Stoppt die
Bombardierungen durch die NATO-Truppen!
Für das Selbstbestimmungsrecht des Kosovo!
Die Bombardierung Serbiens, Montenegros und
Kosovos durch NATO-Truppen ist ein mörderischer Angriff der "westlichen
Staatengemeinschaft" auf die Freiheit und das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Wie
schon bei der Bombardierung Iraks werden Hospitäler, Schulen und Fabriken zerstört,
Männer, Frauen und Kinder getötet. Die SPD/Grünen- Bundesregierung benutzt die
Verbrechen Milosevics als Vorwand, all ihre pazifistischen Sprechblasen platzen zu lassen,
um zum ersten mal seit dem 2. Weltkrieg deutsche Truppen wieder für einen Angriffskrieg
einzusetzen.
Mit den täglichen
Bombardierungen unter Federführung der USA sollen angeblich die Menschenrechte verteidigt
und die Kosovoalbaner geschützt werden. Angesichts der schrecklichen, von Milosevic
begangenen Verbrechen sehen viele Menschen auch keine andere Lösung. Aber gerade diese
Angriffe haben die Intensivierung der "ethnischen Säuberungen" durch serbisches
Militär begünstigt. Die Bomben der NATO, welche serbische und kosovarische Zivilisten
töten, treiben einen großen Teil der serbischen Bevölkerung in die Arme Milosevic. Und
was hat das Volk des Kosovo von der Zerstörung der Heizkraftwerke, Fabriken und
Postämter - ob im Herzen seiner Hauptstadt Pristina, ob in Novi Sad oder in ländlichen
Wohngebieten?
Wenn die USA und die europäischen Mächte
wirklich Freiheit für den Kosovo wollen, warum weigern sie sich dann weiterhin eisern,
sein Recht auf Selbstbestimmung anzuerkennen? Das wirkliche Ziel von Clinton und seinen
Verbündeten ist es, auf dem Balkan ausschließlich ihre Politik durchzusetzen. Nicht
umsonst wurde die UNO übergangen, um Rußland und allen anderen nicht-westlichen Staaten
die Vormachtstellung der NATO zu verdeutlichen. Angestrebt wird im Kosovo und dem gesamten
Balkan ein Protektorat unter NATO-Kontrolle. Der lange verschwiegene Text des
Rambouillet-Abkommens offenbart dies.
Im bundesdeutschen Alltag werden dagegen seit
Jahren Kriegsdienstverweigerer und Kriegsflüchtlinge - gerade aus Serbien, dem Kosovo und
Bosnien - drangsaliert und abgeschoben. Erst vor wenigen Wochen wurde durch die
CDU/CSU-Unterschriftenkampagne die Hetze gegen Ausländer erneut angeheizt, gegen die
Kurden (nach der Entführung Öcalans) eine Pogromstimmung geschaffen. Deutschland und die
NATO unterstützen seit Jahren das türkische Regime bei seinem Krieg gegen das kurdische
Volk, das für das Gleiche kämpft, wie die Kosovoalbaner: das Recht, seine Sprache zu
sprechen und seine Kultur zu leben, das Recht, zu überleben und sich gegen rassistische
Pogrome und Diskriminierung zu verteidigen. Kurz, das Recht auf Selbstbestimmung und
staatliche Unabhängigkeit.
Nieder mit Milosevic!
Heute zeigen sich die kriminellen Folgen der
jahrelangen westlichen Heuchelei im ehemaligen Jugoslawien. Jahrelang wurde Milosevics
diktatorisches Regime als angeblicher "Garant der Stabilität" unterstützt,
auch wenn seine unübersehbaren Verbrechen offiziell verurteilt wurden. Mit dem
Dayton-Vertrag wurde 1995 Milosevic, der die Aggression gegen Bosnien organisiert hatte,
erneut als Ordnungshüter aufgewertet. Die Teilung Bosnien-Herzegowinas wurde
festgeschrieben und die Unterdrückung im Kosovo wurde gleichzeitig ausgeklammert. Als
Anfang 1997 in Serbien hunderttausende Arbeiter und Studierende Milosevics Sturz
forderten, setzte der Westen seinen gesamten Einfluß ein, um nach unwesentlichen
Zugeständnissen die Demonstrationen und Streiks zu beenden. Milosevic sollte mit eiserner
Hand die Umwandlung der Bürokratie in eine stabile kapitalistische Klasse betreiben, die
dem Diktat des Internationalen Währungsfonds folgt. Der Aufstand im Kosovo und die
eigenen Interessen Milosevics sowie der Druck seiner Verbündeten wie dem Faschisten Sesil
haben dem einen Strich durch die Rechnung gemacht. Für die arbeitende Bevölkerung
Serbiens kann es keine Befreiung geben, wenn sie sich nicht von Milosevics Regime befreit
und den berechtigten Kampf der Kosovoalbaner unterstützt. Für das Recht auf
Selbstbestimmung Kosovos!
Seit der Zerschlagung der vormals bestehenden
Autonomie 1989 wurde der Kosovo militärisch durch serbische Truppen besetzt. Dies war der
Beginn einer großserbisch-chauvinistischen Kampagne, mit der die Bürokratie ihre
Privilegien zu bewahren und zu vermehren suchte. Und es war das Signal für die
Nationalitäten der anderen Teilrepubliken, ihr Heil in der Unabhängigkeit zu suchen. Im
Kosovo verlor dagegen die albanische Bevölkerungsmehrheit praktisch alle Rechte, wurde
von Arbeitsplätzen entfernt, ihr Parlament und Selbstverwaltungsorgane zerschlagen.
Jahrelanger friedlicher Widerstand und Hoffen auf Unterstützung der westlichen
"Demokratien" erwies sich als fruchtlos. Den Albanern, die 90% der Bevölkerung
ausmachen, blieb schließlich nur noch der Weg des militärischen Widerstands. Es entstand
die "Befreiungsarmee des Kosovo" (UCK). Die UCK war (und ist) der serbischen
Armee, Polizei und Paramilitärs hoffnungslos unterlegen. Sie konnte aber weite Gebiete
unter Kontrolle bringen, da sie breite Unterstützung bei der des Wartens überdrüssigen
Bevölkerungsmehrheit fand. Mit Rambouillet sollte diese unkontrolierbare Entwicklung
gestoppt werden. Verweigert wird aber strikt das Recht der Kosovaren auf Unabhängigkeit.
Die angeblich dem Schutz der Bevölkerung dienenden NATO-Truppen sollten die bewaffnete
Opposition entwaffnen. Dies war für Milosevic das Signal, mit gezielten Massakern unter
Einsatz von Armee, Polizei und bewaffneten Banden eine massive Vertreibung zu beginnen.
Die Hoffnung vieler Kosovaren, die NATO würde bei der Erringung der Unabhängigkeit
helfen, wird sich als Irrtum herausstellen. Schon wird im Westen offen über eine Teilung
des Kosovos spekuliert. Hunderttausende Vertriebene, die ähnlich wie die Palästinenser
in Flüchtlingslagern in Albanien und Mazedonien untergebracht sind, werden jedoch nicht
auf den Kampf für ihre Rechte verzichten können. Seit Beginn der NATO-Bombardierungen
sitzt Milosevic fester im Sattel denn je. Während das Land in Trümmer fällt, konnte er
die gesamte innerserbische Opposition ausschalten und sich erneut als "Retter des
Vaterlands" darstellen. Zugleich werden unzählige Albaner massakriert,
hunderttausende sind auf der Flucht. Die NATO-Bombardierungen, die auch die serbische und
albanische Bevölkerung treffen, vervielfachen die humanitäre Katastrophe. Und die
jüngst zugegebenen Bombardierungen von Zivilisten widerlegen erneut die Legende von den
"sauberen chirurgischen Eingriffen".
Wir rufen dazu auf, mit aller Kraft für die
sofortige Beendigung der Bombardierungen und den Abzug der NATO-Truppen zu demonstrieren.
Die Soldaten - gerade auch der Bundeswehr - müssen sofort nach Hause! Statt dessen muß
das Recht der Kosovo-Bevölkerung auf Selbstbestimmung anerkannt werden!
Wir schließen uns dem Aufruf der unabhängigen
Gewerkschaften und Studierendenorganisationen aus dem Kosovo an, die inmitten der
Bombenhagel und Massaker die Arbeiter und Jugendlichen ganz Europas um aktive Solidarität
bitten. Kein Sozialismus ohne Selbstbestimmung!
Der Sozialismus, für den wir kämpfen, hat
nichts mit dem stalinistischen Unterdrückungsregime zu tun, daß 1989 zurecht von den
Massen Osteuropas gestürzt wurde. Die Tatsache, daß die Arbeiter seitdem nicht die Macht
erobert haben, erlaubt es den alten Bürokraten, im Verbund mit den westlichen
Kapitalisten, die Bevölkerung auszuplündern. Doch der Widerstand dagegen wächst, wie
die Streiks der russischen Bergarbeiter nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch letztes
Jahr gezeigt haben. Es hat nichts mit Sozialismus zu tun, wenn angebliche Sozialisten wie
Milosevic zusammen mit erklärten Faschisten wie der serbischen Radikalen Partei Sesils
eine Regierung bilden und rassistische Pogrome organisieren. Es hat nichts mit Sozialismus
zu tun, wenn in Rußland eine Mehrheit aus angeblichen Kommunisten und offenen Faschisten
wie Shirinowski von der Verteidigung des "geheiligten Slawentums" reden. So ist
es kein Wunder, daß die NPD, Le Pens Front National, Sesils Radikale Partei und
Shirinowski nicht nur das gleiche rassistische Programm haben, sondern auch eng
organisatorisch zusammenarbeiten. Sozialismus bedeutet Selbstbestimmung der Arbeiter und
aller Nationalitäten. Ein Zusammenschluß von Nationen muß absolut freiwillig sein, und
gerade die Rechte der Minderheiten - einschließlich des Rechts auf Lostrennung -
vollständig respektieren. Der NATO-Krieg hingegen bedeutet das Gegenteil und hilft nur
den Milosevics und ihrem Unterdrückungsregime! Die griechische Arbeiterklasse hat mit
einem Streik von über einer Millionen ArbeiterInnen den richtigen Weg gezeigt, diesen
Krieg zu beenden. In der allgemeinen Propaganda gehen die Berichte über wachsende
Proteste, auch in Deutschland, unter. Doch auch dem DGB- Vorsitzenden Schulte, der einen
Freibrief für den Kriegseinsatz gab, widersprechen inzwischen hunderte KollegInnen,
Einzelgewerkschaften wie die IG Medien und Gewerkschaftsgliederungen. In Schulen,
Universitäten und Betrieben muß der Protest gegen diesen Krieg und für die
Selbstbestimmung der Kosovo-Albaner organisiert werden. Der einzige Weg, der eine
wirkliche politische Lösung für das kosovarische Volk und den ganzen Balkan durchsetzen
kann, ist die Mobilisierung der ArbeiterInnen, Jugendlichen und aller demokratischen
Sektoren.
NATO raus aus dem Balkan!
Abzug der serbischen Truppen aus dem
Kosovo!
Für den Sturz des Milosevic-Regimes!
Für das Recht auf Unabhängigkeit
Kosovos!
* Was Tun! ** EXTRA ** herausgegeben von SI/SL
** Was tun! ** EXTRA ** Was tun!* *Sozialistische Initiative und Sozialistische Liga*
Berlin, 17.4.99 PLK 022354 C, 13347 Berlin Dieser Text wurde unter anderem auf der
Antikriegsdemo am 18.4. in Berlin verteilt. |