24.8.97

Polizei beendet Hausbesetzerkonzert

POTSDAM (ADN). Mit einem Großeinsatz der Polizei. ist am späten Freitag abend ein Konzert in einem besetzten Haus in der Leipziger Straße in Potsdam beendet worden. Laut Polizei hatten sich Anwohner über massiven Lärm beschwert Die Polizei forderte daraufhin, die Lautstärke zu drosseln und das Konzert, zu dem etwa 300 Besucher gekommen waren, um Mitternacht zu beenden. Während des Einsatzes kam es zu mehreren Zwischenfällen, eine Eskalation der Situation konnte nur durch einen massiven Polizeieinsatz verhindert werden, hieß es weiter. So sei ein Polizei-Kleinbus mit Molotowcocktails beworfen worden. Ein anderes Einsatzlahrzeug wurde durch Steinwürfe beschädigt, wobei ein Bereitschaftspolizist verletzt wurde. Ein in derpähe abgestellter Bagger wurde in Brand gesetzt.


Hausbesetzer Randalieren in Stadtverwaltung

POTSDAM (dpa). Nach den schweren Krawallen vom Wochenende in Potsdam scheint der Konflikt mit der Hausbesetzer- " weiter zu eskalieren. 80 Hausbesetzer randalierten am Montag in der Potsdamer Stadtverwaltung. Während eines Gesprä- ches des Sozialbeigeordneten Jann Jakobs mit Verbittern des am Samstag geräumten Hauses Leipziger Straße 60 hätten etwa 80 Qsetaer das Büro gestürmt, Akten aus dem Fenster geworkn, Türen eingetreten und die g, Büroeinrichhng verwüstet, teilte die Stadt mit. Die Polizei habe 32 Personen in Ge wahrsam genommen. Gegen sie sei Anzeige ershräet worden. Zuvor hatte die Stadt ver- kündet, das nach schweren Krawallen ge- säumte Haus, in dem sich ein alternatives Kulturzentrum befand, werde den Beset- aern nicht wieder zur Verfügung gestellt.


27.8. 97

Prozeß wegen verbotenen Liedes auf 1.-Mai-Demo

BERLIN (ja). Am heutigen Mittwoch beginnt vor dem Landgericht der Prozeß gegen einen 36jährigen Mann, der bei der sogenannten Revolutionären 1. Mai-Demonstration festgenommen worden war. Der Mann soll für das Abspielen des Liedes "Deutschland verrecke" der Band Slime" verantwortlich gewesen sein. Als der Mann von Polizisten gefragt wurde, ab das lied nicht indiziert sei, soll er die Polizisten angegriffen 'und geschlagen haben. Der Mann sitzt seitdem in Untersuchungshaftanstalt.


Hausräumung in Babelsberg

Glasmeisterstraße 13 wird abgerissen

In Babelsberg ist gestern früh die besetzte Glasmeisterstra-Se 13 geräumt worden. Nun gibt es noch elf besetzte Häuser in der Stadt. Die Aktion lief ohne Zwischenfälle ab. Von zwei Jugendlichen im Haus und zweien davor wurden nur die Personalien aufgenommen. Die Polizei hatte Amtshilfe für eine in München lebei-de Hausbesitzerin geleistet, deren Anwalt mit einem gerichtlichen Rlumungstitel und eiaer Gerichtsvollzieherin vor Ort War. Es habe Beschwerden der benachbarten Kita über Geruchsbelästi-gung aus dem rückwärtigen Garten gegeben, so Rechtsanwalt Justus Wiesike. Seit Jahren gebe es im Haus weder Strom noch Wasser; die letzten Mieter seien 1990 ausgezogen; das Gebäude sei 1993 rückübertragen worden. Es werde abgerissen. Dem Anwalt zufolge hatte die Polizei ein Räumungser-suchen wegen Hausfriedensbruchs durch die Besetzer abgelehnt, mußte auf Ersuchen des Landgerichtes aber eingreifen. Als Rämungs-grund führte der Anwalt auch die "von der Stadt heftig kritisierte" Einsturzgefahr der Schornsteine und Steinwürfe auf die gegenüberliegende EMB-Filiale an. Steine in Eimern an den Fenstern wurden bei der Hausdurchsuchung denn auch als Verteidungsinstrumente gewertet. Hausbeset-zer betonten, dies habe zur "Verteidigung gegen Fa-schos" gedient; vor einem Monat bitten "Rechte" ein Transparent am Haus angezündet. Rechtsgerichtete Jugendliche könnten nach Ansicht der Veranstalter des Freitag-Konzertes im "Archiv" auch für die Provokationen verantwortlich sein, die am Sonnabend zur Räumung der Kulturstätte und zu Ausschreitungen in Babelsberg und Potsdam geführt hatten. In "generalstabsmäßiger Art" hätten die "szeneuntypisch gekleideten" Raadalierer "Stunnmasken" ' g mit Reißverschlüssen über ihre Gesichter gezogen, mit mitgebrachtem Werkzeug ~ Wegepflaster aufgebrochen, Lampen abgeschaltet und q dea Bagger in Brand gesetzt, .g so ein Besetzer gestern. Die, 0' Provokateure seien unerkannt vom Schlachthofgelände gegenüber dem "Archiv" entkommen. So hatten Besetzer am Dienstag auch die Polizei als möglichen Anstifter bezeichnet. Die Behörde wies das zurück. Für die Randale nach der Archiv-Räumung erklärten sich die Konzertveranstalter nicht verantwortlich, distanzieren wollten sie sich davon aber - bis auf eine junge Frau - auch nicht. Die Verwüstung des Büros von Sozialdezernent Jann Jakobs am Dienstag spielten sie ster. Der Polizei und die Stadt warfen sie eine generelle Anti-Besetzer-Linie vor. Jakobs hatte den Besetzern erklärt, eine Rückgabe des "Archiv" komme derzeit aicht in Frage. Daraufhin stürmten über 50 Besetzer sein Büro, schlossen sich ein und warfen Akten aus dem Fenster. Es hatte 36 Festnahmen gegeben. Gegen 35 davon stellte die Potsdamer Staatsanwaltschaft, die sich für die Freilassung von acht:, überführten Gewalttätern in den Auseinandersetzungea vom 9. August in heftiger öffentlicher Kritik sieht, stern beim Amtsgericht "Anträge auf Hauptverhandlungshaftbefehle". Damit könnten die Ruhestörer eine Woche lang festgehalten werden, um in dieser Zeit beschleunigte Verfahren durchzuführen. pas erste gegen fünf Besetzer wurde gestern angesetzt, doch lehnte das Gericht beschleunigte Verfahren ab. Alle Festgenommenen wurden der Polizei zufolge umgehend wider auf freien Fuß gesetzt.

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