Yeah, Revolution goes Internet

Wir sind noch nicht bei otelo, wir sind bei der Telekom. Dunkel ist es auch schon und nicht mehr ganz so teuer. Wir gehören zur Infoelite.

Wenn wir es einmal nicht schaffen uns eine Interim zu kaufen, macht nix, wir haben eine große Festplatte auf unserem WG-PC. Da speichern wir schonmal die Interim-Ausgaben 425 bis 431 [zu erreichen zum Beispiel über hatetepe doppelpunkt backslash backslash wewewe punkt berlinet punkt de e backslah trend backslash beilaggen punkt htm unter Projekte 8 Soliseiten oder hate-tepe doppelpunkt backslash backslash wewewe punkt nadir punkt arg backslash nadir backslash periodika siehe unter Interim] nachträglich ab. Wir wissen zwar nicht warum, aber wir glauben das es da auch die nächsten Nummern irgendwann geben wird. Und Platz spart es auch und die zweimarkfuffzich geben wir lieber der Telekom.

Wir wissen auch nicht so genau warum ausgerechnet diese sechs Nummern Online abzurufen sind. "Als Solipage und zu Dokumentationszwecken" erklärt uns die inhaltlich verantwortliche Trend-Redaktion. Hängt vielleicht irgendwie mit der Repression zusammen, erklären wir uns das dann. Nämlich da wo der Staatsschutz Mitte Juni kräftig am lokalen Zeitungsbäumchen schüttelte um zu sehen welche Pflaumen so runterfallen.

Zwei Mausklicke weiter erklären dann einige Interims via Bildschirm, daß es was zu lesen gibt, etwas das als Erweiterung der Printausgabe zu verstehen ist. Fein und nix wie hin, denkt da die Infoelite. Entpuppt sich dann (immerhin oder nur) als Pressestimmen und eine Erklärung zu den Durchsuchungen. Inzwischen is Ende Oktober, gähn, (k)alter Kaffee.

Noch abgestandener wird der Kaffee im Nadir Archiv. Dort nochmal vorbeizuschauen sind wir jüngst animiert worden durch eine Kleinanzeige in der Interim, Papierausgabe. Dort sind die jüngsten Prozeßinfos zu Hogefeld vom Januar 97, ist die Sexismusdebatte bei Heiter und Wolkig Ende 96 abgebrochen. Da wird jede schwarze Feder blaß. Wozu Nadir "ein Info-System zu linker Politik und sozialen Bewegungen" (so die Selbstdarstellung), fragen wir uns. Etwas aktueller sind die Beiträge zu Rassismus/Antifa.

Vielleicht sollten wir doch statt mit Maus zu Fuß beim Papiertiger vorbeischauen. Die gibt es ja laut Interim-Kleinanzeigen auch noch und die suchen zur Fortsetzung ihrer Arbeit keine Festplatten sondern gute alte Aktenordner und Hängemappen und haben drei Tage die Woche geöffnet, zu jeweils unterschiedlichen Zeiten. Und wer es weiß, die weiß es und gehört irgendwie auch zur Infoelite. Zurück in den Cyberspace und zurückgemausklickt zu Trend (Url Adresse siehe oben). Da wird es zum Beispiel unter der Rubrik Termine wieder aktueller als die nächste Interim sein kann. Der Infoladen Daneben aus der Liebigstraße zeichnet zum Beispiel für den Link "Streßfaktor" verantwortlich: Ein Kalender für Subkultur und Politik. Infotainmentpolitik.

Oder der Buchladen Schwarze Risse. Gibt seine Termine, aktuell Lesungen, online bekannt. Später vielleicht zu lesen in der Interim: Geronimo trifft am 21.11. schwarze Feder um 20 Uhr, ja ganz feurig: Glut und Asche. Bereits knapp drei Wochen zuvor promotet Uwe Rada, Mitarbeiter der Taz-Redaktion Berlin, sein erstes und noch nicht veröffentlichtes Buch am selben Ort. Am 31.10 um 20 Uhr gehts es um Berlin-Hauptstadt der Verdrängung.

Oh Meister Rada, werdet ihr in den heiligen Hallen mehr als nur politische Hilflosigkeit verkünden? Selbiges werft ihr immerhin im taz Kommentar am 6.10. den Brandstifterinnen vom Teutoburger Platz vor. Entwickelt ihr euch nicht auch zu einem Heuchler, wenn ihr die Medienfixiertheit der Zündelkünstlerinnen anprangert und behauptet daß "der Kampf um die beste Sendezeit bei der Tagesschau Anlaß für die militante Blitzaktion" war? Lehnt euch zurück in eurem Redaktionssessel und verbreitet solchen Müll?, bezahlt! Für ein Medium das sich letztendlich am wichtigsten Kriterium mißt: Auflage. Ohne eine Zeile eures Büchleins bisher gelesen oder gehört zu haben, behaupten wir: Nix neues steht da nicht drin, gibs da im Mehringhof auch nich zu hören. Wir wissen es schon heute, obwohl der Termin übermorgen vielleicht noch gar nicht in der Interim bekannt gegeben wird. Schließlich gehören wir zur Infoeltite.

Und die ist, so behaupten die Statistiker bergauf und bergab in der Mehrzahl weiß, männlich um die dreißig und hat ein gesichertes Einkommen.

Bevor wir uns nun endgültig in den weiten des Cyberspace verlieren grübeln wir kurz darüber nach: Wer braucht da wen und warum. Schwarze Risse die Interim? Die Interim das Intemet? Nadir die Interim? Das Internet die Interim? Die Interim noch Leserinnen?

Wir fragen uns auch: Stecken Teile der Interim ihre Kraft und Energie nun in ein digitales Archiv-Projekt? Ist unserer Meinung nach nicht unbedingt falsch, nur ein öffentliches Bekenntnis wäre an diesem Punkt vielleicht angebracht. Eine derartige interne Kräfteverschiebung würde denn auch die anhaltenden Bleiwüsten erklären. Leserinnenfeindlich und ganz sportiv möglichst jede Seite in einem anderen A4 Format, mal quer mal längs. Vielleicht ein Reflex auf das was die Interim über weite Strecken ist: Nicht Spaß, sondern Arbeit und Streß. Angeblich die schlechteste aller revolutionären Grundlagen. Dabei haben wir den Eindruck, daß der/die Staatsschutz mit seiner/ihrer Bäumchen schüttel dich Aktion eine praktische Solidarität ausgelöst hat, die der Interim eine neue Qualität verleihen könnte: Es gibt mehr Texte die (nicht nur unserer Meinung nach) über ein übliches Flugblattniveau hinausgehen. Das die Interim nur so gut und so interessant ist wie die Texte die der jeweiligen Redaktion zugeschickt werden is nix neues. Schließlich sind wir ja alle (noch) ein bißchen Interim. So wollen wir an dieser Stelle, ganz konkret, Max und Moritz sowie die Genossinnen der A.E.G. i.A auffordern ihre Ankündigungen in die Tat umzusetzen: Mehr Texte und wenns geht nicht im Internet.

Poschte Skriptum: Liebe Freundinnen vom Staatsschutz: Wir haben diesen Text auf unserer Festplatte unter würg.txt gespeichert, ausgedruckt und dann gelöscht. Anschließend von unserem PC mit Norton Utilities 8.0 dreißigfach überschreiben lassen, wie von M.O.I. empfohlen. Ihr könnt bei jeder Durchsuchung noch soviel Festplatten aus den Häusern tragen, ihr kocht auch nur mit Wasser und wir euren Koch!

Berlin im Oktober

Kollektiv Steinbeißer

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