Den antifaschistischen Widerstand organisieren

AKTION 97

Kampagne gegen Naziumtriebe in der Nürnberger Nordstadt "Den Antifaschistischen Widerstand organisieren - Schluß mit dem Naziterror" Unter diesem Motto fuhrt das Antifaschistische Aktionsbündnis Nürnberg in diesem Sommer eine Kampagne gegen faschistische Organisierung in Nürnberg durch. Höhepunkt ist eine Bündnisdemonstration am 17. August, dem I O Todestag des Hitler-Stellvertraers Rudolf Heß.

Die Situation in der Nordstadt ("Nazis in der Nachbarschaft") Die Nazis in Nürnberg haben sich seit etwa einem Jahr einen neuen Schwerpunkt gesetzt: sie versuchen einen ganzen Stadtteil für sich einzunehmen. In der Nürnberger Nordstadt stopfen sie den Anwohnerinnen regelmäßig Zettel in den Briefkasten, deren Inhalt ihre "nationale" Gesinnung ausdrückt und vor der roten Gefahr warnt Die diesjährigen Ostermärsche etwa bezeichneten sie als "linken Straßenterror". In Schulen versuchen die Rechtsextremen die Kinder mit faschistischer Ideologie vertraut zu machen. Eltern müssen feststellen, ':" ihre Kinder mit Aufklebern in den Taschen nach Hause kommen, auf denen angekündigt wird, die Nordstadt müsse deutsch bleiben. Apropos Aufkleber: in der Nordstadt kann mensch bisweilen die ganze Palette der Nazi-Hetze kleben sehen. Große Teile der Aufkleber kommen von der NSDAP- Nachfolgepartei NPD ("Kraft für Deutschland", "Döner Kebab Nein Danke") oder auch gleich von der NSDAP/AO (in Deutschland verbotene Aufbauorganisation, die ihren Sitz in den USA hat). Wer nicht in das Weltbild der Faschisten paßt und dennoch in der Nordstadt wohnt, wird bedroht. "Ab heute wird zurückgeschlagen" und ein Fadenkreuz schmierten die Nazis auf mehrere Häuser, in denen sie Feinde ihrer Bewegung vermuten. Die Nazis wohnen in der Nordstadt in WG's und verfugen über mehrere Kneipen als regelmäßige Treffpunkte, in denen sie wohlgelitten sind: Das seien doch alles "ordentliche Jungs" meint die Wirtin eines Lokals auf Nachfrage nach ihren kurzhaarigen Gästen Gerade in dieser Kneipe, dem "Bamberger Hofbräu", zeigten die ordentlichen Jungs am Samstag, den -6 Juni dieses Jahres, wie sie sich die Zukunft Deutschlands vorstellen. Aus dem ganzen Bundesgebiet waren hier Nazis zu einem Liederabend versammelt, teilweise im SA-Look uniformiert, zeigten den Hitlergruß und sangen ausländerfeindliche und antisemitische Lieder.

Junge Nationaldemokraten (Verirrte Jugendliche) Verantwortlich für diese neonazistischen Aktivitäten ist die NPD- Nachwuchsorganisation "Junge Nationaldemokraten" (lN). Die JN sind die derzeit wichtigste Jugendorganisation der extremen Rechten. Nach den Verboten einiger Gruppen wie etwa der Nationalen Front (NF) oder da Freiheitlichen Arbeiterpartei (FAP) dient sie deren ehemaligen Mitgliedern als legales Auffangbecken. Sie versteht sich als Kaderorganisation, deren Bedeutung daher nicht allein über die Zahl ihrer Mitglieder zu beurteilen ist. Ihre Bedeutung liegt vielmehr auch in der Integrationsfunktion verschiedener rechter Subszenen. Sie versuchen militante faschistische Skinheads in ihre Organisation einzubinden und deren Aktionen zu koordinieren. Eine Vorfeldorganisation der JN ist zum Beispiel der "Freiheitliche Volksblock" (FVB). Thomas

Scharf, führender Kader dieser Organisation, wohnt im Nürnberger Stadtteil Ziegelstein (nahe der Nordstadt) und hat hier eine feste Nazigruppe aufgebaut. Er war Organisator eines rechten Aufmarsches in Magdeburg, kurz nachdem dort Nazis einen 16 jährigen Punk ermordet hatten.

Rudolf-Heß-Gedenkmärsche ("Ein untoter Kriegsverbrecher", "Gedenken an einen Kriegsverbrecher") Die JN organisieren auch die alljährlich im August stattfindenden sogenannten Rudolf-Heß Gedenkmärsche. Heß war Hitlers Stellvertreter und wurde in den Nürnberger Prozessen als Kriegsverbrecher zu lebenslanger Haftstrafe verurteilt. Die Tatsache, daß Heß diese Strafe bis zu seinem Selbstmord im Jahr 1987 in einem alliierten Gefängnis in Berlin-Spandau absaß, machte ihn für die Neonazi-Szene zum Märtyrer. Die Faschisten begannen bereits im Jahr seines Todes Märsche in Wunsiedel, wo Heß begraben wurde, durchzuführen. Aufgrund der zunehmenden Teilnehmerzahlen und der Pogrome in Rostock und Hoyerswerda, die auf die Märsche '91 und '92 gefolgt waren, bekam der Todestag von Rudolf Heß einen Symbolcharakter für die gewaltbereite rechte Szene. In den vergangen Jahren, nachdem die IN die Organisierung übemommen hatte, gelang es ihnen immer wieder, die Märsche trotz Verboten durchzuführen. Die Polizei war meist damit beschäftigt, Menschen zu verhaften, die die Ansammlungen der Ewiggestrigen nicht tatenlos hinnehmen wollten wie etwa 1993 in Fulda. 1996 fanden gleich zwei Märsche statt, in Worms und in Magdeburg.

Aus der Mitte der Gesellschaft ("Du bist nicht allein..."; "Der rassistische") , Täglich kann, wer will, die Nachrichten über brutale Überfälle da Nazis in den Zeitungen verfolgen (vorausgesetzt es handelt sich um einen klugen Kopf, der nicht hinter der falschen Zeitung steckt). Menschen werden, wie in Mahlow, zu Krüppeln geschlagen, anderen wird in da Nacht die Wohnung in Brand gesteckt wie jüngst in Dresden. Die Justiz versucht nicht selten aus den Opfern der Anschläge Täter zu machen, etwa im Fall des Libanesen Safwan Eid. Oft wird von staatlicher Seite den Nazis die Nachwuchsrekrutierung durch "akzeptierende Jugendarbeit" noch erleichtert, bei der den Rechten Räume und finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden. Bürgerliche Politiker machen aus ihren Sympathien für nazistisches Gedankengut keinen Hehl, wie die jüngsten Auseinandersetzungen um die faschistische Wehrmacht zeigen. In den bürgerlichen Medien sind Nichtdeutsche meist lediglich als Mitglieder der Mafia oder Drogendealer wahrnehmbar, der Spiegel erklärte gar jüngst das Zusammenleben von Deutschen und "Ausländern" prinzipiell für gefährlich. Grund genug also, sich recht einsam zu fühlen mit dem Zorn, da einem bei jedem weiteren Naziübergriff befällt. Doch ganz so hilflos ist mansch nicht. Jede/r kommt in Situationen, in denen mensch den Rassisten entschlossen entgegentreten kann, ohne ein furchtloser Held sein zu müssen: Nazi-Aufkleber abreißen einschreiten, wenn Nichtdeutsche diskriminiert werden, durch kontinuierliche Aufdeckung rassistischer Lügen eine Gegenöffentlichkeit schaffen, Freundschaften mit Rassisten beenden und so weiter.

Den antifaschistischen Widerstand organisieren ("Support your local Antifa") Gesellschaftliche Relevanz aber werden Menschen, die gegen den Faschismus eingestellt sind, nur gewinnen, wenn sie sich zusammenschließen und gemeinsam handeln. Diejenigen, die noch an die Möglichkeit glauben, eine der Freiheit und Gleichheit verpflichtete Gesellschaftsordnung schaffen zu können, sind zwar zersplittert und sich teilweise untereinander nicht grün; die. ist jedoch kein Grund, sich vor der gemeinsamen Verantwortung zu drücken: Die Faschisten dürfen nie wieder die Straßen kontrollieren und ihre wildgewordenen Untertanenphantasien zur Staatsräson machen Bündnisse gegen die Neonazis sind unabdingbar In Nürnberg wird das antifaschistische Aktionsbündnis in diesem Sommer mit einem solchen Bündnis gegen die faschistische Organisierung in der Nürnberger Nordstadt vorgehen Schon einmal, im Jahr 94, konnte dieses Bündnis durch eine Kampagne die Schließung eines JN Zentrums in der Nordstadt erreichen An diesen Erfolg gilt es anzuknüpfen e Kampagne unter dem Motto "Den Antifaschistischen Widerstand organisieren - Schluß mit dem Naziterror" wird mit einer Aktionswoche vom 8.8. bis zum 16 8. beginnen.

Folgende Veranstaltungen sind geplant:

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