Zu der Hohlkopfaktion am Teutoburger Platz in Prenzlauer Berg

Am 03.10.1997 wurden am Teutoburger Platz mehrere Autos abgefackelt, die als Barrikaden benutzt wurden, und der "Kaisers"-Markt ausgebrannt. Die Aktion fand zeitlich unmittelbar nach einem relativ kleinen Platzfest von Bündnis 90/Die Grünen statt. Ein inhaltlicher Zusammenhang (z.B. Bullen räumen Fest, Leute sind sauer und tun was) bestand jedoch nicht. Die abgefackelten Autos waren u.a. ein Wartburg und der Lieferwagen eines Selbsthilfehauses. Sichtbar "dicke Schlitten" konnte ich am nächsten Morgen unter den Autoleichen, die noch am Platz standen, nicht orten. Es steht zu befürchten, daß diese Hohlkopfaktion von Leuten, die sich als links/linksradikal bezeichnen, durchgeführt wurde.

Die Aktion war brillant geplant und durchgeführt, aber das ist auch schon das einzig positive, was sich dazu sagen läßt. (Dasselbe sagt meine Mami auch zum zweiten Golfkrieg). Ansonsten: Scheiße! Diese Form von Militanz hat für mich mit linksradikaler Politik nichts zu tun. l. Es hat (zumindest es hat auch, falls die dicken Schlittenleichen vielleicht schon abgeschleppt waren) eindeutig die falschen Autos getroffen.

2. Ich kann nicht sehen, was es an radikalen politischen Veränderungen bringt, wenn die Anwohner/innen zukünftig bei der Konkurrenz von Kaisers zwei Straßen weiter einkaufen müssen. Und die plünderfreudigen Volksmassen waren am Donnerstag abend ja auch nicht zugegen, so daß auch das Argument, daß Ihr da ganz großartig den Tupamaros nachgeeifert habt, nicht greift.

3. Den Vietnamesen/innen, die seit Jahren am Platz Zigaretten verkauft haben, geht seit dem Abfackeln von Kaisers die Hauptkundschaft verloren. Außerdem sind zumindest z.Zt. soviel Streifen dort unterwegs, daß das Zigarettenverkaufen kaum noch möglich ist. Vor dem anderen Supermarkt geht es nicht, weil dieser an einer Hauptstraße liegt.

4. Ich dachte, es gäbe sowas wie einen Konsens, daß Aktionen direkt wirksam sein sollten und für sich sprechen (z.B. Angriffe auf staatliche Gebäude). Bei Eurer Aktion sehe ich das leider nicht. Warum nicht die Friedrichstadtpassagen? Ich bin gespannt, mit welchen Konstrukten Ihr Eure Aktion nachträglich vermittelbar zu machen versucht. Hoffentlich denkt Ihr dann daran, die Aktion nicht nur szeneintern zu begründen, sondern vor Ort zu vermitteln!

Mit unfreundlichen Grüßen

eine Anwohnerin

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