Nach dem Kongreß

Re: Benno-Ohnesorg-Kongress abgebrochen

Absender : R.SCHULDT@LINK-CR.bawue.cl.sub.de Betreff: Re: Benno-Ohnesorg-Kongress abgebrochen Datum: Di 03.06.97, 00:57 (erhalten: 04.06.97)

TREND@TBX.berlinet.de meinte am 01.06.97 zum Thema "Benno-Ohnesorg-Kongreß abgebrochen":

Zuvor hatte Jutta Ditfurth verlangt, daß Rainer Langhans (Kommune 1) des Saales verwiesen werden müsse, weil er ihrer Meinung nach ein "esoterischer Faschist" sei. Dies war auf Intervention seitens der Moderatoren gescheitert.

Was für ein erbärmliches Armutszeugnis stellt es doch dar,wenn die VeranstalterInnen eines linken Kongresses nicht mal in der Lage dazu sind,einen Propagandisten des "spirituellen Faschismus"aus dem Saal rauszuschmeissen? Langhans bezeichnet den Nationalsozialismus als ersten grossen Versuch,Materie und Spiritualität zu verschmelzen."Spiritualität in Deutschland heisst Hitler.",meinte der Exkommunarde."Von Hitler muss man erst mal seine Vision verstehen und dann seine Fehler sehen (...).Wir müssen sozusagen die besseren Faschisten werden",so Langhans.Er bewundert die Nazis und vorallem die SS.Diese hätten eine "hohe Sterbekultur" besessen und wären uns armen Zeitgenossen im Bewusstsein der "Notwendigkeit des Sterbens"haushoch überlegen gewesen.

In einer nächtlichen Notsitzung der auf dem Kongreß anwesenden Genossinnen und Genossen des Berliner SDS des Jahres 1967, des Vertreters der CISNU, derjenigen persischen Organisation, die den Anti-Schah-Protest in Berlin vorbereitet und getragen hatte, dem Zentralrat der umherschweifenden Haschrebellen und der Redaktion der Onlinezeitung TREND wurde eine Erklärung beschlossen, vor Eintritt in die 3. Generaldebatte zu verlesen werden sollte. Gegen 14.20 Uhr am heutigen Tage wurde die 3. Generaldebatte "Radikale Opposition heute?" mit folgenden TeilnehmerInnen eröffnet: Johannes Agnoli (Hochschullehrer, Italien), Biplab Basu (Antirassistische Initiative Berlin), Bernd Gehrke (DDR-> Bürgerrechtler, Bündnis Kritischer GewerkschafterInnen Ost/ West, Berlin) Johann von Rauch (ehemals Bewegung 2. Juni, München) sowie einer Vertreterin der Zeitschrift Freiraum (München) und einem Mitglieder LinkeListe/JungeDemokraten, Berlin. Moderiert wurde das Podium von Indre Illig ( Studentin, Berlin) und Günter Langer (Redaktion trend, Berlin).

Soll dies eine Auflistung von Ex-Linken sein,die sich in den heutigen traurigen Zeiten mit Faschisten an einen Tisch setzen?

Vor Eintritt in die Debatte verlaß Günter Langer die in der Nacht zuvor beschlossene Erklärung, sie hatte folgenden Wortlaut: In Abwandlung des Spruchs der russischen Anarchistin Emma Goldmann "Wenn ich hier nicht tanzen darf, ist dies nicht meine Revolution", sagen wir: "Wenn hier nicht alle Protagonisten des Protestes vom 2. Juni 1967 teilnehmen dürfen, die es wollen, ist das nicht unsere Veranstaltung".

War das eine Veranstaltung von lauter NostalgierterInnen von vorvorgestern? Oder hätte der Kongress nicht einen Sinn haben können,wenn dort mit Blick auf die geschichtliche Vergangenheit Perspektiven im linken und antifaschistischen Widerstand in der heutigen Zeit diskutiert worden wäre? Dies scheint nicht der Fall gewesen zu sein, denn Seit gestern wissen wir auch, wer mit dem Programm-Motto "Wer hat Angst vor'm Eiermann?" gemeint war. Es ist Jutta Ditfurth und ihre Claqueure aus einer Gruppe, die sich Ökolinx nennt.

Eine Gruppe,die sich Ökolinx nennt,ist mir nicht bekannt.Es gibt eine antifaschistische Partei,die sich als Ökologische Linke organisiert hat.Der Ökologischen Linken nahestehend ist eine autonome Zeitschrift,deren Namen ÖkolinX ist. "Wer hat Angst vor'm Eiermann?" So werden auf die aller primitivste Art und Weise AntifaschistInnen als "Claqueure" diffarmiert,und dies von Leuten,die sich selber angeblich den Linken zurechnen.Damit auch ja keine Zweifel aufkommen,wird im Anschluss daran auch noch "linkes Geschichtsbewusstsein" demonstriert:

Wir vermissen ferner die Teilnahme des im Programmheft angekündigten Rolf Heißler. Wie informierte ZeitgenossInnen wissen, sitzt der Genosse seit über zwanzig Jahren im Knast. Wir finden, daß es Zeit ist, ihm von nun an die Freiheit zu geben, an allen zukünftigen Veranstaltungen teilzunehmen. Im Programm wird ferner der durch und durch deutsche Charakter dieser Veranstaltung deutlich. Der internationale Aspekt blieb völlig ausgeblendet. Damals kämpften wir gegen das despotische Schah-Regime, gegen den Krieg in Vietnam, gegen den Faschismus in Griechenland, Spanien und Portugal, für die Freiheit von Huey Newton und Angela Davis.

Haben es nun alle richtig kapiert? Denn schlieslich sind "wir" ja eigentlich die "wahren Linken":

Laßt uns heute wenigstens die Freiheit von Mumia Abu-Jamal, Geronimo Pratt und Leonard Peltier aus US-amerikanischen Gefängnissen fordern.

Also,wenn das nicht wirklich eine richtig linke Forderung ist.Da muss ja wirklich jede/r blöd sein,wer das antifaschistische Bewusstsein der VerfasserInnen dieser Erklärung in Frage stellt.

Nach einigen anschließenden Wortgefechten ergriff Johannes Agnoli das Wort. Er kritisierte den Versuch von Jutta Ditfurth und ihrer Ökolinx-Gruppe, ihnen politisch nicht genehme Personen von diesem Kongreß auszugrenzen.

Na da können Langer und seine FreundInnen aber froh sein,wenn sie selbst von so angesehenen Leuten wie Agnoli Rückendeckung bekommen.Wenn schon jemand wie Agnoli keine Faschisten ausgrenzen will,dann kann es doch gar nicht falsch sein,oder?

An Günter Langer kritisierte er, daß dieser in seinem Redebeitrag Jutta Ditfurth nicht mehr als "Genossin" sondern als "die Person" bezeichnet hatte. Als Günter Langer daraufhin antwortete, daß er Personen, die ihn mit "blankem Haß in den Augen" vom Podium vertreiben, nicht mehr als "Genossin" bezeichnen könne, sprang Manfred Zieran, der Lebensgefährte von Jutta Ditfurth, auf das Podium und versuchte, auf Günter Langer einzuprügeln. Es ist allein der Tatsache zu verdanken, daß sich spontan die beiden ehemaligen Mitglieder der Bewegung 2. Juni (Bommi Baumann und Johann von Rauch - der Bruder des von der Polizei 1971 erschossenen Georg von Rauch) schützend vor den Angegriffenen stellten und deutlich machten, weitere Tätlichkeiten entsprechend zu verhindern, daß es zu keinen weiteren Gewalttätigkeiten seitens der Ökolinx-Gruppe kam.

Au ja,jetzt wird es ganz dramatisch.Da müssen jetzt schon die gestandenen Kämpfer von der Bewegung 2.Juni dem armen Langer zu Hilfe eilen.Leider war ich bei diesem Kongress nicht dabei,aber wenn ich diesen ganzen Blödsinn hier lese,kann ich nur vermuten,dass Langer völlig zurecht Prügel bezogen hätte.

Nach diesem Tumult verließen alle RefentInnen das Podium.Dabei erklärte Biplab Asu, daß er mit einer Linken, die "Gewalt in der Diskussion einsetzt", nicht mehr diskutieren will. Dabei wurde er massiv von AnhängerInnen der Ökolinx- Gruppe niedergeschrien. Dem schloß sich Bernd Gehrke mit der Begründung an, daß er mit einer Linken, die "prügeln will", nicht diskutieren werden.

Ich würde vorschlagen,einmal ganz gelassen die Gegendarstellung der Ökologischen Linken abzuwarten.

Stefan Pribnow schlug nun vor, daß erstens Jutta Ditfurth, die Möglichkeit erhalten solle, ihre Position zu begründen, und zweitens dann die ReferentInnen mit der 3. Generaldebatte beginnen sollten. Jutta Ditfurth las nun, stehend vor leerem Podium, einige Zitate aus einem taz-Interview von Rainer Langhans aus dem Jahre 1985 (!!!) vor, die sie mit ihren Interpretation versah, die einzig darauf abzielten, ihn als "esoterischen Faschisten" zu charakterisieren.

Und nocheinmal der primitive Versuch,Jutta Ditfurth als blöd hinzustellen.Was bleibt eigentlich der armseligen trend Redaktion, wenn Jutta Ditfurth umfangreich belegen kann,dass sie recht hat?

Da keiner der ReferentInnen aufs Podium zurückkam, wurde der Kongreß an dieser Stelle abgebrochen.

Dies ist dann nun mal der bequemste Weg,sich um eine antifaschistische Haltung und Position zu drücken.Und diese ReferentInnen wollen ernsthaft etwas zum linken Widerstand beitragen? Ein grösseres Armutszeugnis wie auf diesem Kongress konnte wohl nicht mehr abgegeben werden.

mit antifaschistischen Grüssen,

Rainer Schuldt

"DIE REVOLUTION IST GROSSARTIG,ALLES ANDERE IST QUARK." Rosa Luxemburg 1906