Deine Meinung zur Interim war (und ist) gefragt!

Die Auswertung des Fragebogens

Ende letzten Jahres haben wir euch aufgefordert, einen zweimal im Heft (Ausgabe 397 und 400) abgedruckten Fragebogen auszufüllen, um eure Meinung zu den in und um die Interim stattfindenden Diskussionen beizusteuern. Endlich haben wir es geschafft, die ganzen Fragebögen auszuwerten und euch nun zu präsentieren. Zu dem in der Ausgabe 397 vom 15.11.96 veröffentlichten Begleittext zur Umfrage ("Alternative ist das Nichts, oder?") haben wir im Moment noch nichts wesentlich Neues hinzuzufügen. Die Diskussionen laufen weiter, seit den Ereignissen von letzter Woche, nun hoffentlich etwas intensiver und öffentlicher.

Die Teilnehmerlnnen:

Da durch jüngste Ereignisse die Auflage der Interim kein Geheimnis mehr ist, können wir nun offen die Zahlen auf den Tisch legen. Bei einer Auflage von knapp 1.500 Exemplaren hatten wir einen Rücklauf von 151 ausgefüllten Fragebögen. Da nicht alle Exemplare als verkauft gelten, kann man von einer Beteiligung von gut über 10% sprechen. Der Rücklauf ist damit im Vergleich zu den Prozentualen, die bürgerliche Zeitungen bei ähnlichen Umfragen erreichen, immens hoch. Diese träumen von 5% Rücklauf bei fünf Flugreisen als Anreiz. Allerdings erreichten wir auch nicht die fast 20%, die der alten "Junge Welt" vor gut einem Jahr antworteten.

Die typische Leserln der Interim:

Die Hälfte der Leserlnnenschaft der Interim ist zwischen 21 und 30 Jahre alt, immerhin ein Drittel ist über 30, der Rest ist unter 21 Jahren. Damit hat sich die Befürchtung nicht bestätigt, daß die Interim nur noch von den unter 20-Jährigen gelesen wird und sich Menschen über 30 für "sowas" nicht mehr interessieren. Zwei Drittel der Antworten sind von Männern, ein Drittel von Frauen. 10 Menschen haben Judith Butler gelesen und können mit der Frage nach dem Geschlecht nicht mehr soviel anfangen. Über 75% sind in der westdeutschen Gesellschaft aufgewachsen, je 10% in der ehemaligen DDR und im übrigen Europa. Zwei Drittel der Antworten kommen aus Berlin, ein Drittel von außerhalb. Bezogen auf die Gesamtzahl der Antworten wohnen je 10% in einem Dorf oder in einer kleinen Stadt. Gut die Hälfte lebt in einer Wohngemeinschaft, der Rest verteilt sich zu gleichen Teilen auf "alleine wohnen", "zu zweit" oder Großgruppen. Über zwei Drittel würden sich eher dem "autonom - undogmatisch - libertären Spektrum" zuordnen, aber auch die Themen Antifaschismus, Antirassismus und Anti-AKW ragen bei den Nennungen heraus. Abgeschlagen sind die Tierrechtlerlnnen und Menschen, die nix mehr machen. Deutlich über zwei Drittel kaufen die Interim regelmäßig, knapp 20% klauen sie vom Nachttisch ihrer Mitbewohnerln. Nicht mal 10% kaufen sie nur, wenn gerade politisch was los ist. Die Frage danach, warum sie die Interim nicht mehr kaufen, wurde kaum beantwortet. Ist ja auch logisch, weil diese Menschen unser Fragebogen wahrscheinlich kaum erreichte. In den wenigen Fällen, in denen diese Frage beantwortet wurde, wurden politische Stagnation und Militanzfeotischismus als Gründe genannt. Aber auch die "autoritäre Sprache" sowie der zu platte, humorlose und moralistische Stil wurden kritisiert.

Warum wird die Interim gekauft?

Die Leserlnnen der Interim interessieren sich besonders für die Themen Antipatriarchat, Antifaschismus, Antirassismus und Antirepression, kurz dahinter folgen Feminismus und Umstrukturierung. Deutlich abgeschlagen sind die Themen Klassenkampf, Antideutsch, Kultur und Kunst. Fast niemand interessiert sich für Tierrechte. Nahezu alle lesen das Vorwort, Termine und Demoaufrufe, aber nur die Hälfte der Leserlnnen beschäftigt sich mit dem "Wort zum Donnerstag". Comics und Fotos werden gerne gesehen. Während der größte Teil der LeserInnen die Volkssporterklärungen liest, interessieren die Bastelanleitungen nur noch die Hälfte (was auf ein eher theoretisch Interesse schließen läßt?).

Gut zwei Drittel haben sich schon mal über die Interim geärgert, besonders über die Sexualitätsdebatte. Aber auch die schlechte Druckqualität, die Bleiwüsten, das Fehlen des eigenen Textes oder ein falsch geheftetes Heft waren Gründe für dann Ärger. Die Frage, welches Heft in letzter Zeit besonders gefallen hat, wurde von einer LeserIn beantwortet mit "das letzte Heft ist immer das Beste". Besonders hervorgehoben wurden die Nummern 399 mit 21 positiven Erwähnungen (aber auch mit der Kritik, daß nichts aktuelles in dieser Nummer war), die Nummer 400 mit 14 und die 397 mit 10 lobenden Erwähnungen. Es wurden noch einige weitere Nummern benannt. Aufgefallen ist uns die mehrmalige Erwähnung der Ausgabe 150, wegen des Lobs Für eine bestimmte Fete.

Fast alle lesen die Interim, weil sie Bescheid wissen wollen, was läuft, und weil sie aus ihr Informationen kriegen, die sonst nirgendwo stehen. Immerhin ein Viertel möchte wissen, was "die blöden Autonomen denken".

Unerreichte Quoten hat die Interim bei der LeserInnen-Blatt-Bindung. Sage und Schreibe zwei Drittel der LeserInnen haben schon mal etwas Für das Blatt geschrieben, die meisten sogar schon öfters zusammen mit ihrer Gruppe.

Auf die Frage, welche Inhalte zu wenig im Heft sind, erhielten wir folgende Antworten; Sozialabbau, feministische Themen, persönliche Einschätzungen zu politischen Themen, Kritisches zu Konsumverhalten, Perspektivdiskussionen, Ökologie, ökonomische Analysen, Mexiko, Kunst + Kultur, Gedichte und Prosa, Artikel über historische Zusammenhänge, eine Sexualitätsdebatte, die versucht, Tabus aufzubrechen, alles Mögliche zu Computern, Umstrukturierung und Alltags-Überlebenswissen. Auf die Frage, welche Inhalte zu oft in der Interim sind, wurde geantwortet: 1. Mai, Volxsport, Kleinkriege untereinander, antipatriarchale Männer-Jammer-Texte, Demoaufrufe, Castor, Mexiko + Tierrechte.

Überflüssig finden einige das "Wort zum Donnerstag", Bastelanleitungen, Tierrechte, Computer, ewig gleiche und platte Aufrufe, sexistische Sexualitätsdebatte sowie Abkotz- und persönliche Profilierungstexte.

Das sich diese Aussagen so wiedersprechen, ist uns auch aufgefallen. Eine einheitliche Tendenz war aus der jeweiligen Zahl der Nennungen nicht auszumachen.

Die Gestaltung und Außnachung der Interim finden die meisten so,na ja". Entgegen unserer Erwartung wurde das Layout nicht in Grund und Boden verdammt. Nur 5 von 151 LeserInnen fanden die Gestaltung wirklich richtig schlecht. Klar werden mehr Bilder gewünscht und weniger Text.

Wie soll die Interim weitermachen?

Mehr als die Hälfte der Leserlnnen ist der Meinung, daß die jeweiligen Zeitungsmacherlnnen mehr kommentieren und/oder darüber informieren sollen, was sie gerade diskutieren. Auch, daß im Vorwort ein inhaltlicher Abriß der Artikel gegeben wird, wird befürwortet. Es soll gesagt werden, was mit der Veröffentlichung von manchen Texten bezweckt ist. Kritisiert wurden wiederholt redaktioneller Zynismus und spitze Bemerkungen zu Texten. Ein ausführlicheres Vorwort wurde oft gewünscht.

Fast drei Viertel sind nicht der Meinung, daß in die Interim zu sehr redaktionell eingegriffen wird, Ein weiteres Viertel befürwortet sogar stärkere Eingriffe

Den Charkter einer Flugblattsammlung finden 60% angenehm, 40% hingegen nicht. Daß quasi niemand der LeserInnen der Interim seine Informationen nur aus diesem Blatt bezieht, war ja zu erwarten, Interessant ist aber, welche anderen Zeitungen sonst gelesen werden. Bei Tageszeitungen lesen gut zwei Drittel die "Junge Welt" (jetzt immer noch?) und knappe zwei Drittel die "taz". Die Frankfurter Rundschau ist beliebter als Berliner Zeitung, Tagesspiegel und Süddeutsche. Ebensfalls über zwei Drittel lesen die "radikal", die Hälfte (wahrscheinlich die Berlinerlnnen) die "Zitty". Beliebt sind noch regionale Antifa- und autonome Blätter.

Doch auf die im Anschluß gestellte Frage nach Verbesserungsvorschlägen hagelte es nur noch so mit Antworten. Dies machte auch die Auswertung der Umfrage so langwierig. Sehr oft wurden technische Verbesserungen gefordert wie helleres Papier, besserer Druck, bessseres Layout, Überschriften, mehr Fotos und Bilder, mehr und vor allem übersichtlichere Termine, bessere Gliederung der Hefte und den Ordner einzustellen. Als inhaltliche Verbesserung wurde gefoert: redaktionelle Aufarbeitung der Texte bis hin zu Interviews und journalistischen Aktivitäten, ausführlichere Vorworte, mehr Provozieren und Kommentieren und anderes. Doch es wurde auch gewarnt, daß kein weiteres Hochglanzmagazin gewünscht ist. Mehr Buchbesprechungen und mehr historische Beiträge (ähnlich der Serie "Gegen das Vergessen" in der "radikal"), und wiederholt Schwerpunkthefte (z.B. zum Castor) wurdea gewünscht.

Da es schwierig ist, inhaltliche Vorschläge zusammenzufassen, zitieren wir im Folgenden einige ausgewählte prägnante Zitate aus diversea Fragebögen:

Noch einige Anmerkungen zum Schluß:

Als Fazit scheint die LeserInnenschar im Großen und Ganzen zufrieden mit der Interim, so wie sie ist, zu sein. Man muß aber bedenken, daß ein großer Teil der Leute, die die Interim nicht mehr lesen, den Fragebogen entweder gar nicht gesehen oder ihn nicht ausgefüllt haben. Damit können die Gründe, die dazu führen, daß sich Leute von der autonomen Bewegung beziehungsweise der Zeitung abwenden, in den Antworten gar nicht vorkommen. Eine Motivation für den Fragebogen war, daß wir allen diffus in Kneipengesprächen geäußerten Kritiken an der Interim einen Ort schaffen wollten, wo diese gezielt eingebracht werden kann. Dieses ist uns anscheinend nicht richtig gelungen. Geantwortet hat weitgehend "unser Fan-Club". Trotzdem freuen wir uns natürlich über die positive Resonanz. Auch ist zu bedenken, daß viel der in Gesprächen vorgebrachten Kritikpunkte, in dem Moment, wo eine/r gezwungen ist, sie konkret zu begründen, sich relativiert oder gar zurückgenommen werden. Einige interessante Tendenzen, wie z.B. daß sich hauptsächlich Männer für Bastelanleitungen interessieren oder daß "Ostmänner" wenig am Feminismus und antipatriarchalen Kämpfen interessiert scheinen, konnten wir wegen fehlender Kapazitäten nicht weiter verfolgen. Vielen Dank noch mal an alle, die mitgemacht haben.

Das Interim-Fragebogenkomitee


Aufruf

Liebe Interims, liebe Leute,

wir freuen uns mit Euch, daß unserer kleinen Zeitung nun endlich die öffentliche Aufmerksamkeit zuteil geworden ist, die ihr zusteht. Allerdings sehen wir nach der großangelegten Werbeaktion am 12. Juni nun doch einige Probleme am Horizont auftauchen. Man stelle sich mal vor, wenn nur jede/r zweite der 500 an den Durchsuchungen beteiligten Staatsbütteln dazu verdonnert wird, sich das Blättchen aus Schulungszwecken reinzutun. Und die vielen Menschen. die schon immer oder nun auch "ein bißchen Interim" sind? Wie wollt ihr da nur mit einer derart geringen Auflage hinkommen? Kurzum: wir denken, mensch sollte diesem regen Interesse schleunigst nachkommen und fürs erste einmal die Auflage verdoppeln!

Nun kennen wir ja alle die Probleme, wenn mensch durch die halbe Stadt hetzen muß, um doch noch die fast vergriffene Interim zu ergattern. Deshalb unser zweiter Vorschlag: an den bekannten Stellen, wo es die Interim bereits gibt, zusätzlich 50, 100 oder mehr Exemplare zu deponieren. Damit verbunden der Aufruf, daß jede/r fleißige Leser/in dort gleich fünf Exemplare zwecks Weiterver-kauf in der ganzen Stadt ersteht. Für euch wäre dies Entlastung (nicht noch wei-tere Vertriebsstellen organisieren zu müssen) und gleichzeitig eine praktische Unterstützung, die ja eine Menge Leute bereits zugesagt haben.

Apropo Unterstützung. Da die Staatsanwaltschaft ja anscheinend überhaupt nicht durchblickt, was die Mitarbeit, den Vertrieb oder die Herausgeberlnnenschaft angeht, sollten wir auch dort vielleicht ein wenig nachhelfen. Wir schlagen vor, daß alle Gruppen, Pro-jekte, Inis, Kollektive..., die die letzten neun Jahre etwas in der Interim veröffentlicht haben, diskutieren, ob sie ihre Herausgeberlnnenschaft auch gemeinsam öffentlich kundtun würden und zweitens, ebenfalls als Erleichterung für den Vertrieb, ein Dutzend Interims bei sich auslegen. Bitte meldet Euch selbständig bei den zuständigen Stel-len. Unser Vorschlag: ab 50 Projekten dies im Impressum zu veröffentlichen.

Viele Grüße, mach mit, machs nach, machs besser!

Betriebskampfgruppe 12. 6.

Zur Übersicht der aktuellen Nummer