Bausteine für einen Kurswechsel
in der linken Wohnungspolitik
(Auszug)

 

Bereits im Frühjahr 2014 hatte sich in Berlin eine „Initiative neuer kommunaler Wohnungsbau – INKW“ gebildet. Sie forderte die Abkehr von der zum Scheitern prädestinierten Wohnungspolitik des Landes Berlin und schlug vor, dass die städtischen Wohnungsgesellschaften selber preisgünstigen Wohnraum errichten solle und die MieterInnen in diesen Prozess gestaltend eingebunden werden. Allerdings müsste zuvor deren kapitalistische Rechtsform in eine öffentliche aufgehoben werden, um sie einer effektiven parlamentarischen Kontrolle unterstellen zu können. (INKW-Grundsatzpapier). Nach Auffassung der Initiative war dieser Vorschlag durch die Berliner Verfassung ausreichend legitimiert:

„Das Land fördert die Schaffung und Erhaltung von angemessenem Wohnraum, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen, sowie die Bildung von Wohnungseigentum.“ (Berliner Verfassung Artikel 28 )

Der INKW-Vorschlag erinnerte zu deutlich an sozialistische Vorbilder, so dass die stadtpolitischen Akteur:innen aus der akademischen Mittelklasse diesen Vorschlag wohlwollend ignorierten und stattdessen sich im Hinblick auf die brennende Wohnungsfrage bis heute in partizipativen Kampagnen und Diskursen mit dem politischen Personal der Stadt nahezu wirkungslos verausgabten. In Kenntnis dieser Lage erscheint es mir geboten, den INKW-Vorschlag noch einmal nachjustierend aufzugreifen. Dazu gehört erstens die vom bürgerlichen „DIW Berlin“ ausgeprochene Empfehlung, durch eine progressive „Mietensteuer“ einen kommunalen Wohnungsbau zu finanzieren. Allerdings ohne Refinanzierung des Mietzinsverlustes durch Verrechnung mit den anderen Unternehmenssteuern. Zweitens ergänzt durch die Zweckbindung der Steuereinnahmen für einen kommunalen Baufonds zur Errichtung von Wohnbauten für Menschen mit geringen Einkünften, die vom Staat als „Bauherr“ zu gebaut werden. Drittens müsste für solche Bauvorhaben die Rechtsform der bestehenden, nach kapitalistischen Prinzipien organisierten sechs LWU’s und der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) geändert werden. Denn sie wurden als Gegenentwurf zu einem sozial handelnden Wohlfahrtstaat geschaffen und wären daher - um „wirtschaftlich“ zu bleiben - gezwungen, mit ihren Bestandsmieten diese kommunalen Neubauten finanziell aus ihren MIeteinnahmen zu unterstützen. An deren Stelle hätte eine nichtkapitalistische, den Kapitalkreisläufen entzogene Eigentums- und Verwaltungsform zu treten, die „from the bottom up“ aufgestellt ist. Diese meine Sichtweise für eine Neuausrichtung des kommunalen Wohnungsbaus beruht auf folgender Begriffsbestimmung:

Kommunaler Wohnraum ist vergesellschafteter Raum. Seine Vergabe zur privaten, nichtgewerblichen Nutzung erfolgt durch lokale plebiszitäre Behörden in einem eigens dafür geschaffenen Rechtsrahmen, welcher Bau und Verwaltung von Wohnraum reguliert und das verbindliche nichtkapitalistische Ergebnis von gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen zur Grundlage hat. An die Stelle von Mietverträgen treten unbefristete Nutzungsverträge, die in diesen Rechtsrahmen eingebunden sind.

Mit dieser begrifflichen Charakterisierung möchte ich darauf aufmerksam machen, dass dafür eine sozialemanzipatorische politische Praxis zu entwickeln sein wird, in der es nicht nur um die Frage des Wie und Was der gesellschaftlichen Produktion und Reproduktion geht sondern auch um Abbau von Herrschaft: ökonomisch, politisch, ideologisch. Ferner möchte ich mich damit prinzipiell von Reformen abgrenzen, die nur eine Rückabwicklung des heutigen neoliberalen „Wohlfahrts“staats anstreben, um die verbliebenen Reste des geschredderten paternalistischen „Sozial“staats zu reanimieren.


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