Unruhe an den Universitäten

Eine Umfrage an den deutschen Hochschulen

Von Hilke Schlaeger und Heinz Josef Herbort

Aus: Die Zeit (Feuilleton) v. 10.11.1967, S. 17f

Universität Bonn

Zu Beginn des Semesters baten Studenten des SDS den Slawistik-Professor Joblonowski, während seiner Vorlesung "Die Geschichte der Sowjetunion" Fragen stellen zu dürfen. Die Fragen wurden untersagt, dafür wird nun laufend Vorlesungskritik geübt. Diese Maßnahme ist eine der wenigen, die Bonn zur Zeit mobilisieren konnte. In AStA und Parlament überwiegen nach dem Rücktritt des alten AStA - anläßlich des Falles Maria Faßbinder - die rechten Tendenzen, vorwiegend von den Korporationen gefördert. Die nach dem Rücktritt gegründete, etwa 100 Mitglieder starke "Studentengewerkschaft" vereinigt Initiativen von SDS und anderen Gruppen zu Aktionskomitees. Für eine Kritische Universität müssen die Kräfte erst gesammelt werden, die Vorlesungskritik wollen die SDSler auf einige "himmelschreiende Fälle" ausdehnen. Die studentische Mitbestimmung beschränkt sich bislang noch auf beratende Funktion in der Fakultät bei studentischen Angelegenheiten und zwei Sitze im kleinen Senat.