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Löcher in der Mauer
Materialiensammlung
DDR 1989

Neue Chronik DDR
1. Folge 2. Auflage Verlag Tribüne Berlin GmbH 1990 ISBN 3730305822

2. Folge 1. Auflage Verlag Tribüne Berlin GmbH 1990 ISBN 3-7303-0594-8

30. November 1989

In Beantwortung von Fragen aus der Bevölkerung teilen die Initiatoren des Aufrufs "Für unser Land" u. a. mit:

"Der Aufruf ist die Initiative von Persönlichkeiten. Kein staatlicher oder sonstiger Leiter, Funktionär irgendeiner Partei oder Massenorganisation und auch kein Mandatsträger einer politischen Bewegung hat die Legitimation, eine Unterschriftenleistung oder -sammlung anzuweisen, zu initiieren oder zu organisieren. Es ist einzig und allein die persönliche Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes.

Die Unterschrift von Egon Krenz ist nicht die des Generalsekretärs der SED oder des Staatsratsvorsitzenden, sondern des Bürgers Krenz. (...)" (BZ, 1. 12. 1989)

Über ADN teilt Generalforstmeister Rudolf Rüthnick zu den Staats- und Sonderjagdgebieten mit:

"1. Alle Staatsjagdgebiete, die dem Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft nachgeordnet waren, und die Sonderjagdgebiete sind aufgelöst. Noch bestehende Sonderjagdgebiete bei den bewaffneten Organen sind gleichfalls aufzulösen.

2. Die Jagdrechte in den ehemaligen Staats- und Sonderjagdgebieten werden den zuständigen örtlichen Räten und Jagdgesellschaften zugeordnet.

3. Die in diesen Gebieten vorhandenen Gebäude, Anlagen und technischen Einrichtungen werden vom Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft in Abstimmung mit den örtlichen Organen den staatlichen Forstwirtschaftsbetrieben beziehungsweise für andere gemeinnützige Zwecke, so für Landeskultur und Naturschutz sowie für das Erholungswesen, zur Verfügung gestellt.

4. In den aufgelösten Staats- und Sonderjagdgebieten wird kein Jagdtourismus für Devisen durchgeführt.

5. In den Staaten und Sonderjagdgebieten, die personengebunden ehemaligen Mitgliedern der Partei- und Staatsführung wie Honecker, Mittag, Stoph, Mielke, Tisch, G. Müller zugeordnet waren, ist eine gründliche Untersuchung auf Amtsmißbrauch und Vergeudung von Volkseigentum durch die zuständigen Organe bereits eingeleitet, insbesondere durch die Staatsanwaltschaft. Ebenso ist zu verfahren, falls in weiteren Jagdgebieten ähnlicher Mißbrauch festgestellt werden sollte,

6. Die Wildforschungsgebiete sind forschungsseitig dem Institut für Forstwirtschaften Eberswalde und jagdlich den staatlichen Forstwirtschaftsbetrieben und Jagdgesellschaften zuzuordnen." (BZ, 1. 12. 1989)

Auf der SED-Delegiertenkonferenz des Außenhandels erklärt Staatssekretär Dr. Alexander Schalck-Golodkowski, im Ministerium für Außenhandel für den Bereich Kommerzielle Koordinierung zuständig, daß dieser Bereich unter Verantwortung des ehemaligen SED- und Staatschefs Erich Honecker angewiesen worden sei, jährlich etwa sechs Millionen Valutamark für die Versorgung der Objekte in der "Waldsiedlung Wandlitz", der Wohnstätte in Berlin tätiger SED-Politbüromitglieder, bereitzustellen.

Staats- und Parteichef Egon Krenz erklärt in einem Interview mit dem DDR-Fernsehen, bis zum außerordentlichen SED-Parteitag seien alle Fälle von Korruption und Amtsmißbrauch ehemaliger Führungskräfte der SED so aufzuklären, daß die Bevölkerung verstehe, nicht die ganze SED sei korrupt gewesen, sondern nur einige ihrer Mitglieder. Der Generalstaatsanwalt werde allen diesen Fällen auf den Grund gehen. Krenz räumt ein, selbst in Wandlitz in einer Dienstwohnung gewohnt zu haben, er hatte und habe jedoch kein Jagdgebiet, keine Jagdhütte, kein Jagdhaus oder ein ähnliches Freizeitobjekt.

Die DDR-Vizeministerpräsidentin für Wirtschaft, Prof. Dr. Christa Luft, beziffert in einem Interview für die Pariser "Liberation" die Brutto-Auslandsschulden der DDR auf etwa 19 Milliarden Dollar, denen neun Milliarden Dollar an Guthaben gegenüberstehen, so daß die Nettoverbindlichkeiten zehn Milliarden Dollar betragen.

Auf einer Pressekonferenz in Berlin fordert SDP-Geschäftsführer Ibrahim Böhme, alle Parteien und Gruppen in der DDR müssen gleichberechtigte Bedingungen für die Vorbereitung auf freie und demokratische Wahlen erhalten. Deshalb trete seine Partei dafür ein, Wahlen zu einem relativ späten Zeitpunkt durchzuführen, jedoch werde jeder Termin akzeptiert, "den das Volk wünscht". Zu dem Vorwurf, die SDP unterstütze "nationalistische Wiedervereinigungstendenzen", sagt Böhme, im Parteistatut sei die Gegnerschaft zu jeglichen Formen des Nationalismus und Rassismus festgelegt.

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