Was die BRAVO bisher nicht leisten sonnte...

INTERIM sei Dank - endlich wissen wir, was Liebe und Leidenschaft denn nun wirklich sind! Gut, daß es wenigsten eine aktive Leserin gibt, die mit wenigen Sätzen .all unsere Fragen bezüglich dieses schwierigen Themas beantwortet.

Nee, jetzt aber mal ernsthaft: denn eigentlich fällt uns das Lachen angesichts Deiner Stellungnahme ganz schön schwer. Die Überlegung, daß soviele unterschiedliche Wahrnehmungen und Empfindungen hinsichtlich Liebe und Leidenschaft existieren wie es Menschen gibt, ist Dir wohl noch nicht gekommen. Du gehst von einem Normzustand aus, wie das Verhältnis zwischen Männern und Frauen auszusehen hat und wendest diese Norm auf alle Menschen an. Die Fragen sind aber: Wer setzt solche Normen ? Wer reproduziert sie ständig aufs Neue durch An- und Übernahme? Und vor allem: welchen Zwecken dienen sie?

Grundsätzlich müssen wir wohl erstmal klarstellen, daß wir bei einer Vergewaltigung die Schilderung des konkreten Geschehens als nicht notwendig ansehen. Einzig und allein die betroffene Person besitzt das Recht und die Möglichkeit zu entscheiden, ab ihre Grenzen verletzt worden sind, ob es eine Vergewaltigung darstellt oder nicht. Es kotzt uns einfach an, immer wieder gegen gängige Klischees in den Köpfen vieler Menschen ankämpfen zu müssen. Nach unseren bisherigen Erfahrungen laufen sämtliche Vergewaltigungsdebatten nach dem gleichen Schema ab: Nichtakzeptanz der Definitionsmacht der Frau; Unterstellen von Rachegelüsten und die Annahme, sie würde den Vergewaltigungsvorwurf zu ihren persönlichen Vorteil benutzen; Infragestellen der emotionalen Urteilsfähigkeit bis hin zum Anzweifeln ihrer Zurechnungsfähigkeit.

Das ist Täterschutz!!! Und genau das machst Du auch! Du unterstellst "puren Männerhaß" als Motiv und wirfst der Frau eine (selbst-) "kreierte Opferrolle" vor die angeblich irgendwie "praktisch" sein soll. Anscheinend ist Dir nicht klar, wieviel Kraft, Selbstreflexion und Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen/Bedürfnissen notwendig sind, um eine Vergewaltigung innerhalb dieser Gesellschaft und auch in dieser "Szene" öffentlich zu machen. Nicht nur das Bürgerliche Gesetzbuch geht von einer Mitverantwortung, sprich Mitschuld, der Frau aus. Wie so häufig hat die betroffene Frau Schuld und Verantwortung zuerst bei sich gesucht. Angesichts dessen halten wir das Verhalten der Frau für alles andere als feige. Allein schon die Tatsache, daß sie aus Angst vor Repressionen keine Namen nennt, zeigt, daß sie dieser Schritt ziemlich viel Überwindung gekostet hat.

Weiterhin benutzt Du das Wort "natürlich" bzw. "nicht natürlich" bezogen auf ihre "Einstellung zum männlichen Geschlechtsorgan". Was sind denn Deine Kriterien für eine "natürliche Einstellungen? In diesem Zusammenhang ist das Wort "natürlich" biologistisch und heterosexistisch! Du hast auch gleich den Grund für ihre "unnatürliche Einstellung" parat: weil ihre Gefühle übergangen worden sind oder sie diese selbst übergangen hat. Gleichzeitig machst Du ihr paradoxerweise die Tatsache, daß sie dagegen handelt nämlich ihre persöhnlichen Bedürfnisse wahrnimmt und artikuliert zum Vorwurf. Ihre Wut ist Deiner Ansicht nach in einem "für diese Situation unpassenden" Zeitpunkt hervorgebrochen. Bezeichnenderweise denkst Du beurteilen zu können, inwiefern ihre Reaktion berechtigt war und in gleicher Art und Weise wie der Täter selbst, stellst Du sie als verrückt und somit unmündig bzw. therapiebedürftig dar. Sicher ging es dem Typen nicht um Befriedigung und darum, sie zu "beglücken", sondern es steckt mehr da hinter. Doch ist "Liebe" gerade in Beziehungen oft nur ein Mantel, der Machtverhältnisse verschleiert. Macht braucht Bestätigung. Wird diese entzogen, wird Macht zur Ohnmacht. Macht drückt sich u.a. in der Verfügung über andere aus. In diesem Fall: er bestimmt Zeit und Ort, ein beidseitiges Einverständnis ist nicht gegeben. Macht wird durch die Möglichkeit zur Verfügung bestätigt. Gegebenfalls muß Gewalt angewendet werden sei es subtil durch eine wie auch immer geartete Androhung oder eben direkt. Gewalt hat viele Gesichter! Wird Macht mittels Gewalt durchgesetzt, wird sie zur Herrschaft. Dementsprechend ist Vergewaltigung Herrschaftsausübung mittels sexualisierter Gewalt. Die Grenzen, ob und wann dies geschieht, sind subtil und fließend. Ein Infragestellen patriachaler Normen greift Grundvorstellungen an und Opfer dieser Wertvorstellungen sind unbequem, werden als TäterInnen diffarmiert. Niemand ist frei von gesellschaftlichen Gewalt und Herrschaftsverhältnissen. Diese Tatsache blendest Du völlig aus. Vergewaltigung und sexuelle Belästigung sind aber verdammt nochmal kein zwischenmenschliches Kommunikationsproblem und dürfen nicht individualisiert werden!

"Sexualnormen sind wichtige Herrschaftsinstrumente und niemand lehnt sich auf, wenn er (oder sie!) sexuell befriedigt zu sein glaubt."(Horst Herrmann: Vaterliebe) Bei Dir hat diese Verinnerlichung offensichtlich hervorragend geklappt!

DIE ÜBLICHEN PAROLEN
Die dogmatischen Kampfemanzen & ihr Quotenmann
(vegan sind wir natürlich auch!)

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