Mai 68
Der Revolutionäre Frühling
von Jacque Jurquet Zürich 1978
geschrieben August - September 1968
S. 66ff

 

Ein prägender Einfluss: Die Grosse Proletarische Kulturrevolution in China

"Unser Land hat eine Bevölkerung von 700 Millionen, die Arbeiterklasse ist die führende Klasse. Mansoll ihre führende Rolle in der grossen Kulturrevolution und bei jeder Arbeit voll zur Geltung kommen lassen. Die Arbeiterklasse soll auch im Verlaufe des Kampfes ihr politisches Bewusstsein ständig erhöhen. "
(Weisung des Vorsitzenden Mao Tsetung, veröffentlicht in ' Peking Rundschau",   Nr. 34 vom 27. August 1968)


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Wir haben bisher nur vom Einfluss nichtproletarischer Strömungen auf die Ereignisse des Mai und Juni 1968 in Frankreich gesprochen.

Es hat sich gezeigt, dass der Anarchismus, der Guevarismus, der Trotzkismus und der Anti-Stalinismus in Wirklichkeit gegen die grundlegenden Interessen der revolutionären Bewegung auftraten. Aber die objektive Prüfung der Kämpfe und all ihrer Erscheinungsformen hat doch ergeben, dass man ihren Gesamteinfluss als zweitrangig einstufen kann. Niemand wird bestreiten, dass die proletarische Ideologie den prägenden Einfluss auf die Ereignisse in Paris und in zahlreichen Städten des übrigen Landes ausgeübt hat. Dieser Einfluss wirkte sich positiv auf die Studentenbewegung aus, wie auch auf die noch schmale Avantgarde der Arbeiterklasse, die sich an ihre Seite stellte. Mehr als nur das; dieser Einfluss wird früher als man vielleicht denkt in der gesamten Arbeiterklasse neue Ergebnisse zeigen.

Wiederholen wir es: Nicht die Marxisten-Leninisten waren die Initiatoren der Studentenrevolte. Aber es steht fest, dass sie bei der Auslösung der Streiks und bei den Betriebsbesetzungen eine unübersehbare Rolle gespielt haben. Jedenfalls haben ihre jahrelangen Anstrengungen viel früher Früchte getragen, als sie selbst es erwartet hätten.

Sie haben die Ideen Mao Tsetungs, dieses radikale Gegengift gegen den konterrevolutionären Einfluss des modernen Revisionismus, massiv verbreitet. Das hatte eine bedeutende Wirkung unter den Studenten, den bewusstesten Arbeitern und den brejten Volksschichten Frankreichs.

Das "Rote Büchlein" mit den "Worten des Vorsitzenden Mao Tsetung", die philosophischen, theoretischen und politischen Werke dieses hervorragendsten Führers des chinesischen Volkes, der Abdruck gewisser seiner Artikel in marxistisch-leninistischen Zeitungen, die Reportagen dieser Zeitungen über die Entwicklung der Grossen Proletarischen Kulturrevolution in China - all das liess die marxistisch-leninistischen Prinzipien tief in die Reihen des französischen Volkes eindringen. Trotz und gegen den Verrat der "Kommunistischen" Partei Frankreichs und trotz gewissen dogmatischen Zügen und linksextremen Übersteigerungen.

Man muss nur aufmerksam bestìmmte Erscheinungen der Mai/Juni-Ereignisse untersuchen und man wird auf den ersten Blick den tiefgreifenden Einfluss der chinesischen Kulturrevolution auf die französische Jugend feststellen.

Um dem "Spiesser" das Gruseln beizubringen, hat die grosse Presse von den ersten Kundgebungen an unentwegt die Behauptung in die Welt gesetzt, es handle sich um eine "Kulturrevolution nach chinesischem Muster". Da steckte zwar böse Absicht und überbordende Phantasie bei der Darstellung der Ereignisse dahinter. Aber dennoch trifft es zu, dass die Studentenbewegung sowohl in ihren äusseren Erscheinungsformen, als auch von ihren Grundlagen her zahlreiche Analogien zur Grossen Proletarischen Kulturrevolution in China aufwies. Es kann hier nicht darum gehen, eine umfassende Untersuchung dieses historischen Ereignisses von internationaler Bedeutung vorzulegen, das auf den Appell Mao Tsetungs hin ausgelöst wurde, sich heute stürmisch fortentwickelt und seinem endgültigen Erfolg entgegengeht und das der proletarischen, revolutionären Bewegung bedeutsame theoretische und praktische Bereicherungen bringt.

Doch die Ähnlichkeiten, die tiefliegende Verbindung und Verwandtschaft der revolutionären Maitage mit der chinesischen Kulturrevolution kann man aufzeigen.

"Hab Mut zu kämpfen!" Vom ersten Tag an war das die Haltung der Pariser Studenten. Jeder Pflasterstein, der in hohem Bogen gegen einen Polizisten im Dienste des bürgerlichen Staates geschleudert wurde, war ein handfester Ausdruck dieser Haltung. Die intellektuelle Jugend Frankreichs, und bald stand auch ein Teil der Arbeiterjugend an ihrer Seite, revoltierte gegen den Angriff der Klassengewalt, die im Namen der bestehenden "Ordnung" gegen sie entfesselt wurde.

"Hab Mut zu kämpfen, Mut zu siegen!" Das war in der Pariser Region unter den jungen Leuten beschlossene Sache, als sie am 22. März, noch kaum mehr als zweihundert, die Verwaltungsgebäude der Fakultät von Nanterre besetzten. Das war die Haltung der sechzigtausend Demonstranten, die sich ihnen kaum zwei Monate später im Kampf gegen die bürgerliche Unterdrückung angeschlossen hatten.

Der von der Universität ausgehende Protest setzte einen fortschreitenden politischen Reifungsprozess in Gang: Von der allgemeinen Kritik an der bürgerlichen Universität gingen die Pariser Studenten ohne zu zögern zu einer rückhaltlosen Kritik der gesamten kapitalistischen Gesellschaft über. Und ebenso schnell wurde ihnen bewusst, dass keinerlei Erfolg errungen werden konnte, wenn sie sich nicht mit dem Proletariat zusammenschlossen, dessen Kampf an die Fundamente der Gesellschaft rührt.

Der Protest gegen die Ideologie des Bürgertums kam mit einer in Frankreich bisher nie gekannten Kraft zum Ausbruch und griff oft genug zur reinen Gewalt. Offizielle Theater und Museen, Fakultäten und Gymnasien wurden gestürmt. Die bürgerliche Kultur und Kunst wurde in Frage gestellt und in den radikalen Methoden äusserte sich der tiefe Wille, all den alten, verbrauchten bürgerlichen Kunst- und Kulturkram zu zerschlagen und aus dem Weg zu räumen.

Gehörte nicht gerade auch das zu den ersten Erscheinungen der Kulturrevolution, die drei Jahre zuvor in Peking und und ganz China begonnen hatte?

Es versteht sich von selbst, dass diese grossartige revolutionäre Welle auf breitester Ebene alle Illusionen zunichte machte, der Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus könne auf "friedlichem Weg" zustandekommen. In dieser Hinsicht, wie auch in allen anderen Fragen, wurde die entschiedene Zurückweisung des modernen Revisionismus zu einer Massenerscheinung unter den Studenten und ergriff sogar jene Schichten von Intellektuellen und Künstlern, die bisher unter der Kontrolle der Führer der "Kommunistischen" Partei Frankreichs gestanden waren. Faktisch erschütterte die Revolte mit gleicher Kraft den Revisionismus wie die bürgerliche Staatsmacht, indem nämlich das eine völlig zu Recht als integrierter und aktiver Bestandteil des andern eingeschätzt wurde.

Dass also die Ideen Mao Tsetungs, die in der chinesischen Kulturrevolution ihre ganze Macht entwickelt haben, fünfzehntausend Kilometer von der Volksrepublik China entfernt ihren konkreten Niederschlag fanden, zeugt von ihrer universellen Bedeutung, von ihrer historischen Kraft.

Die chinesischen Roten Garden haben damit begonnen, ihre Ziele und Forderungen auf Tausenden von "Dazibaos" auszudrücken. Sie klebten sie zunächst auf die Mauern ihrer Schulen und später in allen Strassen der Städte und Landgebiete.

Die französischen Studenten praktizierten das Gleiche: Unzählige Wandzeitungen und Texte bedeckten die Mauern der Fakultäten, Gymnasien und Schulen. Und bald eroberte sich dieser Brauch die Quartiere der grösseren Städte und der Hauptstadt.

Die Meinungen waren also öffentlich angeschlagen und sofort boten sich so die Gelegenheiten und die Themen zur Massen diskussion. Hunderte und Aberhunderte drängten sich um einige Redner und verfolgten ihre Debatten häufig mit heftiger Anteilnahme. In Frankreich wie in China.

Man hat solche Diskussionen "direkte Demokratie" genannt. Bezeichnung hin oder her die Gleichartigkeit des Vorgehens in Paris und Peking ist deutlich genug.

Dann, oder schon gleichzeitig, folgte die Besetzung der Universitätsgebäude, die direkte Machtübernahme durch die Studenten, der Prüfungsboykott, die Vorlesungsstreiks, die totale Infragestellung des alten, überholten und rückwärtsgerichteten Schulsystems.

Wer aus Artikeln und Reportagen oder von eigenen Reiseerlebnissen her das Wachstum und die wechselvolle Entwicklung der Grossen Proletarischen Kulturrevolution kennt, dem fällt auf den ersten Blick die Ähnlichkeit des grossen studentischen Sturms in Frankreich mit dem chinesischen Beispiel auf. Wohlverstanden, die spezifischen nationalen Voraussetzungen sind verschieden und werden es noch lange Zeit bleiben: China hat den Vorteil einer sozialistischen Gesellschaftsordnung, die von der Diktatur des Proletariats geschützt wird. Frankreich dagegen steht noch unter der Herrschaft eines kapitalistischen Regimes, der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Das hat aber nicht verhindern können, dass sich in beiden Ländern in unbestreitbar ähnlichen Formen eine Kulturrevolution entwickeln konnte.

Als letzten Beweis führen wir nur noch die unzähligen Zeichnungen und Karikaturen an, die in Paris wie in Peking an den Mauern aufblühten. In China wie in Frankreich wuchsen sie aus den Federn und Pinseln der Kunststudenten. Diese Feststellung zwingt uns, eine theoretische Frage aufzuwerfen .

Als eine Bestätigung der Lehre Mao Tsetungs, wonach die Theorie aus der Praxis entsteht und dann wieder auf sie zurückwirkt, stellen die Erfahrungen des Frühlings 1968 in Frankreich ein grundsätzliches Problem zur Diskussion: Kann die Kulturrevolution der sozialen Revolution und der ökonomischen Revolution vorausgehen? Diese Frage hat einige Bedeutung, denn sie ist aufgeworfen worden durch die revolutionäre Erschütterung eines kapitalistischen Landes, dessen Oekonomie eine hochentwickelte Stufe erreicht hat, sowohl in der Industrie, als auch in der Landwirtschaft. In einem Land also, wo der Aufbau des Sozialismus nach der Machtergreifung durch das Proletariat und der Errichtung seiner Diktatur nicht auf die gleichen Schwierigkeiten stossen wird, wie dort, wo in allen Bereichen alles vom Nullpunkt aus aufgebaut werden muss.

Aufgrund aller bisherigen Erfahrungen verläuft der Prozess der proletarischen Revolution in drei entscheidenden Etappen: Die Eroberung der politischen Macht durch die soziale Revolution - der Aufbau des Sozialismus durch die Einpflanzung von neuen ökonomischen Strukturen - die Kulturrevolution, die einen neuen Menschen schafft, dessen proletarische Ideologie mit den vorangegangenen politischen und ökonomischen Errungenschaften in Einklang steht.

Gerade das Ausbleiben der Kulturrevolution hat es möglich gemacht, dass unter der Flagge des Revisionismus die antisozialistischen Kräfte in der UdSSR und in anderen volksdemokratischen Ländern wieder an die Macht kommen konnten.

Während gerade die Kulturrevolution es China ermöglicht hat, den Sozialismus und die proletarische Diktatur zu erhalten und zu stärken. Denn durch sie wurden im Klassenkampf die Verfechter des Revisionismus, die sich die Rückkehr zum Kapitalismus erhoffen, ausgeschaltet.

Die Kulturrevolution sichert und konsolidiert den Umwandlungsprozess von der bürgerlichen Ideologie zur proletarischen Ideologie. Individualismus und Egoismus ersetzt sie durch ihr Gegenteil, durch Altruismus und den Sinn für das ko/lektive Interesse.

Ist dieser Prozess möglich, ohne dass zuvor die politische Revolution gesiegt hat? Man kann diese Frage nicht bejahen, wenn man die wissenschaftliche Definition des Staates durch Lenin begriffen hat: "Der Staat Produkt unversöhnlicher Klassenwidersprüche, (ist) ein lnstrument der Ausbeutung und der Niederhaltung der unterdrückten Klassen durch die herrschende Klasse." Die herrschende Kultur und Ideologie wird immer die der herrschenden Klasse sein, die über den Staat verfügt, um sie durchzusetzen.

Damit die proletarische Ideologie an die Stelle der bürgerlichen Ideologie treten kann, muss zuerst die Arbeiterklasse und ihre proletarische Ideologie herrschende Klasse und herrschende Ideologie geworden sein, muss der Staat ein proletarischer Staat sein, muss also zuerst einmal erfolgreich die politische und soziale Revolution durchgeführt werden.

Die Maiereignisse in Frankreich zeigten, dass gerade auch Vertreter der herrschenden Klasse selbst, vor allem ihrer Jugend, allmählich ihre Ideologie, ihre Kultur, ihre Moral in Frage stellen. Man müsse damit reinen Tisch machen, verlangen sie und bemühen sich, den Klassenstandpunkt der unterdrückten Klasse einzunehmen. Die Revolution ist nicht mehr fern! Schon mehrmals in der Geschichte des französischen Volkes ist das geschehen. Schlagendstes Beispiel sind immer noch die jungen Adligen, die sich nach 1789 den revolutionären Kräften des Dritten Standes angeschlossen haben, um die absolutistische Monarchie zu stürzen.

Und welche grundsätzliche Bedeutung hat denn die Opposition zahlreicher Arbeiteraktivisten gegen die festbesoldeten Bürokraten und Bonzen, die an den Schalthebeln der "Kommunistischen" Partei Frankreichs und der CGT sitzen? Richtet sich dieser Kampf nicht genau gegen das Eindringen, gegen die Einschleusung der bürgerlichen Ideen in die Reihen der Arbeiter? Und jene, die als erste gewagt haben, den Revisionismus im Innern dieser Organisationen aufzudecken - haben sie nicht wie die ersten "roten Rebellen der Revolution" in China gehandelt? Waren sie nicht zuerst auch isoliert, wurden sie aber nicht nach und nach immer besser gehört und verstanden, bis schliesslich die Lage vollständig zu ihren Gunsten umschlug?

Die Kulturrevolution in Frankreich musste also mit historischer Notwendigkeit eintreten, sie musste unter der Jugend einen ausserordentlich günstigen Nährboden vorfinden - auch wenn wir sehr wohl wissen, dass sie vor der eigentlichen sozialen Revolution nie siegen kann. Aber die Sehnsucht und der Wille, den Menschen zu revolutionieren, die erdrückende, entmenschende, unerträgliche Zwangsjacke der bürgerlichen Ideologie zu sprengen, all das liegt offen zutage und muss den Fortschritt der Revolution mächtig beschleunigen.

Dieser unzähmbare Wille hat in die Front des modernen Revisionismus und in die Macht der monopolistischen Bourgeoisie eine Bresche geschlagen. Man will endlich sehen, wie sich ein neuer Mensch entfaltet, der nicht mehr im grausamen Dschungel des privaten Vorteils, des Egoismus verfangen ist, der endlich das alte lateinische Sprichwort Homo homini lupus, "Der Mensch ist des Menschen Feind" endgültig widerlegt.

Diesen kommunistischen Menschen hat schon Lenin angestrebt und Stalin hat, kurz vor seinem Tod, versucht, ihn gegen eine sich bildende Bürokratenklasse im Verwaltungsapparat der Partei und des Sowjetstaates zu bewahren (man lese die Rede Malenkows am XIX. Parteitag der KPdSU nach). Die ser Mensch gehört einer höheren Zivilisationsstufe an. Wir sehen, wie er sich jetzt in China und in Albanien entfaltet. So wie er in den sozialistischen Ländern die revolutionären Errungenschaften verteidigt, so wird er in den kapitalistischen Ländern in hervorragender Weise dazu beitragen, den Sieg der Revolution zu beschleunigen. Dieser Mensch, das ist der kommunistische Aktivist, der Bolschewik, der Kämpfer auf dem langen Marsch, der proletarische, antirevisionistische Revolutionär.

In den traditionellen kapitalistischen Ländern mit ihrer überentwickelten Wirtschaft wird die Kulturrevolution nach dem Sturz der Bourgeoisie und der Machtergreifung ganz besonders dringlich und immer wieder unausweichlich sein. Wir haben die Behauptung aufgestellt dass die industrielle und landwirtschaftliche Entwicklungsstufe dieser Länder eine viel schnellere Verwirklichung des Sozialismus erlauben wird, als in den Ländern, wo der wirtschaftliche Aufbau überhaupt erst begonnen werden musste. Wenn dies zutrifft, dann werden die Schwierigkeiten bei der Einführung sozialistischer Strukturen nur durch die Kulturrevolution überwunden werden können.

Nehmen wir als Beispiel die französische Landwirtschaft.

Der Erfahrungsh intergrund jahrhundertelanger individueller Arbeit lastet auf der geistigen Einstellung des Bauern, auch des Kleinbauern, der heute bereits in der Minderheit ist und durch die kapitalistische Expropriation zunehmend verdrängt wird. Wenn einmal die Kollektivierung der Landwirtschaft an die Hand genommen wird, wird sie zweifellos auf viel hartnäckigen Widerstand stossen. Die individualistische Einstellung, welche die bürgerliche Gesellschaft in die Köpfe eingepflanzt hat, wird tiefgreifend umgestaltet werden müssen. Nur so können die Voraussetzungen für die wirtschaftliche Revolution auf dem Lande geschaffen werden. Eine unermessliche Überzeugungsarbeit wird geleistet werden müssen; wobei jeglicher Zwang ausgeschlossen werden muss. Parallel dazu wird die Kulturrevolution das Ziel verfolgen, gegen jedes Auftreten der bürgerlichen Klassenideologie, soweit es von bewussten Agenten der Konterrevolution ausgeht vernichtend vorzugehen. Auch im industriellen Bereich wird die Kulturrevolution ihre tiefgreifende Bedeutung haben, wenn es darurn geht, die nicht zuletzt vom Revisionismus geförderte individualistische Einstellung unter Arbeitern umzuwandeln, besonders unter den bessergestellten Arbeitern, die eine Arbeiteraristokratie von etwa einer Million Lohnabhängigen bilden.

Wir haben bereits geschildert, dass die Auseinandersetzungen um diese Fragen bereits begonnen haben.

Aber die Erfahrungen des Mai/Juni 1968 haben gezeigt, dass das Erreichte noch nicht genügt. Die von den Studenten angestrebte Kulturrevolution hat noch nicht die gesamte Arbeiterklasse erfasst.

Das Übergreifen der Kulturrevolution von den Universitäten auf die Fabriken, wie es in China stattfand, hat in Frankreich nicht stattfinden können. Diese Tatsache ist keineswegs entmutigend. Sie kommt nicht überraschend, weil die spezifischen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Voraussetzungen ganz beträchtliche Unterschiede aufweisen. Sie führt uns wieder zu jener Wahrheit zurück, die wir immer wieder betonen:

Die Notwendigkeit, die Arbeiterklasse dem Einfluss des Revisionismus zu entreissen. Aber was wir heute von der Kulturrevolution wissen, wirft ein neues Licht auf den Weg zur Verwirklichung dieser Aufgabe. Den Marxisten-Leninisten stellt sich die historisch zwingende Aufgabe, in ihrer eigenen Arbeiterklasse den Anstoss zur Revolutionierung des Menschen zu geben, indem sie einen unerbittlichen Kampf gegen den modernen Revisionismus führen.

Zusammenfassend: Die Grosse Proletarische Kulturrevolution hat entscheidenden Einfluss auf den revolutionären Sturm in Frankreich ausgeübt und sie hat es uns ermöglicht, aus ihm Lehren zu ziehen. Nur schon daran können wir ihre historische und allgemeingültige Bedeutung ermessen.

Sicher wird die Kulturrevolution noch weitere neue und konkrete Entwicklungen und Ereignisse mit sich bringen, die uns die praktischen Konsequenzen dieser Bewegung sicher noch deutlicher machen werden, die von Mao Tsetung ausgelöst und zu einem ersten Ziel geführt wurde. Eine Tatsache ist jetzt schon sicher: Der revolutionäre Wille der französischen Studentenmassen und das chinesische Beispiel haben sich vereinigt und dadurch wurde ein Prozess ausgelöst, der nicht mehr zum Stillstand kommen wird. In Frankreich wie in allen kapitalistischen Ländern werden von nun an der Marxismus-Leninismus und die Gedanken Mao Tsetungs die revolutionären Kämpfe beeinflussen und leiten.