallinien, "um unsere Nazigeschichte wirklich verstehen zu können, seid ihr zu klein" zu übersetzen in "wir lassen uns nicht von unseren Kindern richten, basta". Eine Haltung, die die Jungen mit der bekannten Verweigerung als politischer Grundhaltung konterten, Verweigerung unter anderem auch des Erwachsenwerdens. Der Komplex läßt sich als anhaltende Dauerentmündigung unter trotziger Zustimmung beschreiben. Zugestanden wurde ein Verbleib in einer Art avancierter Kluges-Kind-Rolle. Diese halb verordnete aber auch halb gewollte und gepflegte Kleinbleib-Rolle versuchen besonders jene Linke seit Jahren zu überspielen, die Berufspolitiker geworden sind. Bei ihnen ist eine Art Einfluß-Aufblas-Ballon daraus geworden, in diesem - fürchte ich - haben sie zum ersten mal in ihrem Leben das sichere Gefühl jetzt durch Kriegführung erwachsen zu sein und als Erwachsene zu handeln.

Antwort drei: vermutlich und leider spielt es eine Rolle, daß das angegriffene Land des NATO-März-Kriegs 1999, das bei CNN und n-tv korrekt 'Federal Republic of Jugoslavia' heißt auf deutsch sich schlicht 'Serbien' spricht. Ich weiß nicht, warum der die das Deutsche, ob links, rechts, grün, gelb, braun, schwarz, rot, oliv oder tarnfarben seine Zwanzigste- Jahrhundert-Notdurft zielsicher auf dem Balkan verrichten muß. Es ist aber so - daß ein Teil von Alt-68 keine Ausnahme machen will hiervon, weist die Leute immerhin als doch irgendwie Deutsche aus. [Gelächter, Applaus] So wie die Nicht-Anbindung Rußlands an die NATO kein Kohl-Kabinett besser hätte betreiben können als Fisherman's Grüne. Obladie oblada, war goes on, jeah, lala lala lalala. Das war für mich immer ein Hauptproblem, daß die Leute die für Krieg und Gerechtigkeit sind die beschissenen Popstücke unfehlbar immer am besten finden. Cold war goes on. Wenn das alles einen ökonomischen Sinn haben soll, dann den, daß der Westen, Frankreich, Großbritannien, BRD, Italia und so weiter ein zerstörtes Serbien bräuchten, um einen großen Wiederaufbau - Titel 'Neues Wirtschaftswunder Balkan' - ganz in eigener Humanitär-Regie genießen können.

Antwort vier: mit Karl Kraus 'mir fällt zu Hitler nichts ein', konnten die Linken noch nie was anfangen. Sie sehen Hitler an jeder Ecke und Einfälle haben sie auch. Sie fallen auch militärisch ein, wenn ihnen Flugzeuge zur Verfügung stehen und ein Balkan auf dem die sogenannten Menschenrechte anders buchstabiert werden. Diesmal ist es Milosevic der in den Denkeinfällen des Links- wie Rechts-Westens den Hitler-Saddam-Part abgeben muß, sowie die Albaner aus dem Kosovo den Körperstoff für die zugehörige Rolle der Opfer eines Genozids. Für diese militärisch Partei zu ergreifen ist automatisch ein Akt nachträglichen Hitler-Tötens. Ein Hitler-Töten, ein alter linker Wunschtraum, sowie pazifistisches Trauma - diesmal sind wir die Aliierten, die das Hitlermonster wegbomben, die Inkarnation neuer Humanität.

Antwort fünf: im Mittelpunkt aller Strategien steht die Beseitigung von Diktatoren und steht außerdem - der Mensch. Im Frieden im Mittelpunkt ausbleibender Lohnerhöhung, im Krieg im Mittelpunkt von Bombenfeuer und Humanitärstrategien. Unter den verschärften Bedingungen einer NEUEN Mitte ergibt sich zwingend der Primat des Strategischen über alle anderen Wirklichkeitssorten. Das ist im Mitte-Links-Klartext die Verwechslung des Lebens mit einem Gesellschaftsspiel oder Videogame. Nicht die geschmähte, nachwachsende Schülergeneration macht sich dieser Verwechslung schuldig, sondern ihre Eltern, die natürlich-genuinen Kritiker der elektronischen Kinderverderbnis. Die Grünen sind nicht die Typen vor denen unsere Eltern uns immer warnten, sie sind selber das Unglück vor dem sie unentwegt warnen, dehumaisierte Regierungstechnokraten mit Humanitär- Sticker am Polit-Revers. [Applaus] Das Feld sogenannter humanitärer Katastrophe - zu diesem Begriff später was - ist eines der wenigen, auf dem altlinkes, strategisches Weltspiel- Denken noch erfolgreiche Anwendung verspricht. Anders: die Zauberlehrlinge absolvieren ein Praktikum beim Meister Kapital.

Antwort sechs: die Rückkehr der vertriebenen Kosovo-Albaner in ihre Wohngebiete setzt die vollständige Niederlage von Milosevic-Jugoslawien voraus. Wie dies in entsprechend kurzer Zeit zu bewerkstelligen sei, weiß niemand, d.h. wissen erfahrungsgemäß nur geübte Alternativ-Strategen. Als ihr größter zeigt sich J. Außenfischer abends im Fernsehen. Er stellt fest - mit Autoritätsblick über Hängebrille, daß das was Milosevic heute wieder gemacht habe nicht hinnehmbar sei. Unwiederbringliche Gelegenheiten, sich als Erich-Böhme-Darsteller zu beweisen, der bekam Preise. Inhaltlich wird dabei die Verkehrung anti-autoritärer Politik in das Abspulen professioneller Autoritätsgestik besiegelt. Der Krieg verleiht das fehlende Autoritätssiegel, das Schröder-Fischers Gebaren bar aller diplomatischen Fähigkeiten so bitter nötig hat. Die Karikatur jeder üblen Geste des Erwachsenseins als Zugehörigkeitsausweis zur Welt des Seriösen ist aber notwendig und gewollt. Diese Feststellung gilt auch für den Fall, daß Fischer den Krieg morgen gewonnen haben sollte.

Antwort sieben: immer allein und un-aliiert, das war Scheiße - und immer verlieren auch [Gelächter] - das hält der humanste Linke nicht aus [mehr Gelächter, Applaus]. Deshalb Koalitionen, deshalb Umarmungen, Mehrheitsbildungen, Siegerpodeste. Kann ich die Unteren nicht bewegen, muß ich es von oben versuchen. Können wir die NATO nicht abschaffen, müssen wir sie wenigstens selber kommandieren. Also, Bomben ins Herz der Finsternis. Der Tag wird kommen, da wird Spielberg es verfilmt haben - dem Mann entgeht keine gerechte Tat der Geschichte.

Antwort acht: heimlich beiseite, und wenn es schon keine gerechte Gesellschaft gibt, brauchen wir wenigstens 'ne ordentliche Polizei.

Antwort neun: In diesem Fake von Erwachsensein, Modeanzügen und ausgesuchtem Sortiment aufgesetzter Profi-Gesten führen die Protagonisten dieser Entwicklung genau den Quark den sie bei anderen Erwachsenen gesehen haben als eine Art Identitätsstiftung für durchhängende Altlinke vor. Verantwortung tragen, Konsequenzen demonstrieren, durchgreifen, Standhaftigkeit zeigen, sich nicht verarschen lassen usw. - mit einem Wort: Größe.

Antwort zehn: zum Erwachsensein gehört das Recht auf Unmoral. Von politischer Ehrenhaftigkeit allein kann sich auf Dauer kein erwachsenes Denken ernähren. Eine gut berechnete Dosis Schwein-Sein-Dürfens ist unverbrüchliches westliches Menschenrecht, immer honest sein ist furchtbar. Die Rocker durften böse werden und hatten ihren Punk und ihr Techtelmechtel mit den Nazisymbolen, die Feministinnen durften gleichberechtigt normal, d.h. normal fies sein - sie nahmen sich dies Recht, die Jugendlichen kriegten Horrorglatzen, Baseball und Stiefel, Technofreiheit eingeräumt, jeder Arsch der mit Sorge um die Erde das Gift der Welt entschlossen bekämpfte bekam seinen ökologischen Priesterorden mit angeschlossenen Trennschärfe-Horden - waren jetzt nicht endlich wir dran? Wir haben am längsten durchgehalten mit Peace und Love im Fußballpark. Wer nimmt uns noch ernst, wenn wir nicht nachziehen? Bestes Mittel dazu ist wie überall die geteilte Transgression ins erlaubte Kriminelle. Was könnte unverdächtiger sein dafür als der gerechte Krieg? Grün grün grün sind alle meine Kleider, grün grün grün ist alles was ich hab, darum lieb ich alles was so grün ist, weil mein Schatz ein Jäger ist. Ja, mit einer F117-Stealth. Schöner Name für diese grüne Unheimlichkeit.

Antwort elf: wo es keine Alternativen mehr gibt im Politischen muß reingehauen werden. Zu übersetzen als: wo es keine Alternativen mehr gibt im erlahmten Leben, wenn man nicht mehr weiß wie man das eigene Leben organisieren soll und welche Lüste noch Lust haben auf einen zu warten, ist auch der Tod (der der anderen) ein gern gesehener Gast am Gabentisch des unerfüllten Lebens. Erwachsenwerden will nur der, der selbst nicht mehr wächst. Jeder dieser Bon-Vivanten führt seine dritte bis sechste Frau im Geschirr. Wir sollen das nehmen als genuinen Ausdruck elementarster Steigerungsprozesse, dem Elan vital [Genital?] dieser Herren denen das vorhandene feminine Material einfach nicht standhält oder genügt, jedenfalls nicht in einem einzelnen seiner Exemplare. Sehen sie sich das jetzige Exemplar an der Seite der jeweiligen Herren an und entscheiden sie selbst über seine historische Notwendigkeit. [Gelächter] Die einzige Alternative lautet da wohl Krieg. [Gelächter] Insgesamt eine Spätvariante zu Stanley Kubricks Dr. Strange Love, die Kubrick nicht mehr sehen wollte. Er starb pünktlich zum Einsatz des NATO- Balkan-Kriegs entnervt. Kubricks Film endet mit dem Abwurf einer Atombombe auf der ein NATO-Krieger herunterreitet zur Konfliktbereinigung ins Irdische. Man hört dazu den Song einer Country-Sängerin mit dem globalen Versprechen: we'll meet again.

Antwort zwölf: also mach's nochmal Sam, aber diesmal mit uns als Boogie oder Bombenreiter. Schröder und Fischer mit Paul Breitners Havanna im Verantwortungsmaul schließen gewisse 68-Regelkreise. Der Primat des Politischen vor dem Militärischen ist zu beweisen - 1999 leider mit dem Mittel des Krieges. [Zwischenruf, auf dem Tonband leider nicht verständlich, dann engagierter Applaus von wenigen].

Antwort dreizehn: wo wirklich verantwortet wird da fallen Späne. Hauptsache humanitär, Hauptsache durchgerungen, Hauptsache ganze Nacht nicht geschlafen, Hauptsache gordischer Knoten, Hauptsache auf's Haupt des Diktators, Doppelhauptsache die Null muß stehen, das heißt die Verantwortung ohne Gegentor. Wir stehen randvoll in der Verantwortung ohne wenn und aber, sagt Frau Beer, mit der man nicht kann als das vollste Mitleid haben, weil sie die ganze Nacht zum wiederholten Mal nicht geschlafen hat. Vor lauter Verantwortungs-Wörtern kriegt sie den Mund nicht zu, das hat zur Folge, daß einige Leute im sogenannten Serbien den Mund nie mehr auf kriegen, aber wir verantworten das. Zwar weiß jeder, daß niemand von ihnen sich wird verantworten müssen für das was sie da tun, vor welchem Gericht denn? Aber das ist ja das Schöne. Wer die volle Verantwortung trägt darf sich schon einiges rausnehmen im Leben - siehe Clinton, dem wir hier auch gerne die abhanden gekommene Frau Lewinsky ersetzen.

Antwort vierzehn: [Zwischenruf, unverständlich] Na, wie Ludger Vollmer in Washington Clintons Schwanz leckt ist - kann man gut sehen. Sehr gut sogar. [Zwischenruf, unverständlich] Jaja, ich bin gleich fertig. [Gelächter]

Antwort vierzehn: wir hassen den Krieg, deshalb Bomben. Fragen Sie dazu Daniel Cohn-Bendit, der erklärt ihnen jeden Widerspruch. Wie man das macht ist ein Alt-68er-Berufsgeheimnis, was Recht ist muß Recht bleiben, die Gerechtigkeit ist unteilbar, obwohl auch die Antagonismen zu berücksichtigen sind, aber, ich habe das Gebiet bereist, persönlich, und das Elend geseh'n, dort wird gelitten, haben Sie schonmal Menschen weinen sehn, da wird Ihnen ganz anders und halten Sie dies aus. Doch wo nicht. Die Bomben erheben sich so aus der Macht des Mitleidens. Man hat so wenig Gelegenheit sonst sein Mitleiden zu zeigen, wirksam zu gestalten. Got it? Der Pimpf der aus meinem und deinem Kragen rausschaut muß auch zu seinem Recht kommen bevor es hundert schlägt und endlos [?, unverständlich]. Und recht bekommt der Pimpf nirgendwo zuhause, nur auf dem Balkan, in Polen, in der Ukraine. Im Fernsehen heißt der Pimpf Fischer und spricht: Nie wieder Krieg. Wir haben aber auch gesagt, fügt er hinzu: Nie wieder Auschwitz. Wir sind die Generation, die die Eltern gefragt hat: Wieso habt ihr das zugelassen? Worte, zu denen er mit erhobenem Schreibstift, sechs sieben mal die umgebende Luft durchstochert. Got it? Wenn wir Bombem werfen ist es Auschwitzverhinderung.

Antwort fünfzehn: ein Krieg ist immer auch ein Betätigungsfeld für Menschen - den Punkt übergeh' ich ...

Sechzehn: von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen. Die Geltungsdauer dieses Satzes entscheidend begrenzt zu haben sichert den neohumanitären Alt-68ern mit Sicherheit den Platz in Geschichtsbüchern, den ihnen sonst vielleicht ein putschender Bundeswehrgeneral streitig gemacht hätte. Ich hab' gesehen, wie sich bei Ludger Vollmer, dem Ex-Ober- Pazifisten-Generalissimo der Basilikums-Fraktion die Brillengläser biegen bei seinen Kriegsbegründungen.

Antwort siebzehn dahinter könnte lauten: nur Bomben auf Serbien halten uns länger als ein Jahr in diesem Schröder-Schrott-Kabinett. Carpe diem, es gibt nicht mehr viele Tage in der Staatssekretär- und Ministerposition.

Antwort achtzehn: in all ihren langen Kämpferjahren ist es allen Alt- Linken ganz selbstverständlich geworden, ihr eigenes Tun und Blasen automatisch als die Durchsetzung einer höheren Gerechtigkeit aufzufassen. Unfehlbar treffende Politanalysen, unschuldsvolle mörderische Selbstgerechtigkeit, immer dem Wahren, Guten und Schönen auf der Pelle und nie ganz faktenlos garantieren den Output des eigenen Denkens auf der Seite der fundierten Humanitaria. Dem Schönen dabei vielleicht weniger verpflichtet, da tut es auch die Lindenstraße. Die ästhetische Liga in der Schröder spielt heißt Dieter Bohlen, merkt W. Droste an. Die ultima ration [Zwischenruf, unverständlich]. Ja, jetzt kommt der Schluß. Die Kriegstreiber - denke ich - unterliegen eher politischen Allmachtsphantasien als strategischen Kalkülen. Dieser alten linken Meise, die aus Fernanalysen die richtige Politik für alle Weltteile ableiten zu können glaubt - eher ein Wahnsinn, den sie aber - die Fingerspitzen am Trugbild des Machthebels - für Rationalität halten. So hat mich die Zeitungsmeldung von der Absicht Joschka Fischers, den alten Einschätzungsstrategen Joscha Schmierer in seinen außenpolitischen Beraterstab zu beordern nicht überrascht. Schmierer, dem es in den letzten Jahren mit glücklicher Hand gelungen ist, in Fragen der Europapolitik die Positionen Helmut Kohls mit den Erleuchtungen Mao Tse Tungs einleuchtend zu kombinieren. Solche Talente vom Strategenflügel des Links-Regensbogens können nicht ohne Arbeit bleiben in Zeiten linker Machthebelnähe. Das Osterradio spielt The logical song von Supertramp und Good Vibrations von den Beach Boys, dazwischen Kriegsmeldungen. 25 amerikanische Apachenhubschrauber sollen aus dem hessischen Heer die Ostkomantschen im Kosovo zivilisatorisches Verhalten lehren. Der Logical Song hat im Text genau die Wortfolge, um die es im Verhalten der alten Pazifisten geht: radical, liberal, cynical. When they taught me how to be acceptable, respectable. Die Lehre die der Rocksong unausgesprochen enthält: akzeptiert und respektiert in dieser Gesellschaft ist, wer letzlich den Krieg annimmt und sich vor den Kriegsherren beugt, bzw. ihr Agent wird. Akzeptiert, respektiert. Das Stück beginnt: When I was young, und handelt von den Qualen des Erwachsenwerdens, dem Einstieg des Kinds in die Begriffswelt. Wörter wie sensible und natural werden überdeckt von langen Wörterketten der Reihe logical, practical, philosophical, cynical, radical, criminal, phonetical. Das Altsaxophon spielt die Rolle der Stimme des Kindes: es geht am Ende in Schreien und Stöhnen über, bedrängt von der Gewalt der Begriffssysteme. Soweit, danke.

[langer, starker Applaus, vereinzelte Buh-Rufe]"

-Ende des Beitrages von Klaus Theweleit.

Ich werde versuchen, bis morgen noch den Beitrag von Hans-Rüdiger Minow zu transkribieren. Vorab dazu heute schon eine seiner Vorbemerkungen zu dem Vortrag, die mir sehr wichtig erscheint:

"[Diese] Bemerkung bezieht sich auf den Veranstalter. Ich komme aus der Nähe von Köln und stelle fest, daß es fast unmöglich ist, zu irgendwelchen Gesprächen, öffentlichen Gesprächen natürlich zu kommen, daß sich die gesamte Diskussion in privaten Kreisen bewegt. So, als ob es in diesem Land niemals Öffentlichkeit gegeben hätte. Es gibt dafür viele Gründe. Ein wichtiger Grund ist, daß der Organisator einer solchen Öffentlichkeit verschwunden ist, seitdem die neue Regierung aus eben jenen Teilen der Öffentlichkeit besteht, die bisher in Sachen Friedenspolitik ein angebliches Monopol beansprucht hat. Es ist deswegen dem IZ3W von meiner Position aus und von meiner Herkunft so weit weg von Freiburg ganz herzlich dafür zu danken, daß es für diese Veranstaltung Sorge getragen hat. Und der Besuch zeigt, wie notwendig solche Veranstaltungen sind und wie notwendig Organisatoren solcher Veranstaltungen sind."

M.DUECK@3LANDBOX.comlink.apc.org

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