Presseerklärung vom 18.6.99
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Köln, den 18.6.99
Presseerklärung des Infoladen Köln
zu den Ereignissen von heute, 18. Juni 1999
Stand: 22 Uhr
Rückfragen unter Tel. 0221-52 29 07
Inhalt:
1) Protestaktion der InterContinental Caravan vor den Toren von Bayer Leverkusen
2) Laugh Parade im Rahmen des Global Action Day der InterContinental Caravan
3) Alternativer Weltwirtschaftskongreß
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1) Heute vormittag haben sich 500 überwiegend indische Teilnehmerinnen und Teilnehmer der InterContinental Caravan von Köln aus auf den Weg nach Leverkusen gemacht. Vor den Toren des Bayer-Werkes haben sie eine Kundgebung abgehalten, um ihren Anliegen, wegen derer die Internationale Karawane seit einigen Wochen in ganz Europa unterwegs ist, Nachdruck zu verleihen: Die InderInnen, viele von ihnen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, forderten den Bayer-Konzern unter anderem auf, den aggressiven Verkauf von Hybrid-Saatgut in ihrem Heimatkontinent zu unterbinden. Dieses genetisch veränderte Saatgut reproduziert sich - im Unterschied zu traditionellem Saatgut -nicht selbst und führt die Kleinbauern somit in langfristige Abhängigkeit der Konzerne, da sie für jede Aussaat neues Saatgut kaufen müssen. Die Aktion verlief ruhig und ohne Störungen.
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2) Die InterContinental Caravan organisierte heute einen weltweiten Global Action Day, ein Tag des Protestes, der Aktion und Feiern in den Finanzzentren auf der ganzen Welt. Gruppen auf der ganzen Welt mobilisieren seit Monaten für diesen Tag. Für Köln war heute um 17 Uhr eine Laugh-Parade unter dem Motto "Wir lachen uns schlapp" geplant. Menschen aus aller Welt wollten den G8-Vertretern zeigen, was sie von ihrer Politik halten.
Doch die geplante gute Laune war schnell dahin. Bis zum Ebertplatz, dem anvisierten Auftaktort, gelangten nur 200 Menschen. Die restlichen 300 Leute (darunter 100 InderInnen der InterContinental Caravan), die sich vom Camp im Riehler Rheinauhafen aus per Straßenbahn auf den Weg zum Ebertplatz machten, wurden an der Weiterfahrt gehindert. An der KVB-Haltestelle Boltensternstraße, unweit vom Camp, wurde die Straßenbahn von der Polizei angehalten und eingekesselt. Etwa zweieinhalb Stunden wurden die Insassen der Straßenbahn von der Polizei in der Bahn und auf dem Gelände der Haltestelle festgehalten. Die Polizeibeamten gingen zum Teil brutal gegen die potentiellen Laugh-Parade-TeilnehmerInnen vor. Alle mußten sich ausweisen, ca. 220 von ihnen wurden mit einem Platzverweis für die gesamte Kölner Innenstadt belegt. 84 TeilnehmerInnen wurden festgenommen und z.T. im Gefangenentransport nach Brühl gefahren. Ein Inder erlitt während der Personalienfeststellung durch die Polizei einen Kollaps und mußte mit dem Krankenwagen abtransportiert werden.
Auf dem Ebertplatz selbst, zu dem nur ca. 200 Leute vordringen konnten, versuchte die Polizei ebenfalls, die TeilnehmerInnen einzukesseln. Sie konnten sich jedoch vom Platz entfernen, bevor der Kessel dicht war.
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3) Der Alternative Weltwirtschaftsgipfel, veranstaltet von WEED Bonn, auf dem seit Mittwoch (16.6.) unter Beteiligung internationaler Prominenz Alternativmodelle zur herrschenden Weltwirtschaftsordnung diskutiert werden, wurde am heutigen Abend gegen 19 Uhr durch einen massiven Polizeieinsatz im Verlauf ihres Abschlußplenums gestört.
Hintergrund war ein Besuch der First Ladies der aktuellen Ausstellung "Century of Architecture" in der Josef-Haubrich-Kunsthalle - im benachbarten Gebäude des VHS-Forum, in dem der Alternative Weltwirtschaftsgipfel stattfand.
Um den Gattinnen der G8-Staatsmänner eine saubere Kulisse zu bieten, wurde der Hof des VHS-Forums von mehreren Polizei-Hundertschaften und Sondereinsatzkommandos (SEK) umstellt, die TeilnehmerInnen des Kongresses wurden aufgefordert, die an der Außenseite des Gebäudes befindlichen Transparente abzuhängen. Die Kongreß-TeilnehmerInnen, die sich auf dem Hof befanden, wurden von den Einsatzkräften ins Gebäude gedrängt. Die Ein- und Ausgänge des VHS-Forums wurden zeitweise geschlossen, und 15 Personen wurden eingekesselt und mit einem Platzverweis belegt.
Die Abschlußdiskussion der Alternativen Konferenz konnte nicht wie geplant durchgeführt werden. Madjiguene Cissé, Vertreterin der französischen sans-papier-Bewegung, die beim Abschlußforum auf dem Podium saß, protestierte gegen das Vorgehen der Polizei. Die Polizei forderte von den TeilnehmerInnen, die das Gebäude verlassen wollten, sich auszuweisen - offensichtlich um Personen "sans papiers" festzunehmen.
Um 21.30 gaben Polizei und SEK die Ein- und Ausgänge schlußendlich wieder frei, die TeilnehmerInnen der Abschlußdiskussion setzten ihre Beratungen fort, erörterten u.a. die Frage, welche Konsequenzen die weiterhin massive Polizeipräsenz um das Gebäude herum für einige Anwesende "sans papiers" haben könnte.
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