Initiative Kein Mensch ist illegal c/o FFM Gneisenaustr. 2a 10961 Berlin

EINIGE GESELLSCHAFTLICHE UND POLITISCHE EINSCHÄTZUNGEN

Seit l989/90 hat sich die Situation von MigrantInnen und Flüchtlingen, selbst gegenüber dem vorherigen schlechten Normalzustand, extrem verschärft. Dies betrifft nicht nur die offene Diskriminierung von Nicht-"deutsch"-Aussehenden auf der Straße sowie die faschistischen Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte - oftmals unterstützt von der örtlichen Bevölkerung und angeheizt von beispiellosen medialen Kampagnen. MigrantInnen sind heute in Deutschland tagtäglich Angst und Terror ausgesetzt, und dies ist auch unmittelbares Resultat und Ziel staatlicher Politik.

Illegalisierte sind von diesem politischen Klima in Deutschland besonders betroffen, von den Hetzkampagnen gegen vermeintlich "kriminelle Ausländer" wie von der sozialen und rechtlichen Ausgrenzung. Wir wollen in einer Kampagne die Illegalisierten in diesem Land unterstützen, dem politischen Klima der Ausgrenzung etwas entgegensetzen.

Mit ständig erneuerten Gesetzesverschärfungen wurde die Rechtlosigkeit und Illegalisierung von immer mehr Flüchtlingen und MigrantInnen vorangetrieben. War die Anti-Asyl-Kampagne das Vorspiel und die Begleitmusik zur faktischen Abschaffung des Asylrechts (1993), so wurde unmittelbar danach eine Kriminalisierungskampagne gegen MigrantInnen allgemein und Illegalisierte im Besonderen inszeniert. Damit soll die faktische Abschaffung jedweder sozialen Rechte und die breite illegalisierte Existenz, eine neue Form der "Vogelfreiheit" von Menschen in diesem Land, durchgesetzt werden. Heute wird, von rechter bis linksliberaler Öffentlichkeit, von Innenminister Kanther und dem künftigen SPD-Kanzlerkandidaten Schröder angeheizt, demagogisch der Kampf gegen die sog. Ausländerkriminialität und besonders gegen "Illegale" propagiert, die man "sofort abschieben" müsse.

Das staatliche Bedrohungsszenario, welches an die Stelle der "kommunistischen Gefahr" getreten ist, heißt heute "Organisierte Kriminalität" und nimmt immer mehr die Züge einer neuen "Gefahr aus dem Osten" an. Die Illegalisierung und Stigmatisierung von Migrantlnnen und Flüchtlingen mit dem Konstrukt der "Organisierten Kriminalität" soll nach der Abschaffung sozialer Minimal-standarts und halbwegs gesicherter Arbeitsverhältnisse nicht zuletzt eine neue Verwertungsoffensive in diesem Land durchsetzen. Diese geht einher mit den neuen Tönen aggressiv formulierter deutscher Machtansprüche über Osteuropa.

Auch wenn im staatlichen Selbstbild seit einigen Jahren scheinbar konsequenter gegen Rechtsradikale vorgegangen wird - mehrere Vereinigungen, die sich freilich großenteils ungehindert neu formiert haben, sind offiziell verboten worden -, so darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, daß wesentliche Programmatiken des organisierten Neo-Faschismus mittlerweile in den Repressionsmaßnahmen des deutschen Staates ihre Verwirklichung gefunden haben. Die "Ausländer raus"-Parolen - populaär nicht nur in faschistischen Gruppen, sondern in breiten Bevölkerungsteilen verankert - und die Forderung nach sozialer Ausgrenzung und Entrechtung der "Fremden" korrespondieren heute mit den Tischvorlagen der Innenministerien, allen voran Innenminister Kanther. Diese entfalten immer wieder neue Ideen, die nur ein Ziel kennen: das Leben von MigrantInnen hier "unerträglich zu machen" (Alisa Fuss, FR vom 11.8.1997), seien es nun immer neue Verschärfungen des Ausländergesetzes, wie die mögliche Aberkennung des Aufenthaltsrechts aufgrund von Demonstrationsdelikten ("Lex PKK"), oder die soziale Verelendung von Flüchtlingen per "Asylbewerberleistungsgesetz", das ein Leben weit unter dem Existenzminimum vorschreibt. Abschiebungen haben sich in den letzten fünf Jahren verzehnfacht. Der BGS terrorisiert MigrantInnen an den deutschen Grenzen und Flughäfen, Flüchtlinge werden in isolierten Lagern und Abschiebegefängnissen kaserniert, Razzien gegen Schwarze und Illegalisierte sind zur Hauptbeschäftigung großstädtischer Polizisten geworden. "Verdachtsunabhängige Personenkontrollen" der Polizei, in Bayern und Baden-Württemberg bereits gesetzlich verankert, in den restlichen Bundesländern längst Praxis, richten sich faktisch nur gegen MigrantInnen. Kontrolliert wird nach rassistischem Stereotyp, das alle, die nicht-deutsch aussehen, betrifft. Gleichzeitig wird die Einschüchterung von Illegalisierten, die sich nicht ausweisen können, verschärft. Die Ärmsten und Rechtlosen der Armen sollen sich nirgends mehr sicher fühlen. Fast jeden Tag eine Gesetzesidee, die die schnellere Ausweisung und Abschiebung und die systematische Verschlechterung der Lebensbedingungen von MigrantInnen vorantreibt. Diese Politik findet leider Anklang in weiten Teilen der Bevölkerung: Laut Umfragen halten z.B. über 80% das Asylrecht immer noch für "zu lasch". 3/4 der SPD-Basis begrüßen die ausländerfeindlichen Parolen Gerhard Schröders. Hier liegt ein inhumaner "Konsens aller DemokratInnen" vor, der nicht nur rechtsradikaler Gewalt zuarbeitet, sondern auch alltäglichen Rassismus begründet; Wie das Feindbild der "Asylantenfluten", das die faktische Abschaffung des Asylrechts vorbereitete, von großen Teilen der Bevölkerung getragen worden ist, so wird heute die Stigmatisierung des "kriminellen Illegalen" ("jugoslawische Hütchenspieler-Mafia", "russische Menschenhändler-" und "rumänische Schlepperbanden", "vietnamisische Zigaretten-Mafia", "peruanische Fälscherbanden" etc.) im rassistischen Bewußtsein der weißen deutschen Bevölkerung tief verankert.

Die Kriminalisierung der sog. Illegalen schafft das Bedrohungsszenario, das nicht nur zur Verschärfung sogen. Sicherheitsgesetze nach innen dient, sondern auch zur Aufrüstung an den Grenzen und zur Ausweitung der neuen Grenzregimes auf die sog. Sicheren Drittstaaten im Osten und Südosten. Während Kanther darin die Perspektive eines homogenen, deutschtümelnden Deutschland vertritt, andere Politikfraktionen eher eine multikulturelle Haltung einnehmen, ist man sich in der Frage der "Inneren Sicherheit", der polizeistaatlichen "Kriminalitätsbekämpfung" einig. Auch Teile der Grünen basteln am autoritären Sicherheitsstaat für den Modernisierungs-Angriff auf die Armen, für den "Standort Deutschland", in dem die Illegalisierten besonderer Gewalt ausgesetzt sind.

Die verschiedenen und zum Teil rivalisierenden Initiativen der herrschenden Politikfraktionen, gesellschaftlicher Gruppen sowie weiter Teile der Bevölkerung sind sich jedoch weitgehend einig im Bestreben, einen neuen deutschen, auf Rassismus und Ausgrenzung beruhenden Herrschafts-, Modernisierungs- und Ausbeutungs-Anspruch nach innen und außen durchzusetzen.

Wir sehen daher auch einen Zusammenhang von "sozialer Frage", die politisch fast durchweg eine "Ethnisierung" erfährt, und staatlicher Diskriminierungspolitik. In der neuen deutschen Innen- und Sozialpolitik bleibt Rassismus jedoch ein zentrales Moment. Es werden nicht nur allgemein soziale Leistungen drastisch gekürzt, sondern diese werden auch im besonderen nach rassistischen Kriterien hierarchisiert, wie u.a. an der fortschreitenden Kürzung sozialer Bezüge für Flüchtlinge - auf weniger als 2/3 des Sozialhilfesatzes - ersichtlich wird. Der gegenwärtige soziale Angriff von Staat und Kapital auf Löhne und Sozialleistungen kann kaum ohne die zunehmende soziale Marginalisierung von Flüchtlingen und MigrantInnen diskutiert werden. Diese soziale Ausgrenzung hat sich bereits Anfang der 90er Jahre zugespitzt, ohne daß dies von Linken besonders wahrgenommen wurde. Arbeitszwang für AsylbewerberInnen bei einem Lohn von zwei Mark pro Stunde oder Verdrängung in illegale Beschäftigungsverhältnisse teils mit vollem Lohnraub durch die Arbeitgeber, Sozialkürzungen auf ein Niveau weit unter der Armutsgrenze, die Abschaffung elementarer Gesundheitsversorgung prägten für Flüchtlinge bereits seit langem die Lebensrealität in Deutschland

Seit der Aufhebung des Asylrechts sind viele Migrantlnnen nun illegalisiert und dementsprechend ganz ins soziale Elend getrieben worden. Offensichtlich soll es den meisten Menschen schlechter gehen, und einigen ganz besonders schlecht, auch damit diejenigen Deutschen, denen es bald schlechter geht, sich besser fühlen. Diese soziale und politische Herrschaftsstrategie greift ineinander mit rassistischen Motiven in der deutschen Gesellschaft, die sich auch über die Verachtung von Andersaussehenden konstituiert. Übergriffe, Entrechtungen, Inhaftierungen und Abschiebungen sind keine Auswüchse oder Skandale; sie sind Alltag rechtsstaatlicher und demokratisch legitimierter Inhumanität.

Die Ökonomie von Ausgrenzung und Billiglöhnen verschärft sich zusehends in Deutschland und Europa. Visumszwang und Grenzaufrüstung, Abschiebemaßnahmen und Rückführungsverträge - die Festung Europa betreibt eine systematische Abschottungs- und Ausgrenzungspolitik. Die BRD als Vorreiterin treibt diesen Prozeß mit ihrer ökonomischen und politischen Macht voran: mit dem Schengener Abkommen in Westeuropa (der Vereinheitlichung der Ausländer- und Asylgesetzgebung auf niedrigstem Niveau), mit "Rückführungsabkommen" in Osteuropa. Die Grenz- und Vertreibungspolitik soll dabei auch das Lohn- und Ausbeutungsgefälle inner- und außerhalb der Festung Europa forcieren. Vom Staat u.a. mit Razzien und willkürlichen Kontrollen eingeschüchtert und stets von Abschiebung bedroht, sind die entrechteten und illegalisierten MigrantInnen doch als Billiglohnarbeitskräfte willkommen, erwünscht und gewollt. Die Entrechtlichung befähigt die ArbeitgeberInnen zum Druckausüben bis zum problemlosen Rausschmiss, sie zwingt die ArbeiterInnen zur Annahme niedrigster Löhne und miesester Arbeitsbedingungen, viele illegalisierte Frauen in sklavinnenähnliche Gewaltverhältnisse. Gerade deshalb gebietet es die neoliberale Raison, sie flexibel zu halten, sie unter Druck zu setzen, sie nach Bedarf zu verhaften und abzuschieben.

Nach innen wird die Gesellschaft sozial und rechtlich hierarchisiert, Rechte der Menschen werden immer weitgehender durch Polizeirechte ersetzt. Nach außen stützt dieses Grenzregime den Transfer von Reichtum aus den Peripherien in die Metropolen. Flucht und Migration in die Metropolen sind auch Reaktionen auf global gemanagte Ausbeutung und Unterdrückung, soziale Verhältnisse, die nicht zuletzt ihren Ursprung in der sogenannten "ersten Welt" haben, Flucht und Migration sind Ausdruck der Zerstörungen und Verfolgungen in den Herkunftsländern wie auch der Suche und Einforderung einer gesicherten, menschlichen Existenz.

Der Respekt gegenüber der Entscheidung, in deutschland Zuflucht zu suchen, bilset für uns die Grundlage für die Frage, in welcher Weise wir MigrantInnen beistehen können. Wir wollen sie unterstützen, Möglichkeiten finden, sich hier im Land zu organisieren. Die ständige Verschärfungen im Ausländerrecht und die faktische Abschaffung des Asylrechts bewirken einen sich stark ausweitenden Illegalisierungsprozeß. Jenseits eines statistischen Streits über das bestehende Ausmaß illegalisierter Existenz ist klar: Einreise und Aufenthalt ohne gültige Dokumente wird für immer mehr MigrantInnen zur Notwendigkeit, für viele zur Überlebensfrage.

Vor alle familiäre Strukturen und solidarisches Verhalten in Communities der MigrantInnen bieten Hilfe beim Überleben gegenüber der täglichen Repressioin und dem Abschiebeterror. Diese Widerständigkeit bleibt zumeist unsichtbar und kommt in der BRD allenfalls punktuell in Kirchenbesetzungs- und Hungerstreikaktionen ins Öffentliche. Eine Bewegung wie die der Papierlosen, der "Sans Papiers" in Frankreich, die heute mit gesellschaftlicher Unterstützung täglich vor Regierungsgebäuden demonstrieren, ist hier nicht in Sicht Gleichwohl müssen wir uns konkret die Frage stellen, wie wir die Kontakte zu PSelbstorojekten der !iclhsl<>ry,anisicrnny, von Miy,ranl innen verbessern können,und wie wir ihre Ansatze flankieren konnen Vor allem aber wie kann dazu beitragen werden, ein anderes politisches Klima herzustellen, in dem aktives l landeln von llley,alisier-ten leichter möglich wird? Wie kann dem sich zusehends verscharfenden Klima der Ausg,renzuny, und Erniedrigung, die sich vor aller Augen abspielt, entgegenwirkt werden?

Bisher haben wir alles in aliem auf politischer Ebene den genannten Verschärfungen und den demagogischen Debatten um "Asylmißbrauch", "Illegale" und "Organisierte Kriminalitat" üenig entgegenzusetzen. Aber es gibt dennoch einige Gruppen und Organisationen, die relativ bestandiy, Unterstützungsarbeit leisten, die sich um soziale Unterstutzung - auch illegalisierter Migrantlnnen - bemühen und versuchen, eine politische ÖfFentiichkeit herzustellen Die Zahl der stillen und of-fentlichen Zulluchts- und Kirchenasylprojekten ist trotz staatlichen Onicks nicht gering,er y,eivor-dcn und zur medizinischen Versorgung von Flüchtlingen sind neue Projektc entstanden Die Be-reitschaA übergreifend zusammenzuarbeiten, ist im gesamten Unters(utzungsspektnini - von kirchlichen Gruppen, unabhängigen Organisationen bis zu autononien l.usammenhangen - gewachsen.

Der Abschotlungs- und Illegalisierungspolitik des Staates gey,enuber Fluchtlingen wollen ivir neben der gemeinsamen Organisierung mit Migrantlnnen - u.a. eine praklische Solidaritatsarbeil entgegenzusetzen. Es gilt, die Grenzziehungen des deutschen Staates praktisch zu unterwandern Die Unterstützung von staatlich Illegalisierten bei der Organisierung ihres Lebensalltags ist ein Beitrag dazu, für offene Grenzen einzulreten und gleichzeitig die Lbene einer bloßen internationa-listischen Parole zu verlassen.

Mit einem Bündnis und einer Kampagne "Kein Mensch ist illegal" wollen wir daruber hinaus im besonderen das ölTentliche Klima verhndern Wir sehen diese initiative als langerfristiy,es Projekt, das sich nicht auf einen Punkt hin konzentriert. Der solidarischen t lilfe, die bereits besteht, wollen wir größeren politischen Ausdruck verschafTen, letztlich auch ihre Bedingv.ngen verbessern helen Vnsere Anstrenungen als übergreifende Koordination solien so nah wie möglich an der unmiitel-baren Praxis der Gruppen liegen. Die Initiative soll die einzelnen Projekte vor Ort politisch starken. Die Bündelung und Vernetzung - verbunden mit einer ofl'ensiven ÖfTentlichkeitsarbeit - soll den verschiedenen Projeklen politische Rückendeckung gehen, auch im Sinne eines Schutzes vor Kriminalisierungen.

Wir gehen davon aus, daß illegalisierte MigrantInnen in zunehmender Weise ins Fadenkreuz staatlicher Verfolgung und gesellschaßlicher Stigmatisierung geraten. Unsere Initiative zielt darauf, sich diesem verschärßen Hetzklima gemeinsam und offensiv entgegenzustellen. Letztlich soll diese Koordination auch eine Debatte über mögliche politische Forderungen aufgreifen. Der Abdruck einer Großanzeige unseres Aufrufs "KEIN MENSCH l IST ILLEGAL" in der Frankfurter Rundschau im Oktober soll einer der ersten Schritte sein. Der Respekt gegenüber der Entscheidung, in Deutschland Zuflucht zu suchen, bildet fair uns die Grundlage für die Frage, in welcher Weise wir MigrantInnen beistehen können. Wir wollen sie unterstützen, Möglichkeiten zu finden, sich für ihr Vberleben hier im Land zu organisieren. Die ständigen Verschärfungen im Ausländerrecht und die faktische Abschaffung des Asylrechts bewirken einen sich stark ausweitenden lllegalisierungsprozeß. Jenseits eines statistischen Streits über das bestehende Ausmaß illegalisierter Existenz ist klar: Einreise und Aufenthalt ohne gültige Dokumente wird für immer mehr Migrantlnnen zur Notwendigkeit, für viele zur Überlebensfrage.

Vor allem familiäre Strukturen und solidarisches Verhalten in Communities der Migrantlnnen bieten Hilfe beim Überleben gegenüber der täglichen Repression und dem Abschiebeterror. Diese WiderstAndigkeit bleibt zumeist unsichtbar und kommt in der BRD allenfalls punktuell in Kirchen-beselzungs- und Ilungerslreikaklionen ins Öffentlichen. Eine Bewegung wie die der Papierlosen, der "Sans Papiers" in Frankreich, die licutc mit gesellschaAlicher Unlerslülzung thglich vor ltcy,ic-

CD Migrantlnnen in entrechtetem, ungesichertem oder illegalisiertem Status gehören in allen Ländern Westeuropas zur gesellschaftlichen Realität. Mit der Abschottung Europas nach aul3en wurden die Asyl- und Ausländergesetze weiter verschärft. Menschen werden systematisch zu Illegalen gemacht:

  1. Den meisten Nicht-EU-Migrantlnnen und Flüchtlingen wird die legale Einreise in die BRD verweigert (Drietstaatenregelung, rechtsfreie Zonen auf Flughäfen); kommen sie dennoch über die Grenzen, gelten sie als illegal.

  2. Asylanträge werden zu 80-90% abgelehnt (auf Ablehnung orientierte Verfahren, Nichtanerkennung von Fluchtgründen...); wenn sich die Betroffenen der Abschiebung'entziehen, werden sie zu llfegalen.

  3. Erteilte Visa und Aufenthaltstitel sind an einen definierten Zweck und eine l'estgelegte Dauer gebunden. Überschreiten Nicht-EU-Studentlnnen ihre Studienzeiten, lassen sich Migrantlnnen von deutschen Ehepartnerlnnen scheiden oder werden "Saisonarbeiterlnnen" auf dem legalen Arbeitsmarkt nicht mehr gebraucht, werden sie zu illegalen.

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Migrantlnnen und Flüchtlinge sind in Europa uner- wünscht. Nachdem es für sie nahezu unmöglich ist, auf legalem Weg hierher zu fliehen, einzureisen oder einzuwandern, ist die Überschreitung der Staatsgrenzen nur noch "illegal" möglich und nicht selten mit tödlichen Gefahren verbunden. "Illegal" wird, wer bleibt, ob- wohl der Aufenthalt nicht mehr erlaubt, gestattet oder geduldet ist. Sy- stematisch werden die verbliebenen Einreise- und Aufenthalts- möglichkeiten reduziert. So wird eine immer größere Zahl von Men- schen in die Illegalität gezwungen.

Grenzen trennen nicht mehr nur Territorien, Grenzen trennen Menschen. Grenzen verlaufen überall: im Sozialamt wie au( dem Bahnhof, in der Innenstadt wie an der Staatsgrenze. Die Grenze ist überall, wo Menschen befürchten müssen, nach Papieren gefragt zu werden.

In entrechtetem, ungesichertem oder illegalisiertem Status zu leben, bedeutet die ständige Angst vor Denunziation und Erpressung, weil die Entdeckung Bestrafung, Abschiebehaft oder die sofortige Abschiebung zur Folge hat. Es bedeutet völlige Schutz- und Rechtlosigkeit gegenüber Behörden, Arbeitgebern und Vermietern, aber auch im Falle von Krankheiten, Unfällen oder Übergriffen. Es bedeutet auch, soziale Kontakte fürchten zu müssen. Kinder können keine Schule und keinen Kindergarten besuchen, Jugendliche keine Ausbildung anfangen. Es bedeutet, ständig auf der Hut zu sein.

Im Kampf gegen Rassismus wird es immer wichtiger, Migrantlnnen in ihren ICämpfen gegen lllegalisierung und für ihr Recht, überhaupt achte zu haben, politisch und praktisch zu unterstützen.

Jeder Mensch hat das Recht. selbst zu entscheiden, wo und wie er leben will. Der Regulierung von Migration und der systematischen Verweigerung von Rechten steht die Forderung nach Gleichheit in allen sozialen und politischen Belangen entgegen, nach der Respektierung der Menschenrechte jeder Person unabhangig von Herkunft und Papieren.

Deshalb rufen wir dazu auf, Nigrantlnnen bei der Ein- oder Weiterreise zu unterstützen. Wir rufen dazu auf, Migrant! nnen Arbeit und Papiere zu verschaffen. Wir rufen dazu auf, Migrantlnnen medizinische Versorgung, Schule und Ausbildung, Unterkunft und materielles Überleben zu gewährleisten.

;.i.;! in l Die Initiative Kein Mensch ist illegal sucht Unterstüaerlnnen;

  1. Unterzeichnerlnnen für die Veröffentlichung des Aufrufs in mehreren Tageszeitungen
  2. Aktive Unterstützerlnnen, die lllegalisierte konkret und praktisch unterstützen wollen
  3. Ärztlnnen und Rechtsanwältlnnen, die ihr Wissen Illegal isierten kostenlos zur Verfügung stellen
  4. Kreative, die die Initiative mit eigenen Ideen und Aktionsvorschlägen unterstützen

- Die Initiative arbeitet dezentral, weil neben den über- regionalen Aktivitäten, die lokale Arbeit im Vorder g r u n d stehen soll. Menschen und Gruppen, die die Initiative unterstützen und mitarbeiten wollen, können sich an die (olgenden Adres- sen wenden. Wir informieren Sie/Euch gern über lokale Gruppen in Ih- rer/Eurer Nähe.

Initiative Kein Mensch ist illegal
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l096I Berlin
telefon:
OI72- 8910825 (Di. I8-21 Uhr, sonst AB)
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056 l-7 l 3458 ( BARI Kassel )
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