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KOSOVO Antikriegsseite


DONNERSTAG, 15. APRIL 1999; KREIS UND REGION; BADISCHE ZEITUNG; S. 27

"Wir haben Diskussionsbedarf"
Kreisverband der Grünen fordert mit anderen Funktionsträgern der Partei den Stopp der Nato-Bombenangriffe auf Jugoslawien

LÖRRACH (alb). Der Kreisverband von Bündnis 90/Die Grünen unterstützt die Anti-Kriegs-Initiative, die sich in der Partei formiert (hat). "Den Nato- Angriffskrieg gegen Jugoslawien beenden! Den Weg für eine friedliche und langfristige Lösung des Kosovo-Konflikts offenhalten", lautet deren Forderung, die neben 750 anderen Funktionsträgem der Partei auch die Kreisgrünen unterschrieben haben.

Der Appell wird in den kommenden Tagen per Anzeige in einer bundesweit erscheinenden Tageszeitung publik gemacht. Auch diesen Schritt tragen die Kreisgrünen voll mit, wie Kreisvorstandssprecherin Marianne Goldschmidt im BZ-Gespräch betont. Damit halten die Kreisgrünen im Prinzip an ihrer Linie fest. Denn der Kreisausschuß der Partei war bereits Ende März auf deutliche Distanz gegangen zur Kosovo-Politik der rot-grünen Bundesregierung. Mit überwältigender Mehrheit (15 Jastimmen, eine Enthaltung, eine Neinstimme) verurteilte das Gremium damals in einer Erklärung die Nato-Angriffe im Rahmen des Kosovo-Konfliktes und "stellte fest, daß friedensbewegte Konfliktlösungen an der Basis immer noch aktuell sind".

Diese Position wollen die "Lörracher" nun auch auf der Bundesdelegiertenkonferenz am 13. Mai vertreten. Die Bombenangriffe auf Jugoslawien "können Teile unserer Partei nicht mittragen" - zumal diese Angriffe das Gegenteil dessen bewirkten, was erhofft worden sei, begründen Goldschmidt und der Lörracher Kreisrat Josef Frey weiter. Die Entscheidung zum Kosovo-Einsatz sei von dem grünen Außenminister Fischer und von grünen Mandatsträgern im Bundestag getroffen worden, nicht aber von der Partei, so Goldschmidt. Hier gebe es ein "Spannungsfeld" zwischen Partei und Mandatsträgern.

Während sich die SPD als Regierungspartei - zumindest in dieser Frage - geschlossen hinter ihrem Bundeskanzler und Partelvorsitzenden versammelt und selbst Galionsfiguren der Friedensbewegung wie Erhard Eppler die Angriffe billigen, bieten die Grünen ein eher gespaltenes Bild. Für Goldschmidt und Frey ist das indes die logische Folge der Parteigeschichte; die Grünen seien seit ihrer Entstehung eben den Fragen der Menschenrechte und friedenspolitischen Ansätzen besonders verpflichtet.

Einen "Widerspruch" zwischen Kreisverband und Bundestagsfraktion mögen Goldschmidt und Frey gleichwohl nicht erkennen. Zwar sei die aktuelle Situation für die Grünen "kritisch", aber von einer innerparteilichen Zerreißprobe sei die Partei weit entfernt. "Wir haben Diskussionsbedarf", so umschreiben Marianne Goldschmidt und Josef Frey die parteiinterne Szenerie. Diesen Diskussionsbedarf sehen Goldschmidt und Frey angesichts des Bombenkriegs und seiner Folgen aber auch in den anderen Parteien. Im Gegensatz zu diesen seien die Grünen jedoch die einzigen, die das offen austrügen. Prinzipiell, so Goldschmidt weiter, gebe es in der Frage aber keine "Konfrontation" zwischen Basis und Regierung. "Es geht um die bessere Lösung", sagt die Kreisvorstandssprecherin.

Und bei dieser Suche dürfe die Partei durchaus Dinge "aufzeigen, die falsch laufen", ohne daß das gleich als Dolchstoß gegen die eigenen Regierungsmitglieder aufgefaßt werden müsse. "Wir können als Basis visionärer sein als die Regierung", ergänzt Josef Frey. "Der Kreisverband darf laut[...] denken, ohne daß wir unseren Leuten damit in den Rücken fallen", so Marianne Goldschmidt. Zumal das Problem komplex sei und niemand "Patentlösungen" habe.

Deshalb will der Kreisverband auch nicht einstimmen in den Chor der parteiinternen Kritiker von Außenminister Fischer. Im Gegenteil, so jedenfalls Frey: "Fischer muß den Karren aus dem Dreck ziehen, den andere reingefähren haben." Schließlich sei die aktuelle Eskalation im Kosovo Folge einer seit Jahren verfehlten Balkanpolitik. Die aber hätten ganz andere zu verantworten.

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