Schluß mit der rassistischen Behandlung von Flüchtlingen in Berlin.

Ende September stand es in allen Tageszeitungen zu lesen: SORAT schließt die Sachleistungsmagazine für Flüchtlinge in Berlin (Hintergrundinformationen auf der Rückseite). Dies wäre die Konsequenz aus dem Widerstand der Betroffenen und dem Protest von FlüchtlingsunterstützerInnen- und Menschenrechtsgruppen gewesen. Es hatte in den letzten Monaten eine breite öffentliche Kritik an der Doppelzüngigkeit der Firma SORAT, die neben den Sachleistungsmagazinen auch eine Hotelkette mit international-kulturellem Ambiente betreibt, gegeben, An den Magazinen habe SORAT ja gar nichts verdient, so wurde von der Firma und dem Senat immer wieder versichert. Dann beruhen ihre Geschäfte also noch nicht einmal auf ganz gewöhnlichem kapitalistischen Gewinnstreben, sondern auf purem Rassismus. Diese Kritik hatte nun dazu geführt, daß SORAT, wenn auch mit fadenscheinigen Gründen, medienwirksam die Schließung der Magazine verkündete.

SORAT betreibt die Sachleistungsmagazine weiter!

Nun sind einige Wochen vergangen. SORAT betreibt die Magazine stillschweigend weiter und hofft, daß niemand dies merkt ... Die Zustände in den Magazinen sind die gleichen wie bisher: Sie bieten eine geringe Auswahl, die Waren sind teurer als in den meisten Supermärkten, oft ist die Haltbarkeitszeit abgelaufen, Waren sind verdorben, das Personal ist häufig überfordert, gestreßt und unfreundlich.

Es ist wichtig, weiter Druck auf SORAT auszuüben. Wir fordern die Schließung der Sachleistungsmagazine und die Rückkehr zu voller Sozialhilfe in bar und rufen deshalbZu zwei Kundgebungen auf:

Mittwoch, 12.11.97, 14 Uhr vor dem Sachleistungsmagazin in der Methfesselstraße 43, Nähe Platz der Luftbrücke

Und:

Freitag, 14.11.97, 17.00 Uhr, vor dem Sorat-Hotel in der Joachimstaler Str. 29, zwischen Kudamm und Lietzenburger Straße

Hintergrund: Das rassistische Asylbewerberleistungsgesetz Zum 1597 wurde das Asylbewerberleistungsgestz massiv ausgeweitet Noch viel mehr Flüchtlinge als bisher schon wird für mindestens drei Jahre der Lebenstandard deutlich unter das Existenzminimum der Sozialhilfe

Gekürzt. Betroffen sind AsylbewerberInnen, Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge und alle Flüchtlinge es einer Duldung, d. h. Menschen, die auf Zeit hier leben: Bundesweit um die 500.000, in Berlin 30.000 Menschen. Sie müssen in Heimen und Lagern wohnen, dürfen nicht arbeiten haben kaum Rechte auf medizinische Versorgung und keinen Anspruch auf Sozialhilfe. Was sie noch erhalten, entspricht im Wert nicht einmal 80% des Sozialhilfesatzes. Das Gesetz gibt nicht zwingend vor in welcher Form die Flüchtlinge Leistungen bekommen sollen. Doch die Berliner Sozialsenatorin ist sehr bemüht zu bewirken, daß alle Bezirkssozialämter auf das Prinzip von Sachleistungen und 80,- DM Taschengeld umstellen. Insgesamt ist das sehr viel aufwendiger und damit teurer, als den Menschen den vollen Sozialhilfesatz auszuzahlen. Es dient einzig dazu, sie zu entwürdigen ihnen des Leben in Deutschland möglichst schwer zu machen und sie in den Augen der übrigen Bevölkerung zu ‚Menschen Dritter Klasse' zu machen. Von dem Taschengeld können Familien z. B. noch nicht einmal Fahrkarten für Schulkinder zahlen

Wir lehnen das Asylbewerberleistungsgesetz als rassistisches Sondergesetz ab!

Zur Zeit müssen in Berlin ca 2 500 Menschen bargeldlos in zwei Sachleistungsmagazinen 'einkaufen' Diese Magaziune, eines in Reinickendorf, eines in Kreuzberg, werden von SORAT betrieben und von SPAR liefert. Sie müssen quer durch die Stadt fahren - auch diese Fahrkarten gehen von den 80,- DM Taschengeld ab - um das Nötigste zum Leben zu erhalten. Innerhalb kurzer Öffnungszeiten müssen Wartemarken gezogen und lange Wartezeiten abgesessen werden. Die Magazine bieten eine geringe Auswahl, die Waren sind teurer als in den meisten Supermärkten, oft ist die Haltbarkeitszeit abgelaufen, Waren sind verdarben, das Personat ist häufig uberfordet, gestreßt und unfreundlich.

aktuell: Die genauen Umstände der angekündigten Magazinschließung wurden in der Öffentlichkeit kaum zur Kenntnis genommen. Weder zog sich SORAT damit aus dem Geschäft mit den Sachleistungen zurück, noch rückte der Senat von seinem Ziel ab, alle 32.000 in Berlin potentiell betroffenen Flüchtlinge nur noch mit Sachleistungen zu versorgen. Statt dessen erklärte sich SORAT bereit, für eine Übergangszeit ein System zu organisieren, mit dem die bisher schon betroffenen Flüchtlinge mit Wertgutscheinen in verschiedenen Supermärkten und Einzelhandelsgeschäften hätten einkaufen sollen. In jedem Fall freilich mit Leistungen, die ihrem Wert nach deutlich unter dem Existenzminimum des Sozialhilferechts liegen. Das wird es nun auch nicht geben. Statt dessen betreibt SORAT die Magazine stillschweigend weiter und hofft, daß niemand dies merkt ...

Nach Zeitungsberichten liegt das daran, daß keine ausreichende Zahl von Supermärkten und Einzelhandelsgeschäften für die Beteiligung an dem Gutscheinsystem gewonnen werden konnte. Das war abzusehen: Der bürokratische Aufwand des - ohnehin nur als Übergangsregelung - geplanten Systems wäre viel zu hoch gewesen.

Das kann aber kein Grund sein, nun alles beim alten zu belassen: SORAT muß die Magazine schließen. Der Senat muß wieder zur Auszahlung von Bargeld zurückgehen.

zukünftig: Langfristig soll für alle 32.000 Betroffenen ein 'Chipkartensystem' eingeführt werden, das ebenfalls bargeldlose Einkäufe in gängigen Geschäften ermöglicht. Als Zielvorstellung wird hier der Jahresbeginn 1998 genannt. Durch eine europaweite Ausschreibung soll jetzt ein Unternehmen gefunden werden, das dieses System für den Senat managt. Auch hier hat dem Vernehmen nach SORAT, neben anderen Firmen, seine Bewerbung abgegeben. Die Organisation der Ausschreibung hat übrigens das Bezirksamt Zehlendorf übernommen.

Außerdem plant bereits die nächste Verschärfung des Asylbewerberleistungsgesetzes. In das Gesetz soll ein neuer Paragraph eingefügt werden, nach dem Flüchtlinge, die angeblich "nach Deutschland gekommen sind, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu beziehen', keinen Anspruch mehr darauf haben. Das wäre ein richtiger 'Gummiparagraph', mit dem die zuständigen Behörden einem Großteil der Flüchtlinge bereits den Anspruch auf das Nötigste zum Überleben aberkennen wollen

Widerstand gegen jede Form von Rassismus und Sozialabbau!

V.i.S.d.P.: B. Leiberecht, Straße der Pariser Commune 1, 10243 Berlin

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